Goettin der Legenden
möglich, dass Ihr insgeheim vorhabt, Vergeltung zu üben? Dass Ihr versucht, Eurer Frau ihr Verhalten mit gleicher Münze heimzuzahlen? Sie so zu verletzen, wie sie Euch verletzt hat?«
»Mit den Münzen kenne ich mich nicht aus, aber ich weiß, was Vergeltung bedeutet. Wäre das der Fall gewesen, hätte ich längst etwas mit anderen Frauen angefangen, an Gelegenheiten mangelt es mir nicht. Aber es liegt nicht in meiner Natur, mich auf diese Weise zu rächen, wenn mir Unrecht geschieht.«
Das wusste Isabel. Zwar wusste sie nicht, warum, aber sie zweifelte keine Sekunde daran. Arthur würde nicht zu einer anderen Frau ins Bett steigen, um Gwen eins auszuwischen. Wenn er ein rachsüchtiger Blödmann wäre, konnte er ja jederzeit noch viel weitergehen. Wenn er Gwen bloßstellte, wurde sie verurteilt und hingerichtet. Aber stattdessen schützte er sie, Tag für Tag, ganz gleich, wie weh sie ihm tat.
»Ihr liebt Eure Frau immer noch sehr«, sagte Isabel leise.
»Das ist wahr. Aber es ist anders als früher. Ich liebe sie nicht mehr auf die gleiche Weise. Es ist nicht leicht, seine Frau anzuschauen und den pflichtbewussten und liebenden Ehegatten zu spielen, wenn man weiß, dass sie sich nach einem anderen sehnt.«
Auf einmal wurde Isabel bewusst, dass sie sich trotz des köstlichen Cognacs vollkommen nüchtern fühlte. Der Effekt des übermäßigen Weingenusses vorhin beim Abendessen war verflogen, ihr Kopf war klar, und eigentlich hätte nun auch ihre etwas benebelte Urteilskraft in die Realität zurückfinden müssen. Aber sie wünschte sich immer noch einen Kuss von Arthur, und das hatte offensichtlich nichts mit vorübergehender beschwipster Verliebtheit zu tun.
Es war etwas Ernsteres.
Sie hatte sich verliebt, und wie, aber ihr war vollkommen klar, was das bedeutete. Tja, Scheiße. Warum hatte sie Jahrhunderte in die Vergangenheit zurückgehen müssen, um den Richtigen zu finden? Das Schicksal war nicht unbedingt nur grausam, aber es hatte manchmal einen ziemlich abgefahrenen Humor.
»Gibt es in Camelot denn so etwas wie Ehescheidung?«
»Ehescheidung? Was meint Ihr damit?«
»Die Auflösung einer Ehe. Annullierung. Trennung.«
»Zwischen einem König und seiner Königin?«
»Na klar. Ich meine, gewiss doch. In Dumont kann man eine Ehe auflösen, wenn sie nicht funktioniert. Dann sind die Partner frei, eine neue, bessere Beziehung einzugehen.«
»Ohne Grund? Muss nicht einer der Eheleute eingestehen, dass er sich etwas hat zuschulden kommen lassen?«
Isabel wusste nicht recht, wie sie es ausdrücken sollte, entschied sich dann aber dafür, gleich aufs Ganze zu gehen. »Bei uns nennt man als Grund unüberbrückbare Differenzen. Niemand ist schuld, es ist einfach so gekommen, dass die Ehe für keinen der beiden Partner mehr angenehm ist.«
Arthur dachte nach. »Von einer solchen Lösung habe ich noch nie etwas gehört. Wenn es innerhalb einer Bindung zu Missständen kommt, muss ich doch den Schuldigen finden. Dann wird der Geschädigte …«
»Wartet. Sagt mir jetzt nicht, dass das immer der Mann ist. Und dass die Frauen immer schuld sind, wenn eine Ehe nicht mehr funktioniert.«
»Sollte die Frau bei einem anderen Mann gelegen haben, besteht Grund …«
»Was, wenn der Mann sie betrogen hat?«
Er lachte laut. »Isabel, ich kenne die Gesetze von Dumont nicht, aber in allen anderen Ländern Britanniens werden die Männer …«
»… nach einem anderen Maßstab beurteilt. Das kann ich mir denken.«
»Euer plötzlicher Ärger bestürzt mich«, sagte Arthur und runzelte die Stirn.
»Tut mir leid, Arthur. Aber dieser Standard bringt mich in Rage, auch wenn er mich wahrscheinlich nicht überraschen dürfte. Und ich sollte meinen Ärger auch nicht an Euch auslassen. Es ist, wie es ist.«
»Trotzdem möchte ich mich dafür entschuldigen, Euch verärgert zu haben.«
Lass es gut sein, Isabel. Mach ihm eine Freude. Vielleicht kannst du ihm eine andere Möglichkeit nahebringen.
»Ihr braucht Euch nicht zu entschuldigen, Ihr wart doch einfach nur freundlich zu mir. Es ist mein Fehler, dass ich so aufgebracht auf etwas reagiere, was Ihr gar nicht verstehen könnt.«
Wieder lachte er und schüttelte den Kopf. »Aber ich möchte dieses Thema zu einem späteren Zeitpunkt gern wieder aufnehmen. Ihr fasziniert mich, Isabel. Ich freue mich darauf, noch viele Unterredungen mit Euch zu führen.«
»Ich auch.« Sie wusste selbst nicht genau, warum, aber sie fügte hinzu: »Arthur, ehe wir etwas tun, was wir
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