Goettin in Gummistiefeln
Tür auf. Hilary kommt herein und mustert mich und Guy misstrauisch.
»Alles in Ordnung?«
»Sicher.« Ich drehe mich von Guy weg. »Alles klar.«
»Gut!« Sie tippt auf ihre Uhr. »Es ist nämlich gleich so weit!«
Die halbe Welt scheint sich vor dem Haus der Geigers versammelt zu haben. Als ich mich in Begleitung von Hilary und zwei weiteren PR-Leuten vors Haus wage, habe ich den Eindruck, dass sich dort Hunderte versammelt haben. Eine ganze Reihe von Fernsehkameras ist auf mich gerichtet, dahinter ein Knäuel von Fotografen und Reportern, und dazwischen die PR-Leute von Carter Spink, die Kaffee von einem Erfrischungsstand aus verteilen, der wie aus dem Nichts aufgetaucht ist. Ich schaue zum Tor und sehe dort zu meinem Schrecken ein paar Stammgäste aus dem Pub herumstehen. Ich schenke ihnen ein betretenes Grinsen.
»Es dauert noch ein paar Minuten«, sagt Hilary mit dem Handy am Ohr. »Wir warten noch auf den Daily Telegraph.«
Ich kann David Elldridge und Greg Parker am Cappuccino-Automaten stehen sehen. Beide tippen eifrig in ihre BlackBerrys. Die PR-Abteilung wollte so viele Seniorpartner wie möglich dabeihaben, aber von den anderen konnte keiner. Offen gesagt, sie haben Glück, überhaupt so viele bekommen zu haben. Da sehe ich plötzlich zu meiner Überraschung, wie sich Melissa den beiden nähert. Sie hat sich in ein schickes beiges Kostüm geworfen, und in der Hand hält sie - kann das ein Lebenslauf sein?
»Hi!«, höre ich sie sagen. »Ich bin eine sehr gute Freundin von Samantha Sweeting und Guy Ashby. Und beide haben mir wärmstens empfohlen, es doch einmal bei Carter Spink zu versuchen.«
Ich muss gegen meinen Willen grinsen. Die Göre hat vielleicht Nerven.
»Samantha.« Ich blicke auf und sehe Nathaniel über den Kies auf mich zukommen. Sein Gesicht ist überschattet, der Blick in seinen blauen Augen angespannt. »Wie geht‘s dir?«
»Ach ... es geht.« Ich schaue ihn ein paar Sekunden lang an. »Du weißt schon. Ist ein bisschen verrückt.«
Ich spüre, wie er meine Hand nimmt und verwebe meine Finger ganz fest mit den seinen.
Guy hat Unrecht. Es wird funktionieren. Wir werden es schaffen. Natürlich werden wir das.
Ich spüre, wie er meinen Daumen mit dem seinen streichelt, wie an unserem ersten Abend. Es ist wie ein Geheimzeichen. Seine Haut spricht zu mir.
»Willst du mich nicht vorstellen, Samantha?« Guy kommt auf uns zugeschlendert.
»Das ist Guy«, sage ich widerwillig. »Ich arbeite mit ihm bei Carter Spink. Guy ... Nathaniel.«
»Freut mich, Sie kennen zu lernen!« Guy streckt Nathaniel die Hand hin, sodass dieser gezwungen ist, meine loszulassen, um sie zu schütteln. »Danke, dass Sie sich so nett um unsere Samantha gekümmert haben.«
Muss er so herablassend sein? Und was soll das - »unsere Samantha«?
»War mir ein Vergnügen.« Nathaniel funkelt ihn böse an.
»Sie kümmern sich also um den Garten.« Guy blickt sich um. »Sehr nett. Hübsch gemacht!«
Ich kann sehen, wie Nathaniel eine Hand zur Faust ballt.
Bitte jetzt bloß keine Schlägerei, flehe ich innerlich. Bitte, Nathaniel -
Zu meiner Erleichterung taucht in diesem Moment Iris am Tor auf. Sie kommt herein und lässt den Blick interessiert über die anwesende Journalistenschar schweifen.
»Schau!«, sage ich rasch zu Nathaniel. »Da kommt deine Mum.«
Ich begrüße Iris mit einem Winken. Sie trägt eine abgeschnittene Baumwollhose, Espadrilles und hat ihre Zöpfe zu einem Kranz hochgebunden. Als sie mich erreicht hat, schaut sie mich einen Moment lang wortlos an: meinen Haarknoten, das schwarze Kostüm, die hochhackigen Pumps.
»Gute Güte«, stößt sie schließlich hervor.
»Ich weiß.« Ich lache unbehaglich. »Ein etwas anderer Look.«
»Also, Samantha.« Ihre Augen ruhen sanft auf mir. »Du hast dich also entschieden.«
»Ja.« Ich schlucke. »Ja, das hab ich. Das ist der richtige Weg für mich, Iris. Ich bin Rechtsanwältin. Bin es immer gewesen. Das ist meine ganz große Chance. Ich ... ich wäre verrückt, wenn ich sie sausen ließe.«
Iris nickt reserviert.
»Nathaniel hat‘s mir erzählt. Du wirst schon wissen, was du tust.« Sie hält inne. »Also dann ... leb wohl, meine Liebe. Und viel Glück. Wir werden dich vermissen.«
Als ich mich vorbeuge, um sie zu umarmen, treten mir plötzlich Tränen in die Augen. »Iris ... ich weiß nicht, wie ich dir danken soll«, flüstere ich. »Für alles, was du für mich getan hast.«
»Das hast du alles selbst zustande gebracht.« Sie drückt
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