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Goldgrube

Goldgrube

Titel: Goldgrube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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die Polizei anzurufen, schloß ich die Tür zu Myrnas Räumen wieder und ging durch die Waschküche zur Hintertür. Ich konnte Enid in der Küche telefonieren hören; ihre Stimme klang erschüttert und ein bißchen schrill. Irgend jemand mußte auf eine Gelegenheit gewartet haben, Myrna allein zu erwischen. Draußen durchquerte ich den kleinen Innenhof und ging nach rechts zur Einfahrt. Myrnas Auto war abgeschlossen, und so ging ich außen herum und spähte auf Vorder- und Rücksitze. Beide waren leer. Nichts lag auf dem Armaturenbrett. Ich war neugierig, ob der Kofferraum wohl abgeschlossen wäre, wollte ihn aber nicht anfassen. Das sollte die Polizei tun. Zu meiner Rechten mündete die Auffahrt in eine Sackgasse mit Raum für noch drei Autos. Dahinter sah ich ein langes Stück der graurosa Mauer und ein Gewirr von Büschen. Angenommen, sie war überstürzt umgebracht worden? Was würde ein Täter dann mit der Leiche anfangen?
    Ich ging wieder zurück zu den Garagen. Donovans Lieferwagen stand wesentlich näher an der Vorder- als an der Hinterseite des Hauses. Irgend etwas an den Spuren von Kies und getrockneter Erde erweckte meine Aufmerksamkeit. Ich streckte die Hand aus. Die Motorhaube des Lieferwagens war warm. Ich ging um ihn herum, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, und inspizierte sein Äußeres. Die Auskleidung der Ladefläche war voller Steinchen und Laub. Ich äugte über die Heckklappe und besah mir die Auskleidung von nahem. Ich ließ die Finger davon. Was auch immer geschehen war, diesmal konnten sie es nicht Jack anlasten.
    In der Ferne konnte ich das Röhren eines Motorrads hören, und nur Augenblicke später kam Bennet bereits auf Jacks Harley-Davidson die Auffahrt heraufgebraust. Ich trat von dem Lieferwagen weg und sah ihm zu, wie er sein Parkritual absolvierte. Seine schwarzen Lederhandschuhe sahen so plump aus wie Topfhandschuhe. Er streifte sie ab, legte sie auf den Sitz und stellte seinen Helm obendrauf. Er schien nicht besonders begeistert davon zu sein, mich zu sehen. »Was machen Sie denn hier?«
    »Enid hat mich wegen Myrna angerufen. Wann haben Sie sie zuletzt gesehen?«
    »Beim Frühstück. Beim Mittagessen nicht. Enid hat mir erzählt, daß Myrna sich nicht wohl fühlte. Was ist denn los?«
    »Ich habe keine Ahnung. Anscheinend ist sie verschwunden. Enid hat die Polizei angerufen. Sie wird wohl gleich kommen, nehme ich an.«
    »Die Polizei? Wozu denn?«
    »Sparen Sie sich doch den Schwachsinn für die Cops«, sagte ich.
    »Moment mal. >Schwachsinn    Ich wandte mich ab und ging davon.
    »Wohin gehen Sie?«
    »Was spielt das schon für eine Rolle? Wenn ich noch eine Minute hier stehenbleibe, werde ich bloß wieder ausfällig.«
    Bennet ging neben mir her. »Es wäre ja nicht das erste Mal. Ich habe von Ihrer Unterhaltung mit Paul gehört. Er war stinksauer.«
    »Na und?« sagte ich.
    »Ich weiß, daß Sie glauben, wir hätten etwas getan.«
    »Natürlich glaube ich das.«
    Er berührte meinen Arm. »Hören Sie. Bleiben Sie mal eine Minute hier und lassen Sie uns darüber reden.«
    »Reden Sie ruhig, Bennet. Ich höre Ihnen mit Begeisterung zu.«
    »In Ordnung. Okay. Ich kann genausogut ehrlich zu Ihnen sein, weil die Wahrheit nicht halb so schlimm ist, wie Sie denken.«
    »Woher wollen Sie wissen, was ich denke? Ich denke, daß Sie die Maddisons um wertvolle Dokumente im Wert von fünfzigtausend Dollar betrogen haben.«
    »Jetzt aber mal halblang. Warten Sie. Wir haben es nicht böse gemeint. Es war nur ein Streich. Wir wollten nach Vegas fahren, waren aber pleite. Alles, was wir wollten, waren ein paar Kröten. Wir waren doch nur Jungs«, sagte er.
    »Jungs? Sie waren keine Jungs. Sie waren dreiundzwanzig Jahre alt. Sie haben ein Verbrechen begangen. Ist das Ihre Art der Verarbeitung, es einen Streich zu nennen? Sie hätten ins Gefängnis kommen müssen.«
    »Ich weiß. Es tut mir leid. Es ist uns entglitten. Wir hätten nie gedacht, daß wir es durchziehen könnten, und als wir endlich gemerkt haben, wie schwerwiegend es war, hatten wir nicht den Mut, zuzugeben, was wir angestellt hatten.«
    »Es schien Ihnen nichts auszumachen, Guy die Schuld in die Schuhe zu schieben«, sagte ich.
    »Hören Sie mal, er war weg. Und er hatte all die anderen Dinge angestellt. Die Familie war fertig mit ihm, und Dad nahm es einfach als selbstverständlich an. Wir waren Arschlöcher.

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