Goldfinger
angenehm. Er sah auf, als jemand neben ihm stehenblieb: Da stand ein gepflegter, nach Geld aussehender Mann mittleren Alters, leicht verlegen. »Verzeihung, aber Sie sind doch Mr. Bond, Mr. James Bond?«
2
Bond liebte es, anonym zu bleiben. Sein Ja klang abweisend. Der Fremde streckte ihm die Hand hin: »So ein Zufall!«
Bond erhob sich und ergriff die Hand flüchtig. Sie war fleischig und wirkte wie ein aufgeblasener Gummihandschuh.
»Du Pont. Junius Du Pont. Wir kennen uns von früher. Darf ich mich setzen?«
Wohin mit dem Mann? Irgendwie harte er ihn kennengelernt, aber das mußte lange her sein. Nicht in Amerika. Etwa fünfzig Jahre alt, rosiger Teint, glatt rasiert, in der üblichen Aufmachung von Brooks Brothers, dem Herrenausstatter der amerikanischen Millionäre - dunkelbrauner, einreihiger Tropical, weißes Seidenhemd, Manschettenvorstoß mit Kristallknöpfen, gestreifte Krawatte, anthrazitgraue Socken, mahagonibraune Schuhe. Dazu ein schmalkrempiger Stroh-Homburger mit bordeauxrotem Band.
Mr. Du Pont nahm Platz und zog Zigaretten sowie ein massivgoldenes Feuerzeug heraus. Offensichtlich war er das, was er schien: ein schwerreicher, leicht verlegener Amerikaner.
»Zigarette?«
»Danke.« Bond übersah das angebotene Feuerzeug und nahm sein eigenes.
»Frankreich, 1951, Royale-les-Eaux.« Mr. Du Pont sah Bond erwartungsvoll
an. »Im Kasino. Meine Frau und ich saßen neben Ihnen, als Sie den Franzosen fertigmachten.«
Natürlich! Die Du Ponts waren Nummer vier und fünf am Baccarat-Tisch gewesen, als er Le Chiffre zur Strecke brachte. Bond sah alles vor sich. War das eine Nacht gewesen! Lächelnd blickte er Mr. Du Pont an: »Ja, jetzt erinnere ich mich wieder. Aber ich dachte damals nur an die Karten.«
Mr. Du Pont grinste erleichtert: »Das kann ich verstehen, bei Gott! Aber ich hoffe wirklich, Sie entschuldigen, daß ich mich hier so aufdränge. Sehen Sie . . .« Er schnalzte mit den Fingern, um sich bei der Kellnerin bemerkbar zu machen. »Aber zuerst begießen wir das. Was darf es denn sein?«
»Danke, Bourbon auf Eis.«
»Und einen Haig mit Wasser.« Die Kellnerin ging. Mr. Du Pont beugte sich vor. »Ich erkannte Sie gleich, aber ich dachte mir, Junius, wir wollen sichergehen! Ich wollte nämlich heute mit Transamerican fliegen, und als die Verschiebung ausgerufen wurde, sah ich Ihnen an, daß auch Sie auf Transamerican warteten.« Bond nickte, und Mr. Du Pont sprach weiter. »Ich lief also zum Kartenschalter, warf einen Blick in die Passagierliste, und richtig, da stand >J. Bond<.« Zufrieden mit seinem Scharfsinn, lehnte Mr. Du Pont sich zurück. Die Drinks kamen, er hob sein Glas. »Auf Ihr Wohl! Heute hab’ ich Glück!«
Bond trank mit unverbindlichem Lächeln.
Abermals beugte Mr. Du Pont sich vor und sah sich um. An dem Nachbartisch saß niemand, dennoch senkte er die Stimme: »Also, ich hoffe, Sie werden mir verzeihen, Mr. Bond. Es ist sonst nicht meine Art, mich in die Angelegenheiten anderer einzumischen, aber damals in Royale, nach diesem Spiel, hörte ich, daß Sie nicht nur ein Meister im Kartenspiel seien, sondern auch - wie soll ich sagen
- eine Art - also, im Geheimdienst gewissermaßen.« Feuerrot wegen seiner Indiskretion lehnte Mr. Du Pont sich zurück und trocknete die Stirn.
Bond hob die Schultern. Seine graublauen Augen zeigten Offenheit, während Du Ponts Blick bei aller Verlegenheit hart und wachsam geworden war. »Ja, so nebenbei. Ein Überbleibsel aus dem Krieg, wissen Sie! So eine Art Indianerspiel. Aber jetzt im Frieden hat das keine Zukunft.«
»Zweifellos!« Mr. Du Pont machte eine wegwerfende Geste. Als er seine nächste Frage stellte, die nächste Lüge erwartete, wich er Bonds Blicken aus. »Darf man fragen, was für eine Tätigkeit Sie gewählt haben?«
»Import-Export. Universal, falls Sie die Firma kennen.«
Du Pont spielte mit. »Universal - lassen Sie mich nachdenken. Ja, sicher, von der habe ich gehört. Ob ich je mit ihr in Geschäftsverbindung war, kann ich nicht sagen, aber dazu ist es ja nie zu spät.« Er lachte.
Bond sagte nichts, sondern blickte auf die Uhr, damit Mr. Du Pont sein Blatt rascher aufdeckte. Mit seinen eigenen Karten würde er vorsichtiger sein. Er ließ sich durch Mr. Du Ponts zur Schau getragene Harmlosigkeit nicht täuschen.
Auch Du Pont blickte auf die Uhr. »O weh, sieben Uhr schon, und ich rede daher, ohne zur Sache zu kommen! Sehen Sie, Mr. Bond, ich habe da ein Problem, das ich Ihnen gerne anvertraut hätte. Ich
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