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Gold. Pirate Latitudes

Gold. Pirate Latitudes

Titel: Gold. Pirate Latitudes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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folgenden Vorschlag gemacht«, sagte Hunter und zeichnete ein neues Schiff. »Er sagte, lasst die Kanonen nicht vor jeder Salve von den Geschützführern einzeln ausrichten. Richtet stattdessen alle Kanonen im Voraus aus. Und damit erreicht Ihr das hier.«
    Er zeichnete vom Rumpf aus Schusslinien, die sich an einem einzigen Punkt im Wasser trafen.
    »Seht Ihr? Die Schüsse werden an einer Stelle gebündelt. Alle Kugeln treffen das Ziel am selben Punkt und verursachen eine gewaltige Zerstörung.«
    »Ja«, sagte Don Diego, »oder alle Kugeln verfehlen das Ziel und plumpsen am selben Punkt ins Meer. Oder alle Kugeln treffen den Bugspriet oder irgendeinen anderen unwichtigen Teil des Schiffs. Ich muss gestehen, mir leuchtet nicht ein, welchen Nutzen Euer Plan haben soll.«
    »Der Nutzen«, sagte Hunter und tippte auf die Skizze, »liegt in der Art und Weise, wie diese Kanonen abgefeuert werden. Überlegt doch mal: Wenn sie vorher ausgerichtet werden, brauche ich zum Abfeuern einer Salve nur einen Mann für jede Kanone – vielleicht sogar nur einen Mann für zwei Kanonen. Und wenn mein Ziel in Reichweite ist, weiß ich, dass ich mit jeder Kanone einen Treffer erziele.«
    Der Jude, der wusste, dass Hunters Mannschaft zu klein war, klatschte in die Hände. »Natürlich«, sagte er. Dann runzelte er die Stirn. »Aber was passiert nach der ersten Salve?«
    »Die Kanonen schnellen vom Rückstoß zurück. Dann vereine ich alle Männer zu einer einzigen Geschützbesatzung, die von Kanone zu Kanone eilt, sie lädt und wieder auf das festgelegte Ziel ausrichtet. Das kann einigermaßen schnell vonstattengehen. Wenn die Männer vorher eingeübt werden, könnte ich binnen zehn Minuten eine zweite Salve abfeuern.«
    »Bis dahin hat das andere Schiff seine Position verändert.«
    »Ja«, sagte Hunter. »Es wird näher gekommen sein, etwas näher an meinen Zielpunkt. Die Treffer fallen dann zwar verstreuter aus, müssten aber immer noch recht dicht beieinanderliegen. Seht Ihr?«
    »Und nach der zweiten Salve?«
    Hunter seufzte. »Ich bezweifle, dass wir mehr als zwei Chancen bekommen werden. Wenn ich das Kriegsschiff nicht mit zwei Salven versenkt oder außer Gefecht gesetzt habe, werden wir den Kampf mit Sicherheit verlieren.«
    »Tja«, sagte der Jude schließlich, »es ist besser als nichts.« Sein Tonfall klang nicht optimistisch. In einer Seeschlacht fiel die Entscheidung für gewöhnlich erst nach fünfzig Breitseiten oder mehr. Zwei gleich starke Schiffe mit disziplinierten Besatzungen kämpften mitunter gut einen Tag lang, wobei sie über hundert Breitseiten aufeinander abschossen. Zwei Salven wirkten dagegen belanglos.
    »Richtig«, sagte Hunter, »es sei denn, wir treffen das Heckkastell oder den Pulverraum.«
    Das waren die einzigen wirklich verwundbaren Punkte eines Kriegsschiffs. Im Heckkastell befanden sich sämtliche Schiffsoffiziere, der Steuermann und das Ruder. Würde es schwer getroffen, wäre das Schiff ohne Führung. Ein Treffer im Pulverraum am Bug würde das Kriegsschiff in die Luft jagen.
    Keines der Ziele war leicht zu treffen. Eine auf Bug oder Heck ausgerichtete Salve erhöhte die Wahrscheinlichkeit, dass alle Kugeln verfehlten.
    »Das Problem ist unsere Treffsicherheit«, sagte der Jude. »Ihr wollt die Kanonen mithilfe von Schießübungen ausrichten, hier in der Bucht?«
    Hunter nickte.
    »Aber wie wollt Ihr draußen auf See zielen?«
    »Genau dafür habe ich Euch kommen lassen. Ich brauche ein Instrument zum Anvisieren, um das Schiff auf den Feind auszurichten. Das ist eine Frage der Geometrie, und ich habe alles auf dem Gebiet vergessen.«
    Mit seiner fast fingerlosen linken Hand kratzte der Jude sich die Nase. »Lasst mich nachdenken«, sagte er und verließ die Kajüte.
     
    Enders, der unerschütterliche Meereskünstler, verlor, was selten bei ihm vorkam, die Fassung. »Ihr wollt was?«, sagte er.
    »Ich will alle zweiunddreißig Kanonen auf der Backbordseite aufstellen«, wiederholte Hunter.
    »Die Galeone wird Schlagseite kriegen wie eine trächtige Sau«, sagte Enders. Schon allein der Gedanke schien sein Gefühl für Anstand und gute Seemannskunst zu beleidigen.
    »Sie wird ganz sicher plump und ungelenk«, sagte Hunter. »Könnt Ihr sie trotzdem noch segeln?«
    »Mehr schlecht als recht«, sagte Enders. »Ich könnte den Sarg des Papstes mit der Serviette von Mylady segeln. Mehr schlecht als recht«, seufzte er. »Natürlich«, fügte er hinzu, »versetzt Ihr die Kanonen erst, wenn wir auf

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