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Goldbrokat

Titel: Goldbrokat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Quasten und Fransen dekoriert. Ihre Schwester, Helene von Schnorr zu Schrottenberg, der sie Dauergastrecht gewährte, da deren Gatte sich »auf Reisen« befand, bildete einen deutlichen Gegensatz zu ihr. Lang und schmal pflegte die Dichterin einen ätherischen Stil, der sich in der Verwendung vieler spinnwebfeiner grauer Gaze niederschlug.
    Ich machte mich nach der Begrüßung auf die Suche nach Albert Oppenheim und fand ihn wie erwartet in Begleitung der freundlichen Paula, die er mir auch sogleich vorstellte. Nach dem Austausch einiger Höflichkeiten, bei denen ich von der jungen Dame ein Kompliment für meine Garderobe erhielt, bat ich ihn um ein kurzes Gespräch, das er mir bereitwillig gewährte. In wohlüberlegten, kurzen Sätzen teilte ich ihm meine Pläne mit, und er nickte aufmunternd, als ich geendet hatte.
    »Eine realistische Vorstellung, Frau Kusan. Ich nehme an, Sie haben weitergehende Details zur Hand?«
    »Natürlich. Berechnungen, Umsatzaufstellungen, Kosten – das haben wir alles bedacht. Glauben Sie, ich hätte eine Chance, damit Ihren werten Herrn Onkel zu überzeugen?«
    »Er wird Sie gewiss anhören und Ihre Vorstellungen prüfen. Er und auch meine Eltern haben übrigens vor, heute Abend ebenfalls zu erscheinen, vielleicht können wir nachher sogar schon einen Termin vereinbaren.«
    »Das wäre ganz wunderbar. Ich bin Ihnen sehr zu Dank verpflichtet, Herr Oppenheim.«
    Ein weiterer junger Mann trat auf Albert zu, wurde mir als Bernhard Marquardt vorgestellt, und ich verließ die Herren, um sie ihrem Gespräch zu überlassen.
    Tante Caro winkte mich zu sich. Neben der kleinen Kohlmeise ragte Helene wie ein magerer Reiher auf, und ich ergab mich ins Unvermeidliche.
    »Ach, meine liebe Frau Kusan, dass Sie auch einmal Zeit finden, unsere kleinen Kulturereignisse zu besuchen. Es muss doch für eine junge Witwe mit zwei kleinen Kindern schwer sein,
sich ein paar Stunden abzuzwacken«, begrüßte mich die Edle von Schnorr zu Schrottenberg mit der üblichen Herablassung, die sie für Menschen übrig hatte, die nicht ihrem elitär-geistvoll en Niveau entsprachen. Ich konnte gerade noch verhindern, einen heimlichen Blick auf mein Kleid zu werfen, um zu prüfen, ob nicht kleine Marmeladenhände auf dem glänzenden Atlas Schmierspuren hinterlassen hatten.
    »Dann und wann, Frau von Schnorr, kann ich mich tatsächlich von meinen Pflichten losreißen.«
    »Sie ist ja eine so fürsorgliche Mama«, sprang mir Tante Caro auch sofort bei. »Wie aufopferungsvoll sie sich um die kleinen Lieblinge kümmert. Jeden Morgen bringt sie sie selbst zur Schule.«
    »Ach ja, gute Kindermädchen sind heutzutage auch schwer zu finden, und wenn, verlangen sie geradezu astronomische Löhne.«
    Der Seitenhieb saß. Tante Caro zuckte zusammen, und mich beschlich wieder einmal das Gefühl, unsere sorgsam zusammengekittete Fassade wohlhabender Bürgerlichkeit könnte von Helene schon lange durchschaut worden sein. Sie setzte auch gleich noch eine Bemerkung drauf, die mich weiter erboste.
    »Der junge Oppenheim ist ja ein recht begehrter Junggeselle. Und Sie stehen auf sehr vertraulichem Fuß mit ihm, habe ich bemerkt, Frau Kusan.«
    »Ich unterhalte mich gerne mit ihm, er ist ein intelligenter Gesprächspartner.«
    Der Nadelstich ging spurlos an der Edlen vorbei.
    »Ganz gewiss, meine Liebe. Doch ich frage mich, ob Sie nicht Gefahr laufen, in den Ruf zu kommen, Ihre Netze nach ihm auszuwerfen. Eine hübsche Witwe, gestatten Sie mir diese kleine Warnung, muss sich vorsehen, wem sie ihr Vertrauen in der Öffentlichkeit schenkt. Es könnte – ich sage ja nicht, dass es so ist – aber könnte so aussehen, als ob Sie nach einem Vermögen angelten.«
    Wieder zuckte Tante Caro zusammen, ich knirschte verstohlen
mit den Zähnen. Es wäre meinen Plänen nicht besonders zuträglich, wenn ein derartiger Klatsch verbreitet würde. Die Diskretion jedoch verbot mir, von Alberts Neigung zu Paula zu sprechen, also nickte ich nur und war froh, dass wir nun gebeten wurden, Platz zu nehmen und den Produkten des literarischen Schaffens der anwesenden Künstler zu lauschen.
    Möglicherweise mangelte es mir an Verständnis für diese Art von Kunst, denn ich lauschte der weitschweifigen Erzählung in Blankversen mit dem gleichen Enthusiasmus, wie ein Unmusikalischer einer Symphonie zuhört. Mir kamen dabei die Worte meines Bruders Leander in den Sinn, der einmal über die Fähigkeit, Malerei richtig genießen zu können, sagte, dass es Menschen gäbe,

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