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Göttin der Rosen

Göttin der Rosen

Titel: Göttin der Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.C. Cast
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vielleicht ein wenig von dem Wein trinken, den die Dienerin ihm bringen würde. Natürlich war er auch hungrig, aber er würde nichts essen. Er ertrug es nicht, wie sie ihn dann anstarrten. Es kam ihm vor, als erwarteten die Frauen, dass er sich hinkauern und sich mit Klauen und Zähnen über sein Essen hermachen würde. Vielleicht sollte er das tun! Das würde wenigstens für Aufsehen sorgen. Nein … er unterdrückte einen müden Seufzer. Das würde nur alle in dem Glauben bestärken, dass er wirklich ein Biest war, ein Tier ohne Herz und Verstand.
    »Da bist du ja!« Ein bisschen atemlos kam Mikado auf ihn zugelaufen. »Gut, dass du so groß bist, sonst hätte ich dich hier draußen wahrscheinlich nicht gefunden.«
    Er hielt inne und sah zu ihr hinab. Sie trug einen großen Korb, ihre Hände und ihr Gesicht waren nass, als hätte sie sich gerade gewaschen, und als sie zu ihm emporlächelte, wischte sie sich schnell mit einer sauberen Falte ihres beschmutzten Chitons ein paar Wassertropfen von der Wange.
    »Ich habe gerade das Beet mit den Masquerade-Rosen fertig gemacht. Was soll ich als Nächstes in Angriff nehmen?«
    »Erst mal möchte ich, dass du etwas isst!« Sie grinste und machte eine Kopfbewegung zu ihrem vollbeladenen Korb. »Ich hab dafür gesorgt, dass genug für uns beide da drin ist.«
    Er überlegte, ob sie hören konnte, wie sein Blut durch die Adern rauschte, wie sein Herz Schock und Unglauben durch seinen Körper pumpte. Er holte tief Luft und bemühte sich, leise zu sprechen, damit nur sie ihn hören konnte.
    »Ihr solltet mit den Frauen essen, Mikado.«
    »Nein, die haben schon ihre kleinen Cliquen gebildet. Wenn ich mich da jetzt einmischen würde, wäre das nur peinlich, so ungefähr, als würde der Chef uneingeladen in eine Party hereinplatzen, die nur für Mitarbeiter gedacht war. Und ich habe ihnen heute so viele Anordnungen gegeben, dass sie eine Pause von mir brauchen. Außerdem möchte ich lieber mit dir essen«, endete sie schlicht.
    »Aber es war noch nie …«
    »Stopp!«, fiel sie ihm ins Wort, und einige Frauen wandten die Köpfe. Mit ruhigerer, aber nicht weniger festen Stimme fuhr Mikado fort: »Ich bin es leid, dauernd zu hören, was es hier bisher alles nicht gab. Jetzt bin ich Empousa, und es wird anders laufen, nicht nur, was die Rosen angeht.«
    »Wir Ihr wünscht, Empousa.« Er ging auf den alten Baum zu, der den Bereich beim Rosentor überschattete, und achtete dabei sorgfältig darauf, kleinere Schritte zu machen, damit sie sich nicht so anstrengen musste mitzukommen.
    Als sie bei dem Baum anlangten, stellte er erleichtert fest, dass sich keine der Frauengruppen in der Nähe niedergelassen hatte. Mit einem tiefen Seufzer setzte Mikado sich, lehnte sich mit dem Rücken an den dicken Stamm der Eiche und blickte zum Rosentor hinüber.
    »Sieht nicht besser aus als gestern«, stellte sie fest.
    »Aber auch nicht schlechter.«
    »Vermutlich ist das auch schon etwas. Weißt du, ich spüre nichts Schreckliches, das aus dem Wald kommt. Wenn du mir nicht von der Gefahr erzählt hättest, die dort lauert, wäre ich nicht auf die Idee gekommen, dass er etwas anderes ist als ein alter, dunkler Wald.«
    »Traumdiebe wählen den Zeitpunkt, wann sie auftauchen, sehr sorgfältig. Vergesst nie, auf der Hut zu sein, wenn Ihr Euch in der Nähe des Tors oder im Wald selbst aufhaltet.«
    »Aber du wirst bei mir sein, oder nicht? Ich meine, ich kann das Tor nicht allein öffnen.«
    Er sah sie an und zog eine Augenbraue hoch. »Natürlich könnt Ihr das, Empousa.«
    Ihre Augen wurden groß, und sie sah vom Tor zu ihm zurück. »Ich werde vorsichtig sein«, versprach sie. Dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit dem Korb mit dem Essen zu. »Aber über den Wald können wir uns auch später Sorgen machen. Jetzt lass uns erst mal essen.«
    Er zögerte nur einen kurzen Moment, dann setzte er sich und machte dabei eine fast unmerkliche Handbewegung, die den Schatten um sie herum tiefer werden ließ. Er wollte in der Lage sein, sie zu beobachten, ohne ständig sein Gesicht unter Kontrolle halten zu müssen, und das war nicht möglich, wenn die anderen Frauen ihn zu genau beobachten konnten.
    »Ihr seht müde aus«, sagte er.
    »Du ebenfalls«, konterte sie, zog einen Weinschlauch aus dem Korb und trank einen großen Schluck.
    »Euer Gesicht ist blass, Mikado.«
    »Das überrascht mich nicht.« Sie warf ihm den Weinschlauch zu und begann dann, Brot und Käse aus dem Korb zu holen. Mikado blickte zu ihm auf.

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