Goldfinger
Weder die großen Gangster waren gefaßt worden noch Goldfinger mit seinem Gold. Auch den »Großen Schlag« hatte Bond nur durch ein Wunder vereiteln können: Erst nach zwei Tagen war die Beechcraft zum Service gekommen, und der Putzboy, der die Nachricht gefunden hatte, erwischte Leiter gerade noch eine halbe Stunde vor seiner Abfahrt - er sollte wegen eines Rennskandals an die Küste fahren. Dann aber war Leiter losgezogen - erst zu seinem Chef, dann zum FBI und weiter zum Pentagon. Die FBI-Informationen über Bond sowie die Rücksprache mit M hatten genügt, die Sache innerhalb Stundenfrist vor den Präsidenten zu bringen. Danach war nur mehr der Riesenbluff vorzubereiten, bei dem die Einwohner von Fort Knox mitgewirkt hatten. Die beiden »Japaner« waren bald gefaßt, und die chemische Abteilung des Kriegsministeriums bestätigte, daß ihre drei Halbliterflaschen GB gereicht hätten, ganz Fort Knox auszurotten. Sobald man den Wortlaut des vereinbarten Telegramms an Goldfinger aus den »Japanern« herausgebracht hatte, schickte man es ab. Die Armee gab Alarm, jeder Verkehr nach Fort Knox wurde unterbunden, nur die Gangsterkonvois blieben unbehelligt. Alles übrige war dann Beater gewesen. Langsam fuhren sie durch das eintönige Flachland von Idlewild, vorbei an den Zehn-Millionen-Skeletten aus Stahl und Zement, die einmal ein Flughafen sein würden, und hielten dann neben dem Betongewirr aus Behelfsgebäuden, die Bond so gut kannte. Die höflichen Mikrophonstimmen drangen bereits zu ihnen heraus: »Pan American World Airways meldet den Abflug ihres Präsident-Flugs PA 100« - »Transworld Airways ruft Kapitän Murphy. Kapitän Murphy, bitte.« Dann die schöngerundeten Vokale und die sanfte Diktion der BOAC: »BOAC meldet die Ankunft ihres Bermuda-Fluges BA vierainunnoinzig. Die Passagiere
werden bai Tor Nummer noin ausstaigen.«
Bond nahm seine Tasche und verabschiedete sich von Leiter: »Also, danke für alles, Felix! Und schreib mir jeden Tag!«
Leiter drückte ihm die Hand. »Aber sicher, Kleiner. Und nur mit der Ruhe! Sag dem alten M, er soll dich bald wieder rüberschicken. Beim nächsten Besuch mach’ ich mich aus der Tretmühle frei, du mußt endlich mal mit zu mir nach Haus, meine Ölquellen besichtigen. Alles Gute!«
Leiter stieg in seinen Wagen und fuhr davon, Bond winkte ihm nach. Der Studillac schleuderte auf die Zufahrtsstraße hinaus. Leiters Stahlhaken blinkte noch einmal grüßend aus dem Fenster, dann war er weg.
Bond seufzte, nahm seine Tasche auf, trat ein und ging zum BOAC-Kartenschalter. Er hatte Flughäfen ganz gern, solang er allein war. Da ihm noch eine halbe Stunde Zeit blieb, schlenderte er durch die Menge, nahm im Restaurant einen Whisky Soda und suchte am Bücherstand nach etwas Lesbarem. Schließlich kaufte er Ben Hogans neuestes Buch über die Grundregeln im Golfspiel und einen Raymond Chandler. Dann ging er weiter zum Andenkenladen, um zu sehen, was er seiner Sekretärin mitbringen könne.
Jetzt verlas eine Männerstimme über das Ansagennetz von BOAC eine lange Liste von Monarch-Passagieren, die am Kartenschalter gewünscht wurden. Zehn Minuten später, Bond bezahlte gerade den neuesten und teuersten Kugelschreiber, hörte er seinen eigenen Namen ausrufen: »Mr. James Bond, Passagier der BOAC Monarch, Flug Nr. 510 über Gander nach London, bitte zum Kartenschalter! Mr. James Bond, bitte!« Diese verdammte Einkommensteuer! Sicher wieder das Formular, auf dem er angeben sollte, wieviel er während seines Amerika-Aufenthalts verdient hatte. Er trat aus dem Laden und ging zum Schalter hinüber. Der Beamte fragte höflich nach Bonds Gesundheitspaß. Bond zog das Formular hervor und reichte es ihm.
Nach sorgfältiger Prüfung sagte der Beamte: »Tut mir leid, aber in Gander ist ein Typhusfall aufgetreten, und man besteht dort auf der Nachimpfung sämtlicher Transitpassagiere, die im letzten Halbjahr nicht geimpft wurden. Es ist sehr unangenehm, Sir, aber Gander ist in diesen Dingen genau.«
Bond konnte Impfungen nicht leiden. Verärgert sagte er: »Aber Sie sehen doch, daß ich vollgepumpt bin mit allen möglichen Injektionen! Seit zwanzig Jahren bekomm’ ich sie aus den unmöglichsten Gründen!« Er sah sich um. Der BOAC-Flugplatzausgang schien merkwürdig verlassen. »Wo sind denn die anderen Passagiere?«
»Die sind alle einverstanden, Sir, und werden eben geimpft. Es geht ganz schnell, wenn Sie bitte mitkommen wollen, Sir.«
»Na, schön.« Bond zuckte unwillig die
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