Goldfinger
diente, trug er eine Ein-Mann-Bazooka. Bond lief ihm entgegen und rief: »Schieß mir meinen Fuchs nicht ab! Gib her!« Er riß die Bazooka an sich und warf sich auf den Bahnsteig. Die Diesellok war jetzt schon zweihundert Meter entfernt, kurz vor der Brücke über den Dixie Highway. Bond schrie: »Aus dem Weg!«, um die Leute aus der Linie der Rückstoßflamme zu bringen, klinkte die Sicherung aus und zielte sorgfältig. Die Bazooka erbebte, die panzerbrechende Fünfkilorakete war draußen! Ein Blitz - eine blaue Rauchwolke! Einige Metallteile flogen von der fahrenden Maschine, aber dann war sie über die Brücke hinaus, ging in die Kurve und war verschwunden.
»Gar nicht schlecht für einen Anfänger«, bemerkte Leiter.
»Vielleicht ist der hintere Diesel kaputt, aber das sind Zwillingsmaschinen, er kommt mit der vorderen allein auch durch.«
Bond erhob sich und lächelte zur Begrüßung. »Du Pfuscher«, sagte er sarkastisch, »warum, zum Teufel, hast du die Linie nicht blockiert?«
»Paß auf, du Würstchen, wenn du dich beschweren willst, dann geh zum Präsidenten! Er leitet die Operation höchstpersönlich, es ist ja auch eine Pracht. Jetzt fliegt da oben ein Aufklärer. Sie werden die Diesellok kriegen, und bis Mittag haben wir Goldlöckchen im Kittchen. Hast du vielleicht gewußt, daß er im Zug bleiben würde?« Er schlug Bond auf die Schultern. »Teufel, was bin ich froh, dich zu sehen! Wir hatten Auftrag, dich herauszuholen, sind in der Gegend herumgesaust und haben dafür von beiden Seiten Feuer gekriegt!« Er wandte sich an die Soldaten: »Oder vielleicht nicht!«
Sie lachten: »Aber sicher, Käpt’n!«
Bond blickte den Texaner, mit dem er schon so viel durchgestanden hatte, herzlich an. »Felix, du warst schon immer groß darin, mir das Leben zu retten! Und diesmal war’s verdammt knapp! Tilly Masterton, fürchte ich, hat’s erwischt.« Er ging zum Zug, Felix dicht hinter ihm. Die zarte Gestalt lag noch so, wie sie gefallen war. Bond kniete neben ihr nieder, aber der unnatürlich abgeknickte Kopf verriet ihm alles. Er fühlte nach dem Puls, stand auf und sagte leise: »Arme Kleine! Aus Männern hat sie sich nie viel gemacht.« Dann, wie zur Verteidigung: »Felix, wenn sie mir gefolgt hätte, wär’ das nicht passiert!«
Leiter verstand nicht, griff nach Bonds Arm und sagte: »Aber gewiß, Junge, beruhige dich nur.« Er wandte sich an seine Leute: »Zwei von euch tragen sie in die Fahrdienstleitung da drüben! O’Brien, Sie holen eine Ambulanz! Dann gehen Sie zum Gefechtsstand rüber und erstatten Bericht. Sagen Sie, Commander Bond ist hier, und ich bringe ihn gleich mit!«
Bond sah auf das tote Bündel aus Kleidern und Gliedmaßen nieder. Er dachte an das stolze, fröhliche Mädchen in dem vorübersausenden TR 3.
Hoch über ihm stieg ein wirbelnder Fleck in den Himmel. Dann kam der scharfe Knall des Leuchtsignals. Es war das Zeichen zur Einstellung des Feuers.
8
Zwei Tage später lenkte Felix Leiter seinen schwarzen Studillac waghalsig durch den zähflüssigen Verkehr bei der Triboroughbrücke. Es war zwar noch Zeit genug, um Bonds Flugzeug, die BOAC Monarch nach London, zu erreichen, aber Leiter machte es Spaß, Bonds schlechte Meinung über amerikanische Wagen zu erschüttern. Jetzt riß der Stahlhaken seiner Handprothese den Schalthebel in den zweiten Gang, und das niedrige schwarze Auto drängte sich mit einem Sprung zwischen einen riesigen Gefrierwagen und einen dahintrödelnden Oldsmobile, dessen Hinterfenster fast völlig mit Urlaubsschildern verklebt war.
Bonds Körper wurde zurückgeschleudert, und seine Zähne schlugen aufeinander, als die 300 PS so plötzlich anzogen. Nachdem das wütende Hupen hinter ihnen verklungen war, meinte er milde: »Höchste Zeit, daß du dir statt dieses Spielzeugautos was Schnelleres zulegst!«
Leiter lachte: »Siehst du das grüne Licht da vorn? Wetten, ich komm’ durch, bevor’s rot wird!« Der Wagen sprang vorwärts, als hätte man ihm einen Tritt versetzt. Für einen Moment benahm es Bond den Atem - er hatte den Eindruck, die stählerne Wagenmauer würde durch Leiters Dreitonhorn auseinandergepeitscht, hundert Meter lang stand der Zeiger auf hundertfünfzig, dann waren sie unter der Ampel durch und fuhren brav in der Mittelspur.
Bond sagte ruhig: »Du brauchst nur an den falschen Polizisten zu kommen, dann nützt dir dein Pinkertonausweis auch nichts. Nicht, weil du so langsam fährst, wird er dich aufschreiben, sondern weil du den Verkehr
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