Goldfinger
geben, gefährlich genug, um ihn in die benötigte Vier richtig erschwitzen zu lassen.
Und Goldfinger schwitzte jetzt wirklich. Mit verbissenen Lippen, habgierig und konzentriert, beugte er sich vor für den langen Putt über die Böschung bis zum Loch hinüber. Nicht zu hart, nicht zu schwach. Dann richtete er sich wieder auf und ging bedächtig über das Grün bis hinter die Flagge, um seine Schlaglinie zu prüfen. Nun ging er längs der Linie zurück und strich vorsichtig ein, zwei Grasbüschel und ein paar Schotterstücke zur Seite. Wieder beugte er sich vor, machte seine Übungsschwünge und trat zum Putt an. Konzentration furchte seine Stirn, seine Schläfenadern schwollen an.
Es war ein schöner Putt, der fünfzehn Zentimeter hinter der Flagge zur Ruhe kam. Jetzt war Goldfinger so gut wie sicher, das Match gewonnen zu haben, wenn nicht Bond seinen schwierigen Sechsmeterschlag einlochte.
Bond nahm sich Zeit. Er ließ Spannung sich anhäufen um die langen Schatten auf dem bläulichen, schicksalhaften Grün.
»Flagge heraus, bitte! Diesen werde ich versenken!« Er sagte es mit völliger Sicherheit und erwog, ob er das Loch verfehlen oder kurz spielen sollte. Schließlich verfehlte er es rechts.
»Bei Gott, verfehlt!« Er legte Bitterkeit und Zorn in seine Stimme, ging hinüber und hob die beiden Bälle auf, wobei er sie stets in voller Sicht hielt.
Goldfinger kam herüber, strahlte triumphierend. »Also, vielen Dank für das Spiel. Ich war offenbar doch zu gut für Sie.«
»Sie sind eine gute Neunervorgabe«, sagte Bond mißmutig und blickte auf die
Bälle, wie um Goldfinger den seinen zurückzugeben: »Hallo!« Er sah Goldfinger scharf an. »Sie spielten einen Dunlop Nummer eins, nicht wahr?«
»Ja, natürlich.« Ein sechster Sinn für die Katastrophe wischte den Triumph von Goldfingers Miene. »Warum?«
»Tja«, sagte Bond bedauernd, »ich fürchte, Sie haben mit dem falschen Ball gespielt. Sehen Sie doch selbst! Der da ist mein Penfold Herzmarke und dieser ein Dunlop Nummer sieben.« Er reichte Goldfinger die Bälle, der sie mit zitternden Lippen prüfte, von den Bällen auf Bond und von Bond auf die Bälle blickend. »Zu schade, daß wir nach strikten Regeln gespielt haben«, sagte Bond leise. »Ich fürchte, das bedeutet für Sie den Verlust dieses Lochs und natürlich auch der Partie.«
Das war der Moment. Schweigend stand Bond da und wartete. Plötzlich verzerrte die Wut Goldfingers sonst so ausgeglichenes Gesicht. »Sie haben einen Siebener Dunlop im Rauhen gefunden, und Ihr Caddie hat ihn mir gegeben! Absichtlich hat er mir den falschen Ball gegeben, dieser verdammte . . .«
»Langsam«, sagte Bond freundlich. »Sie wollen doch nicht eine Verleumdungsklage an den Hals kriegen! Hawker, haben Sie irrtümlich Mr. Goldfinger den falschen Ball gegeben?«
»Nein, Sir. Aber wenn Sie mich fragen, so geschah der Irrtum vielleicht beim Siebzehnten, wo der Herr seinen Ball so weitab von der Linie fand. War’ ja auch ein Wunder gewesen, den richtigen Ball dort zu finden!«
»Quatsch«, schnaubte Goldfinger angewidert. Verärgert wandte er sich an Bond: »Sie haben doch gesehen, daß es eine Nummer eins war!«
Bond schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, ich habe nicht genau hingeschaut. Jedenfalls«, er wurde energisch, geschäftsmäßig, »ist es doch wirklich Sache des Spielers, darauf zu achten, daß er den richtigen Ball benützt, nicht? Trotzdem, vielen Dank für die Partie, wir müssen sie ein andermal wiederholen.« Langsam verließ er das Grün.
Goldfinger, im strahlenden Licht der untergehenden Sonne, aber mit einem langen schwarzen Schatten an den Fersen, folgte ihm, den Blick gedankenvoll auf Bonds Rücken geheftet.
3
Nachdenklich stieg Bond aus dem Bad. Würde Goldfinger Unrat wittern? Dann müßte man sich zurückziehen und es M überlassen, einen anderen Weg zu finden. Hing der große Fisch am Haken oder nicht? Er würde sich Zeit lassen und den Köder ausgiebig beschnüffeln! Vielleicht sollte man ihn ein klein wenig abbeißen lassen?
Es klopfte. Bond band sich ein Handtuch um, ging durchs Schlafzimmer und öffnete. Der Portier.
»Ein Anruf von einem Mr. Goldfinger, Sir. Er läßt sich empfehlen und fragen, ob Sie heute abend zum Dinner kommen wollen? Drüben im Gutshof von Reculver, Sir. Sechs Uhr dreißig zum Aperitif, Straßenanzug.«
»Danken Sie bitte Mr. Goldfinger und sagen Sie, es wird mich sehr freuen.« Bond schloß die Tür, trat ans offene Fenster, blickte auf die
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