Goettin der Legenden
fingerte an ihrer Kette herum. »Ihr liebt sie gewiss sehr.«
Sein Zögern war unverkennbar, und er wandte die Augen nicht von ihrem Brustbein ab. »So soll es ja auch sein. Sie ist meine Gemahlin.«
Er setzte sich, sprang aber gleich wieder auf und begann, auf und ab zu gehen. Dann blieb er plötzlich stehen, wandte sich Isabel zu und sah sie mit seinen grünen Augen fragend an. »Habt Ihr jemals einen Mann wirklich geliebt, Komtess?«
»Warum wollt Ihr das wissen?«
»Ihr wart nie verheiratet.«
»Ach ja? Ich meine, natürlich nicht. Aber, Arthur, Ihr wisst so vieles über mich.« Absurderweise eine ganze Menge mehr, als die Komtess über sich selbst wusste. Bis zu diesem Moment hätte sie beispielsweise nicht sagen können, ob sie jemals verheiratet gewesen war.
Anscheinend also nicht.
Guter Gott, Viviane, ich bin aber nun wirklich keine Jungfrau mehr.
Wohl wahr, Isabel, aber denkst du nicht, das ist für beide Seiten eher von Vorteil?
Er glaubt aber, dass ich eine bin. In meinem Alter!
Dann glaub du eben, dass du ein Flittchen bist, und hör endlich auf, dir wegen deines Alters Sorgen zu machen.
»Woher habt Ihr denn die Kenntnisse über mich?«
Er sah wundervoll verwirrt aus. »Ich bin nicht sicher. Es müssen wohl Kleinigkeiten sein, die meine Männer in Erfahrung gebracht haben, als sie in Dumont waren.«
»Warum habt Ihr denn überhaupt Männer losgeschickt, um mich zu beobachten?
Auch Verlegenheit stand ihm ausgesprochen gut. »Verzeiht mir bitte, Komtess. Aber es wäre unstatthaft für mich gewesen, vor Eurer Ankunft nicht wenigstens ein bisschen über Eure Person in Erfahrung zu bringen.«
In diesem Moment erschien Tim mit einem Tablett und zwei Kelchen, und sie unterbrachen ihr Gespräch. Der Bedienstete überreichte einen Kelch Isabel, den anderen dem König, verbeugte sich, als sie sich bedankten, und verschwand dann schweigend, ohne dass auf seinem Gesicht auch nur eine Spur von Argwohn zu erkennen war, obwohl ihm diese Situation doch sicher ungewöhnlich erscheinen musste. Isabel war keine Expertin in Alkoholika, meinte aber zu erkennen, dass sich in ihrem Kelch Brandy oder Cognac befand – oder zumindest das mittelalterliche Äquivalent davon. Jedenfalls sah das Getränk überhaupt nicht aus wie Wein und roch auch ganz anders.
Arthur schwenkte die Flüssigkeit in seinem Kelch herum, ehe er genüsslich daran nippte. »Wie kommt es, dass bisher noch kein Mann jemals Euer Herz betört hat?«
»Ich habe nicht behauptet, dass mein Herz noch nie von einem Mann betört worden ist, Sir.« Genau genommen war es im Moment von einem bestimmten Mann sogar sehr betört, dabei kannte sie den Betreffenden noch nicht einmal vierundzwanzig Stunden. »Ich habe nur noch keinen kennengelernt, dem ich ein Eheversprechen geben wollte«, erklärte sie lächelnd. »Ich nehme dieses Gelübde sehr ernst und würde es niemals leichthin ablegen.«
Die Worte waren kaum aus ihrem Mund, da hätte sie sich am liebsten selbst in den Hintern getreten, denn Arthur sah sie so traurig an, dass es ihr fast das Herz zerriss. »Aber«, fügte sie deshalb hastig hinzu, »aber ich bin sicher, dass ich den Richtigen erkennen werde, wenn ich ihm begegne, und dass ich dieses so schwer fassbare Phänomen, das man Liebe nennt, dann deutlich spüre.«
Arthur senkte den Blick. »Das kann ich verstehen. Ihr seid also – wie sagt man doch? – wählerisch?«
»So könnte man es nennen. Aber warum stellt Ihr mir all diese Fragen, Arthur?«
Wieder blickte er auf ihre Kette und dann tief in Isabels Augen. »Weil ich Euch von dem Moment an, als wir uns begegnet sind, küssen wollte, Madam. Und ich weiß, das ist falsch. Die Lippen meiner Gemahlin sollten die einzigen sein, die die meinen berühren. Und dennoch locken mich die Euren.«
Abrupt wandte er ihr den Rücken zu. »Bitte vergesst den Unsinn, den ich gerade von mir gegeben habe«, stieß er hervor. »Ich weiß selbst nicht, warum ich in Eurer Gegenwart meine Zunge nicht im Zaum halten kann.«
Isabel hatte das Gefühl, dass sie es ganz genau wusste. Für die Kraft ihrer Kette war ein Preis zu entrichten. Und allem Anschein nach war sie nicht die Einzige, die zur Kasse gebeten wurde.
Oh, großartig, Viviane, ich will es doch auch. Was soll ich tun?
Tja, dumm gelaufen. Die Sache entwickelt sich überhaupt nicht so, wie ich es mir ausgedacht habe.
Ich werde mein Möglichstes tun, mich zurückzuhalten.
Die Herrin des Sees schien eine Weile darüber nachzudenken, aber
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