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Goldbrokat

Titel: Goldbrokat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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und aus der Antwort, die er erhielt, rechnete er die unglaubliche Länge von über tausend Metern aus. Hätte er es nicht mit eigenen Augen gesehen, würde er geglaubt haben, dass er sich verhört hätte.
    Die Tsun Mou schien sich darüber zu freuen, dass er mit so großer Aufmerksamkeit zuschaute, und sie gab einer Frau einen Wink. Die kam mit einer Handvoll recht kleiner, gelblicher Kokons zurück und reichte sie ihr mit einer Verbeugung.
    »Setzt Euch an diesen Bottich, baixi long , und zeigt uns, dass auch ein Fremder wie Ihr so etwas Einfaches kann wie einen Seidenfaden abwickeln.«
    Sie wollten ihn ein wenig necken, natürlich. Aber es waren hübsche junge Frauen, und warum sollte er ihnen den Spaß nicht gönnen? Im Übrigen – so schwer konnte es ja wirklich nicht sein.

    Diese Meinung änderte er in dem Augenblick, als er sich gleich beim ersten Versuch, einen Faden aufzufischen, die Finger verbrühte.
    Niemand lachte.
    Es lachte auch keine der Frauen, als er mit den kurzen, abgerissenen Seidenfädchen in der Hand dasaß und die Kokons wortlos verfluchte. Als er es nach einem halben Tag endlich geschafft hatte, vier Fäden langsam und gleichmäßig aus dem Wasser zu ziehen und auf der Haspel zu befestigen, taten ihm alle möglichen Muskeln weh, und er sehnte sich nach den schweren Kiepen mit den Maulbeerblättern.
    Aber Tsun Mou würde ihn nicht gehen lassen. Sie zeigte ihm stattdessen, wie er mit den Füßen die Haspel in Bewegung zu setzen und die vier haarfeinen Fäden mit den Fingern so zu lenken hatte, dass sie ordentlich aufgewickelt wurden.
    Das Ergebnis glich einer Katastrophe. Die Seide verknäuelte sich, die Kokons flogen ihm ins Gesicht und blieben in seinem Bart hängen, denn er hatte die Haspel viel zu schnell gedreht, und ein leises, kaum unterdrücktes Kichern ging durch die Reihen.
    Die Tsun Mou wies die Frauen barsch zurecht, und mit unglaublicher Geduld half sie ihm, erneut vier Fäden aus dem Wasser zu ziehen und über die Haspel zu legen. Diesmal war er zu vorsichtig, das nächste Mal zu energisch, das darauffolgende Mal zu langsam, und irgendwann hörte er auf, seine Misserfolge zu zählen.
    Als die Sonne die Schatten verlängerte, hatte er vier Kokons ab- und ein knotiges, klumpiges Garn auf der Haspel aufgewickelt. Es erschien ihm als ein erstaunlicher Erfolg, auch wenn er keine neuen Fäden eingezwirnt hatte – das überstieg bei Weitem seine Fähigkeiten. Er war inzwischen voll der Bewunderung für die geduldigen, geschickten, fingerfertigen Frauen.
    Die Arbeiterinnen beendeten ihre Tätigkeit, die Feuer erloschen, die Haspeln standen still. Verkrampft und müde stand er auf und atmete die warme Sommerluft ein. Der Fußmarsch
zum Kloster würde ihm guttun. Doch vorher verbeugte er sich mit der allergrößten Hochachtung vor der Raupenmutter.
    »Ihr habt mir ein großes Geschenk gemacht, Tsun Mou . Ich danke Euch.«
    Die Tsun Mou verbeugte sich ebenfalls.
    »Ihr habt uns ein großes Geschenk gemacht, baixi long . Ihr habt unserer Seide Achtung erwiesen. Wenn Ihr mögt, kommt morgen wieder.«
    Er würde das wohl tun müssen, denn es war der Abt gewesen, der die Raupenmutter angewiesen hatte, ihn das Seidenhaspeln zu lehren. Warum, das mochte nur Xiu DaoYuan in seiner Unergründlichkeit wissen.Während er den Berg hinaufwanderte, ließ er seine Gedanken fließen, und wenn er ehrlich war, kreisten sie ausschließlich ums Essen.
     
    Nach einem Teller Reis und eingelegtem Gemüse fühlte er sich schon erheblich besser, und als der Abt ihn zu seiner abendlichen Runde aufforderte, ging er, wenn auch müde, doch zufrieden neben ihm her.Wiederum ertappte er sich dabei, dass er die unausgesprochene Frage im Geiste formulierte.
    Als sie auf der Wiese mit dem beeindruckenden Blick über dem Tal angekommen waren, ließ sich der Abt auf einem noch sonnenwarmen Fels nieder und bedeutete ihm, sich zu ihm zu setzen.
    »Seide ist ein bemerkenswertes Material.Wenn man die richtige Technik kennt, reißen die haarfeinen Fäden nicht, wenn man sie aufwickelt.«
    »Gut beobachtet, baixi long . Wenn Ihr nun Eure Übungen macht, denkt daran. Zerreißt die Fäden nicht.«
    Und das Bild, in einem hauchzarten Gespinst zu stehen, die qi -Bewegungen zu machen, ohne es zu zerstören, erschien augenblicklich vor seinem Auge. Er nickte nur, zum Zeichen, dass er verstanden hatte.
    »Erhebt Euch, baixi long !«, befahl der Abt plötzlich und stand ebenfalls auf.

    Er gehorchte.
    »Greift nach meinem Hals.«
    Er

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