Göttin der Rosen
der Gärten ist Hekates Hohepriesterinnen heilig. Wenn Ihr genau hinseht, könnt Ihr in der Mitte des zentralen Beetes einen kleinen Tempel erkennen. Das ist Euer persönlicher Schrein, ein Ort, an dem Euch nie jemand stören wird.«
Plötzlich erschien ein Gedanke in Mikkis Kopf, und fast ohne es zu wollen, fragte sie: »Wo ist die Höhle des Wächters?«
»Der Eingang liegt unter diesen Quellen. Hekate hat sie dort angelegt, damit er ihrer Empousa notfalls schnell zur Hilfe eilen kann.«
Mikki konnte das Zögern in Giis Stimme hören und wandte sich der Erd-Frau zu. »Du magst ihn nicht.«
»Es ist unlogisch, ihn zu mögen oder nicht zu mögen. Er ist ein Tier. Es ist seine Pflicht, das Reich der Rose zu beschützen – und das ist auch der einzige Grund für seine Existenz.« Gii klang untypisch kurz angebunden.
»Gii macht sich Sorgen, dass er Hekate noch mal verrät und sie das Reich erneut mit einem Bann belegen muss«, erklärte Floga.
Der Gesichtsausdruck der Feuer-Frau war genauso kalt und missbilligend wie ihre Stimme.
»Du klingst, als würdest du das auch befürchten«, sagte Mikki.
»Das tue ich.«
»Ihr anderen auch?« Sie blickte von Nera zu Aeras. Beide Elementare nickten zustimmend.
»Okay, was genau hat der Wächter getan, dass Hekate so wütend auf ihn war?«, wollte Mikki wissen und fragte sich innerlich, warum sie sich so sehr über ihre Dienerinnen ärgerte und den Wächter plötzlich um jeden Preis verteidigen musste.
Als niemand antwortete, wandte sie sich wieder Gii zu. Aber die Dienerin der Erde mied ihren Blick. Mikki seufzte. »Könntest du mir bitte sagen, was los ist? Ich meine, so schlimm kann es doch nicht sein. Immerhin hat Hekate ihm erlaubt, in ihr Reich zurückzukehren.«
Endlich hob Gii den Kopf und begegnete Mikkis Blick. In ihren Augen glitzerten ungeweinte Tränen. »Das kann ich Euch nicht sagen, Mikado.«
»Du machst wohl Witze! Warum, in aller Welt, kannst du es mir nicht sagen?«
»Vergebt mir – vergebt uns, aber es ist uns nicht erlaubt, darüber zu sprechen. Wir haben schon zu viel gesagt.« Die Tränen kullerten der jungen Dienerin über die Wangen.
»Bitte seid ihr nicht böse, Empousa«, flehte Nera.
»Sie sagt nur die Wahrheit, Empousa«, schluchzte Aeras. »Wir dürfen nicht darüber sprechen!«
»Gii hat recht; ich hätte das nie erwähnen dürfen. Hekate hat befohlen, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Wir werden nie wieder darüber reden«, sagte Floga entschieden.
»Und was ist mit dem Wächter? Wird er darüber reden?«
»Oh, Empousa, bitte nicht!« Giis Gesicht war vom Bad sanft gerötet gewesen, doch jetzt verlor es alle Farbe. »Ihr dürft mit ihm nicht über die Vergangenheit reden!« Die anderen Elementare stimmten ihr aufgeregt zu.
»Okay, okay! Ich werde ihn nicht danach fragen. Es ist alles in Ordnung, Gii, bitte weine nicht. Lass uns einfach vergessen, dass ich überhaupt damit angefangen habe«, versuchte Mikki hastig, sie zu beruhigen. Es tat ihr wirklich leid, dass sie die jungen Frauen so verstört hatte. »Hier, kannst du mir sagen, was in all den Flaschen ist? Ich will mir nicht aus Versehen die Haare mit Öl waschen, statt mit Shampoo.«
Leise schniefend und sich die Augen wischend, zeigte Gii ihr die verschiedenen Seifen und Öle in ihrem Korb. Aber Mikki hörte nur mit halbem Ohr zu. Ihre Gedanken kreisten immer noch um die unbeantworteten Fragen in ihrem Kopf. Den Warnungen ihrer Dienerinnen zum Trotz hatte sie immer noch das starke Bedürfnis, den Wächter zu fragen, was passiert war. Nicht heute Abend, natürlich. Nicht so bald. Aber vielleicht, wenn sie ihn besser kennengelernt hatte. Heute hatte er tatsächlich gelächelt und sogar Scherze mit ihr gemacht. Und er hatte sie berührt. Ein Schauer überlief sie, als sie sich daran erinnerte, wie sein Horn über ihren nackten Arm gestrichen hatte und wie seine Augen direkt in ihre Seele zu blicken schienen.
Gib es doch endlich zu. Du bist total fasziniert von ihm.
Es stimmte, aber sie verdrängte den Gedanken und grübelte stattdessen über das Geheimnis, das das Reich der Rose wie ein Schleier umgab. Hekate konnte nicht ernsthaft von ihr erwarten, dass sie hier lebte und nicht herauszufinden versuchte, was die Kette von Ereignissen in Gang gesetzt hatte, durch die sie Empousa geworden war. Vielleicht wollte die Göttin nur vermeiden, dass sie es aus zweiter Hand erfuhr wie irgendein Gerücht, und hatte ihren Dienerinnen deshalb verboten, darüber zu reden. Außerdem
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