Goldfinger
Rülpsen wischte sich Mr. Du Pont die Butter vom Kinn und lehnte sich behaglich zurück. Dann sagte er: »Mr. Bond, ich weiß nicht, ob irgend jemand in der Welt heute so gut zu Abend gegessen hat. Was meinen Sie?«
Was sage ich nun? dachte Bond. Da habe ich nach dem angenehmen Leben verlangt, und mein Wunsch ist mir mehr als erfüllt worden. Gefällt es mir wirklich, mich voll zu essen und dann solche Bemerkungen mit anzuhören? Aber er sagte nur: »Das weiß ich nicht, aber es war bestimmt ausgezeichnet.«
Mr. Du Pont war’s zufrieden und bestellte Kaffee. Zigarre und Likör lehnte Bond ab. Er nahm eine Zigarette und harrte interessiert des Kommenden. Denn daß bisher alles nur Vorspiel gewesen war, wußte er.
Mr. Du Pont räusperte sich. »Und jetzt, Mr. Bond, möchte ich Ihnen einen Vorschlag machen.«
»Ja?«
»Es war gewiß Fügung, Sie so auf dem Flugplatz zu treffen.« Du Ponts Stimme klang ernst und aufrichtig. »Unsere erste Begegnung damals in Royale-les-Eaux, Ihre Kaltblütigkeit, Ihr Wagemut, Ihre Geschicklichkeit . . . kurz, Mr. Bond, ich zahle Ihnen zehntausend Dollar, wenn Sie als mein Gast diesem Goldfinger auf die Schliche kommen!«
Bond blickte Mr. Du Pont in die Augen. »Das ist ein großzügiges Angebot, aber ich muß nach London. In achtundvierzig Stunden muß ich von New York abfliegen. Wenn Sie morgen vor- und nachmittag Ihre normalen Partien spielen, sollte das für mich genügen. Morgen abend muß ich hier weg, ob ich Ihnen geholfen habe oder nicht. Abgemacht?«
»Abgemacht!« sagte Mr. Du Pont.
3
Das Flattern der Vorhänge weckte Bond. Er schlug das Bettuch zurück, trat auf dem dicken Veloursteppich an das Aussichtsfenster und hinaus auf den sonnenbeschienenen Balkon. Obwohl es noch nicht acht Uhr sein konnte, fühlten die Fliesen in der Sonne sich schon fast heiß an. Eine frische Brise von See her straffte die Nationalflaggen auf dem Privatjachtenpier. Die Luft war feucht und roch stark nach Meer. Zwölf Etagen tiefer erstreckte sich die fade Pracht der Gartenanlagen. Auf den Wegen zwischen Palmen und freundlichen Blumenbeeten harkten Gärtner den Kies, säuberten ihn von Laub. Zwei mähten das Gras, zwei besprengten den Rasen.
Gerade unterhalb von Bonds Standpunkt schwang in elegantem Bogen das Flachdach des Cabana Clubs uferwärts, mit Stühlen, Tischen und gelegentlich einem rot-weiß gestreiften Sonnenschirm besetzt. Innerhalb dieses Bogens lag das smaragdgrüne Schwimmbassin, dessen Rand von Deckstühlen umsäumt War, auf deren Matratzen die Benutzer in Kürze ihre tägliche Fünfzigdollarbräune erwerben würden. Noch ordneten weißbejackte Männer die Stuhlreihen, wendeten Matratzen und entfernten Zigarettenreste vom Vortag. Auch der Badestrand wurde eben gesäubert und mit Matratzen und Sonnenschirmen versehen. Kein Wunder, daß das Aloha-Appartement zweihundert Dollar den Tag kostete. Rasch überschlug Bond, daß sein Jahresgehalt für drei Wochen reichen würde. Gut gelaunt ging er ans Telefon und bestellte ein ausgiebiges Frühstück, eine Stange Chesterfields und Zeitungen.
Um acht Uhr hatte er geduscht, war rasiert und angezogen. Nebenan in dem eleganten Salon trug ein blau-goldener Kellner das Frühstück auf. Die Titelseite des bereitliegenden Miami Herald befaßte sich mit dem gestrigen Fehlstart einer Interkontinentalrakete auf dem nahen Cap Canaveral sowie mit einem bösen Sturz beim Rennen in Hialeah. Bond ließ die Zeitung zu Boden gleiten und begann, während er frühstückte, über Mr. Du Pont und Mr. Goldfinger nachzudenken. Er war sich nicht schlüssig. Entweder war Du Pont ein viel schlechterer Spieler, als er vorgab - was unwahrscheinlich schien -, oder Goldfinger betrog. Spielte dieser aber ohne Not falsch, so beruhte sein Reichtum gewiß auf noch größerer Gaunerei. Da derlei Burschen Bond besonders interessierten, brannte er nachgerade darauf, Mr. Goldfinger und seine geheimnisvolle Erfolgsmethode näher kennenzulernen. Es stand also ein unterhaltsamer Tag bevor.
Laut Plan würde er Mr. Du Pont um zehn im Garten treffen, um ihm den englischen Aktienanteil an einem kanadischen Erdgasvorkommen zu verkaufen. Er wäre dazu eigens von New York gekommen. Die Vertraulichkeit solchen Handels würde Goldfinger keine näheren Fragen erlauben. Man würde sich dann aufs Dach des Cabana Clubs begeben, um dort zu spielen, und Bond würde dabei seine Zeitung lesen und zusehen. Nach dem Essen, bei dem Bond und Mr. Du Pont das »Geschäftliche« zu besprechen
Weitere Kostenlose Bücher