Goettin - Das Erwachen
Pino neben ihr auf dem Badezimmerboden saß. Er hatte sich angezogen und lehnte an der Badewanne. Er sah sie halb besorgt, halb grinsend an und fragte: "Geht’s besser? Ich hoffe, das hier hat eher was mit dem Alkohol als mit meiner Performance zu tun. Hier trink!" Er hielt ihr eine Flasche Wasser vor die Nase, die sie ihm dankbar abnahm. Sie trank ein wenig, als sie ihn wieder in ihrem Kopf hörte. Die Kleine war echt gut. Hoffentlich kriegt sie jetzt keinen Moralischen und kommt mir damit, dass das alles ein Riesenfehler war, weil sie die beste Freundin meiner Ex ist. Mia hat mich verlassen und diesen Loser geheiratet. Warum sollte ich mich schuldig fühlen? Vor allem weil mich dieser unglaublich süße Hintern schon eine ganze Weile tierisch angemacht hat. Lee sah, dass Pinos Blick ihren Rücken hinunter zum angesprochenen Körperteil glitt und räusperte sich. „Du musst dich nicht schuldig fühlen. Aber ich! Ich habe gerade meine beste Freundin hintergangen und das nur, weil ich mal wieder meine Beine nicht zusammenhalten konnte. Und wie lange genau, macht Dich dieser unglaublich süße Hintern schon an?" Den letzten Satz hatte sie geschrien. Er erbleichte und sah sie mit großen Augen an. „Habe ich das laut gesagt?", fragte er völlig verunsichert. „Nein", antwortete sie, nun sah sie ihn ebenso erschrocken an. „Nein! Das hast Du nicht laut gesagt!" Tränen stiegen ihr in die Augen und sie hörte wieder Pinos Gedanken. Bitte nicht weinen! Ich kann doch keine Frauen weinen sehen! Er zog sie neben sich und legte den Arm um sie. Sie lehnte ihren Kopf an seiner Schulter an und hörte ihn an ihrem Scheitel flüstern, „Alles wird gut, Bella. Alles wird gut." Sie schniefte. „Pino, was zum Teufel ist hier los? Wie konnte ich nur mit Dir schlafen? WARUM HÖRE ICH, WAS DU DENKST?"
Er lachte leise und bitter auf. „Typisch Frauen! Die Welt bricht zusammen und ihr denkt nur über euren verqueren moralischen Kodex nach! Ich hab keine Ahnung, was hier los ist und ich will die Nacht nicht bereuen. Ich finde nämlich, sie war großartig!" Er seufzte und streichelte ihr unablässig über das Haar. Diese Geste beruhigte sie ein wenig. „Also wie wäre es, wenn du dich duschst und dir die Zähne putzt. In der Zeit kann ich uns Kaffee machen und dann kümmern wir uns um das eigentliche Problem. Warum zu Hölle du in meinen Kopf gucken kannst.", schlug er gelassen vor. Sie wusste, dass er genau das gesagt hatte, was er gedacht hatte. Sie hatte Pino als eher quirligen Zeitgenossen kennengelernt. Jetzt fand sie die Ruhe und Souveränität mit der er diese Freakshow nahm, beruhigend. Er stand auf und hielt ihr seine Hand hin, um ihr beim Aufstehen zu helfen. Sie zog sich hoch und beobachtete ihn, wie er sich abwand und in einer Schublade kramte. Lee stand einfach nur völlig nackt im Badezimmer des Ex-Freundes ihrer besten Freundin und starrte Pino an. Eigentlich war sie im Moment so überfordert, dass sie auch nichts Anderes zustande gebracht hätte.
Mia und Pino waren während ihrer Schulzeit ein Paar geworden und hatten sich vor 3 Jahren nach 10-jähriger Beziehung getrennt. Lee war immer bestens mit Pino ausgekommen und hatte in ihm einen brüderlichen Freund gefunden. Sie waren in ihrer Jugend oft miteinander unterwegs gewesen. Später war sie oft zu Besuch in Mias und Pinos gemeinsamer Wohnung gewesen. Nun sahen sie sich im Royal. Er war dort Barkeeper und sie eine Aushilfe. Also doch einer ihrer Jungs. Nie wäre sie auf die Idee gekommen, dass er sie als Frau begehrenswert finden könnte. Mia war die Schönheit, nicht sie selbst! Und wie viel hatte sie getrunken, dass sie mit einem Mann, den sie wie einen Bruder liebte, ins Bett ging?
Ein lautes Knurren riss sie aus ihrer Grübelei. Pino starrte sie unverwandt an und hielt die verpackte Zahnbürste in seiner Hand fest umklammert. Sie runzelte die Stirn, als sie in Pinos Kopf unverständliches Zeug hörte. „Warum denkst du denn jetzt plötzlich auf italienisch?", wollte sie wissen, ohne darüber nachzudenken. „Süße, ich brauch auch ein bisschen Privatsphäre. Und jetzt husch,", er wedelte mit der Zahnbürste, "ab unter die Dusche. Wenn ich jetzt noch lange auf deinen nackten Hintern gucken kann, mach ich mit dir da weiter, wo wir letzte Nacht aufgehört haben!" Diese Drohung und ja, für sie war das eindeutig eine Drohung, brachte sie endgültig wieder in die Realität. Sie drehte sich sofort um, stieg in die Dusche und zog schnell den Vorhang hinter
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