Gold
gewählt.
»Natürlich«, sagte Zoe rasch. »Das war nur ein Witz.«
»Oh, schon gut«, sagte Kate, senkte die Augen und lachte etwas beschämt. Hoffentlich stand sie jetzt als diejenige da, der es peinlich war.
Zoe sammelte Handschuhe und Regenkleidung ein. »Fährst du nach Hause?«
»Ja. Und du?«
»Oh, ich fahre zu meinem Freund.«
»Toll«, sagte Kate, während sie an den Heimweg dachte. »Auch in die Stadt?«
»Nein, da lang«, erwiderte Zoe und deutete nach Süden.
Nach dem warmen Feuer schienen Wind und Regen noch stärker zu sein. Zoe fuhr nach links und Kate nach rechts, und erst als sie eine halbe Stunde später aus den Hügeln hinausfuhr und die ersten Straßenlaternen von Glossop den Regen rot färbten, wurde Kate bewusst, dass es in der Richtung, in die Zoe gedeutet hatte, achtzig Kilometer weit nur den kahlen, regengepeitschten Nationalpark mit seinen nassen schwarzen Hügeln gab, die sich vor der grauen Scheibe der untergehenden Sonne abzeichneten. Sie fragte sich, ob Zoe wirklich einen Freund hatte, oder ob sie immer noch allein in diesem Wetter unterwegs war und einen einsamen Bogen beschrieb, der vom verlöschenden Glühen des Alkohols in die Fänge der heraufziehenden Nacht führte.
Je lieber man Zoe mochte, desto weniger konnte man die Gefühle benennen, die sie in einem auslöste. Kate wandte sich von Zoes Spiegelbild ab, während diese ihr weiter die Haare kämmte. Stattdessen betrachtete sie sich selbst. Sie hasste die Halogenbeleuchtung: Sie zeigte nichts als die Wahrheit. Kein Zweifel, sie war in den vergangenen Monaten gealtert. Sie hatte länger als erlaubt wie Anfang zwanzig ausgesehen, und nun hatte das Leben ausgerechnet dieses Jahr ausgewählt, um das Darlehen zurückzufordern. Im Spiegel war nicht mehr zu erkennen, dass es einmal eine Zeit gegeben hatte, in der sie ein Strahlen an sich gehabt hatte und Jack die Entscheidung zwischen ihr und Zoe schwer gefallen war. Jetzt sah sie wirklich wie eine Mutter aus und Zoe immer noch wie ein Model. Sie versuchte, es ihr nicht übel zu nehmen. Immerhin war es ihre Entscheidung gewesen, Mutter zu werden. Niemand hatte sie dazu gezwungen.
Ja, jetzt war sie zweiunddreißig und sah auch so aus. Und ausgerechnet jetzt fragte Zoe sie, ob sie zum Tätowieren mitkommen wolle. Die Zeit schien mit jeder scharfen, nachdrücklichen Bewegung des Kamms an ihr zu nagen. Zoe betrachtete sie im Spiegel und erwartete ihre Antwort mit jener nahezu perfekt verborgenen Verzweiflung, die sie während der verregneten Trainingsfahrt am Kamin offenbart hatte, dem Tag, an dem sie Freundinnen geworden waren. Die Stille vertiefte sich, und der Schwebezustand blieb.
»Ach, verdammt, Zoe, ja. Ich komme mit in dieses Tattoostudio«, sagte Kate unvermittelt.
Tattoostudio Made in Manchester, Newton Street, Manchester
Zoe rief ihre Agentin an, die einen Fotografen zum Tattoostudio schicken würde. Vierzig Minuten später kam er auf seinem Roller angedüst. Er war jung und von seinem Charme überzeugt. Zoe brauchte gute Fotos und lächelte, als wäre sie mit allem einverstanden. Kate lächelte auch, und der Paparazzo schoss Fotos, während die Tätowierer bei der Arbeit waren.
Zoe ließ sich den Unterarm mit einem dreifachen X unter olympischen Ringen schmücken, die die Größe von 50-Pence-Stücken hatten.
Auf dem Stuhl neben Zoe bekam Kate die Ringe in einer kleineren Ausführung verpasst, und zwar genau dort, wo Zoe vermutet hatte: hoch oben auf dem Schulterblatt, damit man sie unter einem T-Shirt verbergen konnte.
Als die Fotos im Kasten waren, unterschrieb Zoe auf dem T-Shirt des Paparazzo und reichte den Stift an Kate weiter, damit sie auch unterschreiben konnte, doch der Fotograf hatte sich schon zum Gehen gewandt. Zoe bemerkte die Kränkung im Gesicht ihrer Freundin und wie sie sich schnell wieder fasste. Sie tat ihr leid. Etwas regte sich unter ihren Rippen, und sie ließ einen Moment lang zu, dass es sich weiter ausdehnte. Sie empfand etwas. Also war sie nicht herzlos.
Dann war Kate darüber hinweg. Sie rief Jack an und gestand ihm kichernd, was sie soeben getan hatten.
»Wir sind gleich um die Ecke! Wir haben jetzt Tattoos .«
Sie sprach das Wort im Flüsterton aus und verlängerte die »OOs« in begeistertem Staunen über ihren eigenen Mut.
Manchmal fragte sich Zoe, ob Kate jemals erwachsen würde. Sie hörte zu, wie ihre Freundin telefonierte. Ihre Stimme klang zögernd – beinahe schüchtern –, als sie dem Mann, mit dem sie seit acht Jahren
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