Göttin des Lichts
»… zu spartanisch.«
Apollo starrte sie mit offenem Mund an. Sie erwiderte seinen Blick, ohne mit der Wimper zu zucken. »Wo bleibt der Dank für mein selbstloses Angebot?«
Mit einem Freudenschrei riss er sie in seine Arme, hob sie hoch und wirbelte sie im Kreis herum.
Im gleichen Moment kam Pamela von einem der kleinen Pfade auf sie zu.
»Hey, was zur Hölle …« Sie unterbrach sich und schlug sich die Hand vor den Mund. Dann fing sie an zu lachen. »Ich hab ›Hölle‹ gesagt und mich fast zu Tode erschreckt.« Sie schüttelte den Kopf, dass ihre feinen Haare wie Meeresgischt um ihr Gesicht wogten.
Apollo grinste und streckte die Hand nach ihr aus. Immer noch kichernd, nahm sie seine warme Hand in ihre kühle.
»Was ist hier los? Ich hab euch bis ans andere Ende des Gartens schreien hören.«
Apollo sah Artemis an, die wiederum Apollo ansah.
»Also? Sagt es mir jemand?«, fragte Pamela.
»Es ist dein Plan. Sag du es ihr«, entschied Artemis.
»Was für ein Plan?«
Apollo atmete tief durch. »Ich habe eine Idee. Mit Hades und Lina hatte ich schon darüber gesprochen, und jetzt gerade habe ich Artemis davon erzählt. Zusammen haben es die drei möglich gemacht.«
»Total verrückt, aber möglich«, murrte Artemis.
Apollo lächelte seiner Schwester liebevoll zu, bevor er sich wieder Pamela zuwandte. »Du bist schon lange genug hier, um zu wissen, dass es in der Unterwelt sieben Flüsse gibt.«
Pamela nickte. »Ja.«
»Meine Idee hat mit einem von ihnen zu tun – dem Fluss Lethe.«
Pamela zuckte ihre blassen Schultern. »Okay, was ist die Idee?«
»Du musst zuerst verstehen, was es mit dem Fluss Lethe auf sich hat«, sagte Lina, die Arm in Arm mit ihrem Mann auf sie zugeschlendert kam.
»Er heißt auch der Fluss des Vergessens«, erklärte Hades.
Apollo schüttelte missbilligend den Kopf. »Gibt es in der Unterwelt denn keine Privatsphäre?«
Niemand achtete auf ihn.
»Der Fluss des Vergessens – was hat das zu bedeuten?«, fragte Pamela.
»Er hat die Macht, die Seele von allen Erinnerungen reinzuwaschen, so dass sie neu geboren werden kann«, erklärte Lina.
Pamela sah in Apollos kristallblaue Augen. »Sag mir, was du vorhast.«
»Wenn wir das Wasser von Lethe trinken würden, würden wir beide neu geboren werden. Wir könnten eine ganze Lebensspanne zusammen verbringen. Wir könnten heiraten, Kinder kriegen und gemeinsam alt werden.«
»Aber du bist unsterblich«, sagte Pamela leise. Seine Worte hatten sie ganz schwindelig gemacht. Sie könnte wieder leben? Sie könnte mit Apollo zusammenleben und mit ihm Kinder haben?
»Lethe wird auf seine Seele den gleichen Effekt haben«, stellte Lina klar. »Er muss nur seinen unsterblichen Körper aufgeben, so wie es auch Persephone alle sechs Monate tut.«
»Aber wie soll er das machen? Wie kann er jemand anderes sein als Apollo?«
»Da kommt Artemis ins Spiel.« Apollo warf seiner Schwester einen dankbaren Blick zu. »Sie hat sich bereiterklärt, dafür zu sorgen, dass die Alte Welt auch in meiner Abwesenheit nicht ohne Licht auskommen muss.«
»Wirklich?«, fragte Pamela und sah die Göttin der Jagd erstaunt an.
Artemis zuckte lässig mit den Achseln, dann drehte sie schnell den Kopf zur Seite, um sich unauffällig die Tränen von den Wangen zu wischen, wobei sie so tat, als würde sie an einer Blume riechen.
Apollo umfasste Pamelas Schultern. »Wir könnten ein normales Leben führen! Wir könnten Kinder haben! Wäre das nicht wunderbar?«
In ihrem Kopf drehte sich alles, und sie war froh, dass Apollo sie so fest hielt. Doch dann fiel ihr plötzlich etwas ein. »Hast du nicht gesagt, dass der Lethe alle Erinnerungen löscht?«, fragte sie an Lina gewandt. »Wenn wir uns nicht aneinander erinnern können, wie sollen wir uns dann wiederfinden?«
Lina lächelte und lehnte sich gegen Hades, der seinerseits einen Arm um ihre Taille schlang. »Seelenverwandte finden einander immer wieder.«
»Das können wir dir hoch und heilig versprechen«, stimmte Hades ihr zu.
Pamela wandte ihren Blick der ungewöhnlich stillen Artemis zu. »Du willst nicht, dass er geht, oder?«
»Nein, ich will meinen Bruder nicht verlieren.«
Apollo nahm eine Hand von Pamelas Schultern und legte sie auf Artemis’ Arm. »Du verlierst mich doch nicht – ich habe angenommen, du würdest über mich wachen. Und über meine Kinder und Kindeskinder.«
Artemis beugte den Kopf und legte ihre Hand über die ihres Bruders. »Natürlich werde ich das. Das schwöre
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