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Goldbrokat

Titel: Goldbrokat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Schlafzimmer eilte, und überlegte es sich anders. Das Mädchen war neu und vielleicht sogar noch Jungfrau. Ein wenig verängstigt war sie auch, ganz so, wie er es mochte. Als er hinter sich die Tür verriegelte, knickste sie schüchtern und entschuldigte sich, dass sie ihn gestört hatte.
    Er nickte kurz und trat auf sie zu.
    »Ich würde dir raten, nicht zu schreien, Mädchen!«, war alles, was er sagte, dann riss er ihr erst den Schürzenlatz von der Brust und anschließend das Mieder auf.
    Sie schrie trotz seiner Warnung, und eine derbe Ohrfeige brachte sie zum Schweigen. Danach war sie willig. Wenigstens einigermaßen. Und genau wie er vermutet hatte, war sie noch Jungfrau gewesen. Eine köstliche Belohnung.
    Als sie leise schluchzend das Zimmer verlassen hatte, lehnte er sich entspannt zurück. Und als er so sinnend in den dunkler werdenden Winterabend schaute, kam ihm ein wunderbarer Gedanke, wie man die Eier der kranken Seidenraupen höchst gewinnbringend einsetzen konnte.

Neuer Lebensatem
    Es ist Zeit für die Betrachtung.
Die Vorbereitung ist geschehen,
Die Vollendung ist noch nicht erreicht.
Vertrauensvolle Betrachtung verspricht Gelingen.
     
    I Ging, Kuan – die Betrachtung
    Dass Atmen so anstrengend sein konnte, hatte er nicht geahnt. Aber eigentlich war alles anstrengend.
    Nachdem er kräftig genug geworden war, um sich ohne Hilfe aufrichten zu können, war ein alter Mönch in seiner Kammer erschienen und hatte ihm erklärt, dass er nun sein qi stärken müsse.Von diesem qi hatte er auch zuvor schon gehört und es für einen der unzähligen exotischen Aberglauben der Chinesen gehalten. Aber der Alte hatte ihn eines Besseren belehrt. Darum atmete er unter seiner Anleitung die mysteriöse Lebenskraft ein und war tatsächlich bald in der Lage, die ersten Schritte im Klosterhof zu tun.
    Auch an diesem Novembermorgen raffte er sich auf, sein Lager zu verlassen, um durch das weitläufige Tempelareal zu wandeln. Einfache Baumwollhosen, eine Art Tunika und eine gesteppte Jacke schlotterten um seinen ausgezehrten Körper, aber sie boten ihm ausreichend Wärme. Denn es war mild in dieser Region, auch wenn die Laubbäume ihre Blätter verloren hatten und die Tage kürzer wurden.
    Langsam, wie ein uralter Mann, schritt er den langen Wandelgang entlang, immer darauf bedacht, den Atem in seinen Körper zu lenken, so wie er es seit Tagen übte. Dann aber erschöpfte ihn selbst diese einfache Tätigkeit, und er musste sich niedersetzen.
Sein Blick fiel auf die beiden heiteren Mönche, die ihn anzulächeln schienen. Ein begabter Künstler hatte sie auf eines der vielen ausdrucksvollen Bilder gebannt, die die Wand des Klosters schmückten.
    Nachdenklich betrachtete er die lachenden Gesichter. Sie machten ihm bewusst, dass er zwar den Wunsch zu leben wieder in sich erweckt hatte, von Heiterkeit jedoch fand er sich noch weit entfernt.
    Gestern hatte George Liu ihn aufgesucht, voller Entschuldigungen und demütigen Verbeugungen. Man hatte ihm den Zutritt zum Kloster bislang verwehrt, aber nun hatte der Abt wohl entschieden, dass der Genesende kräftig genug war, die Nachrichten zu ertragen, die der junge Mann zu überbringen hatte.
    Sie waren verstörend.
    Ai Ling war tot, gestorben bei dem Versuch, sie beide mit einer Überdosis Opium zu vergiften. Er hatte es überlebt, knapp, seine zarte kleine Geliebte nicht.
    »Warum, George? Warum hat sie es getan?«
    »Weil Ihr ein Weißer seid, tai pan. Meine Schwester hat schon immer den Traditionen näher gestanden als ich. Es gibt, wie Ihr doch wisst, eine starke Strömung, die alles Ausländische aus China entfernen möchte. Sie hat sich, wie es scheint, mehr und mehr mit den Ideen angefreundet.«
    »Mein Gott, ich habe nie etwas davon bemerkt.«
    »Nein, tai pan . Sie war ein hübsches kleines Mädchen für Euch.«
    Er zuckte zusammen, denn wenn auch der höfliche George Liu nie einen offensichtlichen Vorwurf aussprechen würde, so merkte er doch sehr gut, dass er ihm zu verstehen gab, er habe Ai Ling lediglich für ein niedliches Spielzeug gehalten.
    Was leider stimmte.
    Und diese Tatsache, gründlich betrachtet, lehrte ihn eine Menge über sich selbst.
    Man hatte dem jungen Mann nur einen sehr kurzen Besuch gestattet, und dafür war er in diesem Moment dankbar. Denn
er ahnte, dass es noch weitere Entwicklungen gab, deren Kenntnisnahme seinen sowieso nicht besonders stabilen Seelenfrieden weiter erschüttert hätte. So aber widmete er sich weiter seinem Atem, um zu

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