Goettin meines Herzens
durfte sie sich wohl in Sicherheit wiegen, zumal er und Kit entschlossen schienen, ihre Feinde zu entlarven, was zweifellos der Anlass von Mr. Shaws Besuch hier war. Mr. Poulsons Anwesenheit indes konnte sie sich nicht erklären, dennoch begrüßte sie seine Gegenwart. Eine innere Stimme sagte ihr, dass sie an diesem Abend ihr wohlgesinnte Menschen bitter brauchen konnte.
Nie zuvor hatte der Hass deutlicher in Tante Clarissas eisengrauen Augen gestanden, zumal es ihr nicht gelungen war, Celia neben Kit zu platzieren, der es entschieden ablehnte, sich gängeln zu lassen. So kam es, dass Miranda an seiner Seite saß, bemüht, nicht davon zu träumen, letztendlich ein ganzes Leben an seiner Seite zu verbringen und ihn als den Mann zu sehen, in den sie all ihre Hoffnung setzen konnte. Stattdessen erwiderte sie den scharfsinnigen Blick von Mr. Shaw, der zu ihrer anderen Seite saß.
„Sind Sie heute weit gereist, Mr. Shaw“, hörte sie sich selbst geistlos fragen.
„Ich habe einen langen Weg hinter mir, das kann man wohl sagen“, antwortete er.
Hinter seinem freundlichen Gesicht schien sich mehr als nur höfliches Interesse zu verbergen. Es kam ihr vor, als spielten alle ein Spiel, das sich niemand die Mühe gemacht hatte, ihr zu erklären. Wahrscheinlich wussten nur er und Kit genau, was der Abend noch bringen würde.
„Das liegt an meiner Größe“, scherzte er, als ob alles so heiter und rechtschaffen war, wie es oberflächlich betrachtet den Anschein hatte.
Miranda befand, Mr. Shaw musste Kit ein idealer Geschäftspartner sein. Offensichtlich waren sie gleichermaßen hartnäckig, unbeugsam, heimlichtuerisch und von einer fast arroganten Selbstsicherheit. Was dem einen entging, würde der andere sicher bemerken. Wären sie allerdings einmal nicht einer Meinung, dann würden gewiss die Funken fliegen.
„Für das Leben auf See habe ich nicht die richtige Statur“, fuhr Mr. Shaw derweil freimütig fort. „Deshalb habe ich den Köder auch eifrig geschluckt, als Kester vorschlug, wir sollten unser eigenes Vermögen machen, statt die Börsen unserer fetten Herren zu füllen.“
„Wahrscheinlich haben Sie die meiste Zeit auf See in gebückter Haltung verbracht“, stimmte sie zu und fragte sich, wie oft er sich wohl den Kopf gestoßen hatte.
„Nicht ganz, aber manchmal fühlte es sich so an. Als Junge ist es mir nicht schwergefallen, mich auf dem Schiff zu bewegen, da war ich noch klein genug, doch als ich schließlich erwachsen war, kam es mir so vor, als versuche man, einen Bären in ein Puppenhaus zu zwängen.“
Das Bild vor Augen, wie er verzweifelt versuchte, sich in das Puppenhaus ihrer Schwestern im Kinderzimmer zu zwängen, brachte Miranda zum Lachen. Einen kurzen Augenblick vergaß sie ihre Sorgen. Er scheint viel netter, als er vorgibt zu sein, dachte sie. Vielleicht tat Kit doch recht daran, ihm einige ihrer Geheimnisse anzuvertrauen.
Er hob sein Weinglas und prostete ihr wohlwollend zu. Die offene Bewunderung eines Mannes zum ersten Mal nicht unangenehm empfindend, nickte sie ihm zu, wandte sich aber sogleich wieder rasch ab, damit niemand mehr in diese Geste hineindeuten konnte, als sie bedeutete. Zu spät. Kits dunkle Augen funkelten wütend. In seinem Blick las sie, wie aufgebracht er darüber war, dass Mr. Shaw sie ihre Sorgen vergessen machen konnte, wo er versagt hatte.
Ihre Miene wurde ernst. Wie sollte sie Kit nur erklären, dass Ben Shaw auch ihr ein guter Freund hätte werden können, wenn sie Kits Antrag angenommen hätte, ohne gleich wieder mit ihm über diese Möglichkeit zu streiten? Kit Alstone war ein Heißsporn, den die Eifersucht plagte. Zudem war er viel zu überzeugt davon, immer recht zu behalten, und wann würde sie nur lernen, ihn nicht so innig zu lieben, dass es wehtat? Wenn ihre Widersacher bemerkten, was sie für ihn fühlte, konnten sie den Mann, den sie liebte, bedrohen und sie damit weit mehr verletzen, als wenn sie einen offenen Angriff auf ihr Leben ausführten. War es da ein Wunder, wenn ihre Anspannung immer mehr zunahm, je weiter der Abend fortschritt, und sie hoffte und betete, dass niemand ihre Liebe zu ihm bemerken würde?
„Ich nehme an, meine Schwester Kate wird nach ihrem nächsten Geburtstag an kleinen Dinnergesellschaften wie dieser teilnehmen“, begann sie wie zufällig ein neutrales Gesprächsthema.
„Ähnelt sie Ihnen, Mrs. Braxton?“, fragte Ben mit einem Lächeln, das ihm ein erneutes Stirnrunzeln von Kit eintrug.
„Nicht im Geringsten,
Weitere Kostenlose Bücher