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Gold. Pirate Latitudes

Gold. Pirate Latitudes

Titel: Gold. Pirate Latitudes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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Lafette mit Kerben für die Schildzapfen.
    Als der Abend dämmerte, war das Geschütz oberhalb des Kriegsschiffs einsatzbereit. Hunter wartete, bis es fast völlig dunkel geworden war, und gab dann den Feuerbefehl. Die erste Kugel flog zu weit und schlug auf der Seeseite des spanischen Schiffes ins Wasser. Der zweite Schuss traf sein Ziel und ebenso der dritte. Und dann war es fast zu dunkel, um noch irgendetwas sehen zu können.
    Eine Stunde lang feuerte das Falkonett eine Kugel nach der anderen auf das Kriegsschiff ab, und auf einmal sahen sie in der Finsternis, wie weiße Segel entrollt wurden.
    »Sie nehmen Reißaus!«, rief Enders heiser.
    Die Männer am Geschütz jubelten. Weitere Schüsse begleiteten das Kriegsschiff, als seine Segel sich blähten und es langsam vom Ankerplatz wegtrieb. Selbst als es im Dunkeln nicht mehr zu sehen war, ließ Hunter den Dauerbeschuss aufrechterhalten. Das Krachen des Falkonetts riss die ganze Nacht nicht ab.
    Als der Tag anbrach, spähten Hunter und seine Leute durch das Dämmerlicht, um die Früchte ihrer Arbeit zu sehen. Das Kriegsschiff lag wieder vor Anker, etwa eine Viertelmeile weiter von der Küste entfernt, als schwarze Silhouette vor der aufgehenden Sonne. Schäden waren nicht zu erkennen. Sie wussten, dass sie es beschädigt hatten, konnten aber nicht abschätzen, wie schwer.
    Hunter war enttäuscht. Allein an der Art, wie das Schiff da vor Anker dümpelte, sah er, dass sich die Schäden in Grenzen hielten. Mit sehr viel Glück hatten die Spanier es geschafft, in der Nacht weder mit Korallen zusammenzustoßen noch auf Grund zu laufen.
    Eine der Toppsegelspieren war gebrochen und baumelte lose herab. Die Takelage war zum Teil zerfetzt, und am Bug war das Holz gesplittert. Aber das waren Kleinigkeiten: Bosquets Kriegsschiff lag sicher im sonnenbeschienenen Wasser vor der Küste. Hunter empfand eine gewaltige Erschöpfung und eine gewaltige Mutlosigkeit. Er beobachtete das Schiff noch eine Weile länger und bemerkte, wie es sich bewegte.
    »Allmächtiger«, sagte er leise.
    Auch Enders, der neben ihm stand, hatte es bemerkt. »Ziemlich langer Wellenschlag«, sagte er.
    »Der Wind ist günstig«, sagte Hunter.
    »Aye. Vielleicht noch ein, zwei Tage.«
    Hunter betrachtete die lange, träge Dünung, die das spanische Kriegsschiff vor Anker hin und her wiegte. Er fluchte. »Wo kommt er her?«
    »Ich würde schätzen«, sagte Enders, »um diese Jahreszeit kommt er geradewegs aus Süden.«
    Sie wussten alle, dass in den Spätsommermonaten mit Hurrikanen zu rechnen war. Und als Vollblutseefahrer konnten sie die Ankunft dieser fürchterlichen Stürme bereits zwei Tage im Voraus vorhersagen. Die ersten Warnzeichen waren bereits an der Meeresoberfläche zu erkennen, denn die Wellen, die von hundert Meilen pro Stunde schnellen Sturmböen vorwärtsgedrückt wurden, veränderten sich schon in weiter Ferne.
    Hunter blickte zum nach wie vor wolkenlosen Himmel hinauf. »Was schätzt Ihr, wie lange noch?«
    Enders schüttelte den Kopf. »Spätestens morgen Abend.«
    »Verdammt!«, sagte Hunter. Er warf einen Blick nach hinten zur Galeone in der Monkey Bay. Sie trieb friedlich vor Anker. Die Flut war gekommen, und sie war ungewöhnlich hoch. »Verdammt!«, sagte er wieder und kehrte zur El Trinidad zurück.
    Er war schlechter Stimmung und tigerte in der heißen Mittagssonne an Deck seines Schiffes auf und ab wie ein Mann in einer Kerkerzelle. Ihm stand nicht der Sinn nach höflichem Geplauder, und Lady Sarah Almont hatte das Pech, ihn ausgerechnet in diesem Augenblick anzusprechen. Sie bat darum, von einem Beiboot mit Besatzung an Land gebracht zu werden.
    »Zu welchem Zweck?«, fragte er unwirsch. Er wunderte sich insgeheim, dass sie nicht von ihm wissen wollte, warum er sie in der Nacht zuvor nicht in ihrer Kajüte aufgesucht hatte.
    »Zu welchem Zweck? Nun, um Früchte und Gemüse für mich zu sammeln. Ihr habt nichts dergleichen an Bord.«
    »Eure Bitte ist gänzlich unerfüllbar«, sagte er und wandte sich von ihr ab.
    »Captain«, sagte sie und stampfte mit dem Fuß auf, »damit Ihr es wisst, die Sache ist für mich von großer Wichtigkeit. Ich bin Vegetarierin und esse kein Fleisch.«
    Er drehte sich ihr wieder zu. »Madam«, sagte er, »ich schere mich keinen Deut um Eure Absonderlichkeiten und ich habe weder die Zeit noch die Geduld, auf sie Rücksicht zu nehmen.«
    »Absonderlichkeiten?«, sagte sie und lief rot an. »Damit Ihr es wisst, die größten Denker der Geschichte waren

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