Goldbrokat
beim Ferkeln geholfen. Aber eine sorgfältige Wäsche hatte einen matten, fließend fallenden Stoff ergeben. Auch hier hatten wir den Saum mit schwarzer Spitze abgesetzt. Laura, die ein geschicktes Händchen für Putzwaren besaß, hatte mir aus dem rosa Taft kleine Röschen geformt, die zusammen mit einer grauen Schleife und ebenfalls etwas schwarzer Spitze den Anhauch einer Kopfbedeckung darstellten. Eine schwarze Spitzenmantilla aus Madame Miras Fundus und ein passender Fächer rundeten das Ensemble ab.
Das Kleid war Investition und Verführung zugleich und sollte an diesem Abend zum Einsatz kommen.
Ich hatte nämlich über Albert Oppenheims Vorschlag nachgedacht und war dann mit einer Idee zu Madame Mira gegangen. Die hatte sich begeistert gezeigt und mir geholfen, einen vernünftigen Plan aufzustellen. Mein Entschluss, Couturière zu werden, hatte mehrere gute Gründe. Zum einen liebte ich es wirklich, mit schönen Stoffen zu arbeiten, zum anderen hatte man sich schon oft genug nach meiner Schneiderin erkundigt, eine Frage, die ich bisher immer nur mit einem geheimnisvollen Schulterzucken beantwortet hatte. Ich konnte, dank Madame Miras Unterweisung, nicht nur gut nähen, sondern hatte auch ein Gespür für Schnitt und Sitz erworben, sodass ich mir zutraute, auch für andere Damen Kleider zu entwerfen. Hier kam dann Madame Mira ins Spiel, die bis zu dem Zeitpunkt, als die Gicht in ihren Händen ihr die feinen Nadelarbeiten unmöglich machte, eine begehrte Couturière gewesen war. Es fanden sich noch immer eine ganze Reihe Damen, die auf ihre Empfehlung hin mir Aufträge erteilen würden.
Was ich aber zum Aufbau eines wirklich eleganten Geschäftes benötigte, war natürlich Kapital. Zunächst für die Stoffe und sonstigen Materialien, aber auch für ein Atelier, denn es würde sehr seltsam wirken, wenn ich zu Anproben Hausbesuche machen wollte. Bei guter Auftragslage würde ich sogar eine oder zwei Näherinnen einstellen. Wir hatten gerechnet und Listen aufgestellt, und mit denen bewaffnet wollte ich den Vorstoß wagen, einen Kredit aufzunehmen.
Albert Oppenheim hatte mir zugesagt, bei seinem Onkel ein Wort für mich einzulegen, und den jungen Bankierssohn wollte ich heute Abend in zwangloser Atmosphäre an sein Versprechen erinnern.
Nur deshalb hatte ich mich bereit erklärt, den literarischen Zirkel bei Tante Caros Herzensfreundin Etta Belderbusch zu besuchen. Denn den besuchte Albert, da Paula Engels ihm gerne beiwohnte, ebenfalls regelmäßig.
Tante Caro hatte sich in einen Ornat von eigenwillig gelbgrüner Farbe geworfen, der sie mit seinen schwarzen und weißen Applikationen diesmal wie eine muntere Kohlmeise wirken ließ. Wieder hatte sie einen Federtuff in ihre Haare gesteckt, der animiert bei jeder Kopfbewegung nickte. Sie gab mir einige gute Ratschläge mit auf den Weg, wie ich den jungen Oppenheim für mich gewinnen könnte, und meinen Hinweis, er habe eine offensichtliche Neigung zu einer anderen Dame entwickelt, wischte sie resolut zur Seite.
»Du bist eine hinreißend schöne Frau, Ariane. Deine goldenen Locken stellen die faden braunen Strähnen dieser Engels weit in den Schatten. Und wer ist die denn schon – eine Kaufmannstochter!«
»Und wer bin ich, Tante Caro? Eine verarmte Adlige, deren Eltern sich der Pariser Bohème angeschlossen haben.«
»So darfst du nicht von deinen Eltern reden, Kind. Sie sind begabte Künstler. Und sie haben so viel unverschuldetes Pech gehabt.«
»Mag sein, Tante Caro. Aber ich fürchte, Albert Oppenheim wird schon aus Rücksicht auf das Geschäft eher zu einer Gattin aus seiner Gesellschaftsschicht tendieren.«
Ich hatte ihr von meinen Überlegungen bisher nichts berichtet, denn ich war mir sicher, dass sie die Vorstellung, eine Dame könne einen gewinnbringenden Beruf ergreifen, für völlig indiskutabel erachten würde. Wenn die Dinge geregelt waren, würde ich sie vor vollendete Tatsachen stellen.
Etta Belderbusch, Gemahlin eines wohlhabenden Posamentierwarenhändlers, führte zwar ebenfalls ein großes Haus, doch anders als bei Oppenheims waren ihre Räume überladen und mit allerlei Zierrat und Krimskrams vollgestellt. Das entsprach dem Stil der Dame des Hauses, denn auch ihr Kleid, ein Meer aus blauen, grünen und roten Blüten, war so grell gemustert, dass man beim längeren Verweilen darauf ganz unweigerlich Augenflimmern bekommen musste. Zudem war es, vielleicht um der
Gesellschaft die Waren ihres Gatten zu präsentieren, mit allerlei
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