Goettin in Gummistiefeln
ungläubig. »Wir sind doch keine Personen des öffentlichen Interesses!«
»Doch, sind wir! Wir stehen in der Daily Mail!« Trishs Gesicht rötet sich leicht. »Das könnte erst der Anfang für uns sein, Eddie. Wenn wir uns einen guten Agenten nehmen, könnten wir demnächst im Reality-TV auftreten! Oder ... in einem Werbespot für Campari!«
»Campari?«, prustet Eddie ungläubig. »Trish, du trinkst doch gar keinen Campari!«
»Aber ich könnte!«, sagt Trish trotzig. In diesem Moment klingelt es an der Tür. Ich schnüre lächelnd meinen Morgenrock zusammen und gehe in die Halle hinaus. Vielleicht ist es Nathaniel, der mir viel Glück wünschen will.
Aber als ich die Tür öffne, steht die gesamt PR-Abteilung von Carter Spink auf der Schwelle, alle in identischen schwarzen Hosenanzügen.
»Samantha.« Hilary Grant, die PR-Chefin, mustert mich prüfend. »Sind Sie bereit?«
Es ist Mittag, und ich trage ein schwarzes Kostüm, schwarze Seidenstrümpfe, schwarze Highheels und die weißeste weiße Bluse, die mir je untergekommen ist. Ich bin professionell geschminkt und frisiert worden - der gute alte Haarknoten natürlich.
Hilary hat die Kleidung, den Friseur und die Maskenbildnerin gleich mitgebracht. Wir sitzen im Wohnzimmer, und wir gehen noch einmal durch, was ich zur Presse sagen soll. Zum hunderttausendsten Mal.
»Woran müssen Sie vor allen Dingen denken?«, will sie wissen. »Was ist das Allerwichtigste?«
»Ja nicht das Wort >Klo< erwähnen«, antworte ich müde. »Ich versprech‘s.«
»Und wenn man Sie nach Rezepten fragt?« Sie tigert auf und ab und wirbelt nun jäh zu mir herum.
»Dann antworte ich: >Ich bin Rechtsanwältin. Das einzige Rezept, das ich kenne, ist das Rezept für den Erfolg.<« Irgendwie gelingt es mir, die Worte ernst hervorzubringen.
Ich hatte ganz vergessen, wie schrecklich wichtig die PR-Abteilung all das nimmt. Aber das ist wohl ihr Job. Und ich kann mir vorstellen, dass die ganze Sache ein mittlerer Alptraum für sie gewesen sein muss. Hilary ist nach außen hin nett zu mir, seit sie hier ist, aber ich kann mich des leisen Gefühls nicht erwehren, dass sie irgendwo eine Wachspuppe von mir stehen hat, mit Reißzwecken gespickt.
»Wir wollen nur sichergehen, dass Sie nicht noch etwas Unvorteilhaftes sagen.« Ihr Lächeln entblößt ihr komplettes Gebiss.
»Werde ich nicht! Ich halte mich an die Vorlage.«
»Und dann wird Sie das Team von News Today nach London zurückbegleiten.« Sie konsultiert ihren BlackBerry. »Wir haben denen für den Rest des Tages Zugang gewährt. Das macht Ihnen hoffentlich nichts aus?«
»Naja ... ich denke nicht.«
Ich kann kaum glauben, wie sehr sie diese Sache aufgebauscht haben. Ein Sender will doch tatsächlich eine Reality-Doku über meine Rückkehr zu Carter Spink drehen. Ist denn sonst nichts los auf der Welt?
»Und schauen Sie nicht in die Kamera.« Hilary ist noch immer dabei, mir in forschem Ton Instruktionen zu erteilen. »Geben Sie sich gut gelaunt und optimistisch. Sie können ja über die wundervollen Karrieremöglichkeiten reden, die Ihnen Carter Spink eröffnet, und wie sehr Sie sich über die Rückkehr freuen. Aber kein Wort über Ihr Gehalt -«
Die Tür geht auf, und ich höre Melissas Stimme aus der Eingangshalle zu mir dringen.
»Dann darf ich Sie also anrufen, um über meine weitere berufliche Zukunft zu sprechen? Oder um Sie auf ein Glas einzuladen?«
»Ja, äh ... natürlich. Gute Idee.« Guy schlüpft ins Zimmer und drückt die Tür hinter sich zu, bevor Melissa ihm auch noch hierher folgen kann. »Wer ist die denn?«
»Melissa.« Ich verdrehe die Augen. »Frag lieber nicht.«
»Sie sagt, Sie wäre dein Protege. Alles, was sie kann, hat sie von dir gelernt.« Guy grinst. »Meint sie damit Rechtsfragen -oder Kuchen backen?«
»Haha«, meine ich nur darauf.
»Hilary, da draußen gibt‘s Probleme«, sagt Guy zur PR-Chefin. »Irgend so ein Fernseh-Heini, der einen Aufstand macht.«
»Verdammt.« Hilary schaut mich an. »Kann ich Sie einen Moment lang allein lassen, Samantha?«
»Aber sicher!« Ich versuche, mir nicht anmerken zu lassen, wie froh ich über die kleine Pause bin. »Alles in bester Ordnung!«
Ich atme erleichtert auf, als sie gegangen ist.
»Also«, sagt Guy mit hochgezogener Braue. »Wie fühlst du dich? Aufgeregt?«
»Ja!« Ich lächle.
Um ehrlich zu sein, fühle ich mich ein bisschen seltsam, so im schwarzen Kostüm, umringt von Carter-Spink-Leuten. Ich habe Trish und Eddie schon seit
Weitere Kostenlose Bücher