Göttin der Rosen
Element Wasser in den Kreis. Es umgibt uns, bevor wir geboren werden, und es hält uns am Leben. Es reinigt und läutert, nährt und belebt.« Nera erhob sich langsam, und Mikki sah fasziniert zu, wie ihr sinnlicher Körper sich zu verflüssigen schien. Und dann waren ihre Haare wirklich Wellen und Gischt, und die blaue Seide ihres Gewands wogte wie die aufkommende Flut. Mikki war in kühlen Nebel gehüllt, der nach Frühlingsregen und warmen tropischen Stränden roch. »Ich heiße dich willkommen, Wasser!«
Mikki fühlte sich unglaublich schwerelos, als sie zu Gii weiterging, und diesmal sah sie den Faden von glänzend silbernem Licht ganz deutlich, der Aeras mit Floga verband und jetzt auch Floga mit Nera.
»Hallo, Gii.«
»Empousa.« Sie knickste wie die drei anderen Dienerinnen vor ihr.
»Ich rufe in den Kreis das Element Erde.« Mikki lächelte Gii liebevoll zu, als die junge Frau aufstand, die Arme hob und auf die Beschwörung ihres Elements wartete. »Erde ist unser aller Mutter. Sie ist fruchtbar und nährend wie Ackerland, so feucht wie Morast und so trocken wie Sand. Sie ist die Heimat aller anderen Elemente.« Giis moosgrünes Gewand schien lebendig zu werden und wand sich um ihren Körper wie Pflanzenranken. Ihre dunklen Haare schienen zu wachsen, bis sie weit über ihren Rücken fielen, so gesund und vital wie ein frisch gepflügtes Feld. Mikkis Sinne waren vom Aroma der Erde erfüllt. Sie roch den süßen Duft von frisch gemähtem Gras. Sie schmeckte reife Früchte und Beeren. Sie fühlte sich in Wärme und Geborgenheit gehüllt, als würde ihre Mutter sie noch ein letztes Mal in den Armen halten. Mit leicht bebender Stimme sagte sie: »Ich heiße dich willkommen, Erde!«
»Und jetzt müsst Ihr Euer eigenes Element beschwören, Empousa«, erklärte Gii und deutete auf den Platz neben der heiligen Flamme. Mikki trat ins Zentrum des Kreises, hob die Arme und schloss die Augen, genau wie es ihre Dienerinnen getan hatten.
»Ich rufe in den Kreis das Element Geist.«
Kaum waren die Worte über ihre Lippen gekommen, da überfluteten die Stimmen ihrer Dienerinnen ihre Gedanken und Sinne, bis Mikki nicht mehr wusste, ob sie tatsächlich sprachen oder ob die Stimmen aus ihrer eigenen Seele drangen.
»Geist ist überall um uns herum«, sagte Aeras mit ihrer süßen, klaren Stimme.
»Er ist der große Alchemist.« Flogas Stimme war von Leidenschaft erfüllt.
»Geist ist das Element, das alle anderen verbindet.« Neras Stimme klang wie ein rauschender Wasserfall.
»Er hat die Macht, die wahre Natur aller Dinge zu bestimmen«, endete Gii mit der Stimme einer liebenden Mutter.
»Ich heiße dich willkommen, Geist!«, rief Mikki. Ein lautes Krachen zerriss die Stille, und die Luft im Tempel knisterte plötzlich vor Energie. Als Mikki die Augen öffnete, sah sie, dass die vier Frauen um sie herum mit hauchdünnen, atemberaubend glitzernden Fäden von silbernem Licht verbunden waren. Die Flamme, die neben ihr brannte, hatte einen wunderschönen Violettton angenommen.
»Wow! Es hat geklappt!«
Die Dienerinnen lachten und erfüllten den Tempel mit dem Klang weiblicher Freude. Ihr Gelächter war wie Musik, und Mikki wollte tanzen.
Dann tanze, Empousa …
Die Worte erschienen in ihren Gedanken wie ein lange vergessener Traum. Bevor sie den Impuls in Frage stellen oder das Selbstbewusstsein verlieren konnte, fing Mikki an zu tanzen. Ohne jegliche Scheu drehte und wiegte sie sich in dem magischen Kreis. Die Dienerinnen passten sich ihrem Rhythmus an und begannen eine verführerische Melodie zu summen. Mikki fühlte sich schön, mächtig und absolut glücklich. Und mit einem Mal wusste sie, dass sie ihre Wahl getroffen hatte. Sie entschied sich für diese Welt – für dieses Leben voller Magie –, und nicht etwa deshalb, weil sie Angst davor hatte, plötzlich aufzuwachen und festzustellen, dass sie doch verrückt gewesen war, sondern weil dieses Leben sie auf eine Art glücklich machte, die sie nie für möglich gehalten hätte. Zum Teufel mit der Realität! Das hier war real genug für sie.
Sprich die Worte, die dich an mich binden, Empousa , forderte die Stimme in ihrem Kopf.
Mikki antwortete der Göttin ganz automatisch, und während sie sprach, wurde ihre eigene Stimme immer stärker und selbstbewusster.
»Hekate, Göttin der Scheidewege, der Bestien und des Schwarzen Mondes, ich habe Euren Kreis beschworen, und Ihr bietet mir ein neues Leben – ein neues Schicksal. Ich stehe auf der Schwelle zwischen
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