Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gold. Pirate Latitudes

Gold. Pirate Latitudes

Titel: Gold. Pirate Latitudes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
Vom Netzwerk:
Vegetarier, von Ptolemäus bis zu Leonardo da Vinci, und Ihr sollt noch etwas wissen, Sir, dass Ihr nämlich ein gewöhnlicher Hohlkopf seid und ein Grobian.«
    Hunters Wutausbruch stand ihrem in nichts nach. »Madam«, sagte er und deutete aufs Meer, »ist Euch in Eurer gewaltigen Ahnungslosigkeit eigentlich klar, dass die See sich verändert hat?«
    Sie schwieg verdutzt, unfähig, den leichten Wellenschlag mit Hunters offensichtlicher Beunruhigung darüber in Verbindung zu bringen. »Für ein so großes Schiff wie das Eure scheint mir das belanglos.«
    »Ist es auch. Vorläufig.«
    »Und der Himmel ist klar.«
    »Vorläufig.«
    »Ich bin kein Seemann, Captain«, sagte sie.
    »Madam«, sagte Hunter, »die Dünungen sind lang gezogen und tief. Das kann nur eines bedeuten. In weniger als zwei Tagen stecken wir mitten in einem Hurrikan. Könnt Ihr mir folgen?«
    »Ein Hurrikan ist ein heftiger Sturm«, sagte sie, als würde sie etwas auswendig Gelerntes aufsagen.
    »Ein sehr heftiger Sturm«, sagte er. »Sollten wir noch in dieser verdammten Bucht feststecken, wenn der Hurrikan kommt, dann werden wir zerschmettert. Könnt Ihr mir folgen?«
    Er starrte sie bitterböse an und sah die Wahrheit – dass sie ihn nicht verstand. Ihr Gesicht war arglos. Sie hatte noch nie einen Hurrikan erlebt und konnte sich daher nur vorstellen, dass er irgendwie stärker war als andere Meeresstürme.
    Hunter wusste, dass ein Hurrikan mit einem heftigen Sturm ebenso vergleichbar war wie ein Wolf mit einem Schoßhund.
    Ehe sie auf seinen Ausbruch etwas erwidern konnte, drehte er sich um und stützte sich auf die Reling. Er wusste, dass er zu hart war. Seine Sorgen waren weiß Gott nicht die ihren, und er hatte allen Grund, nachsichtig zu ihr zu sein. Sie war die ganze Nacht aufgeblieben, um die Seeleute zu verarzten, die Brandwunden davongetragen hatten, ein äußerst ungewöhnliches Verhalten für eine hochwohlgeborene Frau. Er wandte sich ihr wieder zu.
    »Verzeiht mir«, sagte er ruhiger. »Wendet Euch an Enders, er wird Euch an Land bringen lassen, damit Ihr die noble Tradition von Ptolemäus und da Vinci fortsetzen könnt.«
    Er stockte.
    »Captain?«
    Er starrte ins Leere.
    »Captain, seid Ihr wohlauf?«
    Jählings ließ er sie stehen. »Don Diego!«, rief er. »Holt mir Don Diego!«
     
    Als Don Diego Hunters Kajüte betrat, sah er den Captain wie wild auf Zetteln kritzeln. Sein Schreibtisch war übersät mit Skizzen.
    »Ich weiß nicht, ob das gelingt«, sagte Hunter. »Ich habe nur davon gehört. Der Florentiner, da Vinci, hat den Vorschlag gemacht, aber es hat niemand auf ihn gehört.«
    »Soldaten lassen sich nicht von Künstlern raten«, sagte Don Diego.
    Hunter bedachte ihn mit einem finsteren Blick. »Was vielleicht nicht immer klug ist«, sagte er.
    Don Diego sah sich die Skizzen an. Jede zeigte einen Schiffsrumpf von oben betrachtet, mit Linien, die auf beiden Seiten abstrahlten. Hunter zeichnete wieder eine.
    »Die Idee ist ganz einfach«, sagte er. »Auf einem gewöhnlichen Schiff gibt es für jede Kanone einen Geschützführer, der für das Abfeuern dieser einzelnen Kanone verantwortlich ist.«
    »Ja …«
    »Nachdem die Kanone geladen und ausgefahren ist, geht der Geschützführer hinter dem Rohr in die Hocke und nimmt das Ziel ins Visier. Er lässt seine Männer die Kanone mit Handspaken und Seitentauen nach seinen Anweisungen ausrichten. Dann befiehlt er, den Keil zu verschieben, um die Höhe einzustellen – wieder nach seinem Augenmaß. Dann feuert er. Dieser Ablauf ist bei jeder Kanone gleich.«
    »Ja …«, sagte der Jude. Don Diego hatte zwar noch nie gesehen, wie eine große Kanone abgefeuert wurde, wusste aber im Großen und Ganzen, wie sie bedient wurde. Jede Kanone wurde einzeln ausgerichtet, und ein guter Geschützführer, ein Mann, der den richtigen Winkel und die richtige Höhe seiner Kanone genau bestimmen konnte, war hoch angesehen. Und eine Seltenheit.
    »Also«, sagte Hunter, »die gewöhnliche Taktik ist Parallelbeschuss.« Er zeichnete parallele Linien, die von den Seiten des Schiffs ausgingen, aufs Papier. »Jede Kanone feuert, und jeder Geschützführer betet, dass seine Kugel trifft. Doch in Wahrheit verfehlen viele Kugeln ihr Ziel, bis die beiden Schiffe einander so nah sind, dass fast jeder Winkel oder jede Höheneinstellung zu einem Treffer führt. Sagen wir, wenn die Schiffe höchstens fünfhundert Yards auseinander sind. Richtig?«
    Don Diego nickte langsam.
    »Nun hat dieser Florentiner

Weitere Kostenlose Bücher