Goldgrube
Kopfkissen aufschüttelte und die Bettwäsche wechselte. Sie hatte den Haushalt geführt, Canapés serviert und Drinks nachgeschenkt, während die Herren und Damen des Hauses ungestört weiterplauderten und ihre Anwesenheit völlig übersahen, weil sie keine von ihnen war. Für Claire war das ideal gewesen. Die Mißachtung der Maleks ihr gegenüber hatte gewiß ihrer Verbitterung neue Nahrung gegeben und sie in ihrem Entschluß bestärkt, sich zu rächen. Warum sollte diese Familie, die fast ausschließlich aus Schwindlern bestand, die Privilegien des Wohlstands genießen, während sie nichts besaß? Von ihnen war sie um ihre Familie und ihre Ausbildung zur Ärztin betrogen worden. Sie war beraubt, gedemütigt und mißhandelt worden, und dafür gab sie Guy die Schuld.
Mittlerweile war ich auf der zweispurigen Straße angekommen, von der ich annahm, daß sie die südliche Grenze des Malekschen Anwesens darstellte. Im Handschuhfach fand ich einen Stadtplan, den ich im Fahren auseinanderfaltete. Ungeschickt klappte ich ihn zusammen, klemmte ihn gegen das Lenkrad und suchte nach Wegen, während ich mich bemühte, keine Telefonmasten zu rammen. Ich fing mit dem Nächstliegenden an, indem ich an der ersten Abzweigung abbog und ein Viereck fuhr. Ich hätte auf Dietz warten sollen. Einer von uns hätte nach Fußgängern Ausschau halten können, während der andere am Steuer saß. Wie weit konnte sie wohl kommen?
Ich kehrte auf die Hauptstraße zurück und fuhr vielleicht eine halbe Meile weit. Da sah ich sie knapp hundert Meter vor mir den Straßenrand entlangmarschieren. Sie hatte Jeans und gute Wanderschuhe an, trug einen Rucksack und keine Kopfbedeckung. Ich kurbelte das Fenster auf der Beifahrerseite herunter. Sowie sie das Knattern meines VWs hörte, warf sie einen Blick in meine Richtung und starrte dann stur auf den Asphalt vor sich herab.
»Myrna, ich möchte mit Ihnen reden.«
»Tja, aber ich nicht mit Ihnen.«
Ich fuhr im Schrittempo neben ihr her, so daß die anderen Autos, die hinter mir herangefahren kamen, ungeduldig zu hupen begannen. Ich winkte sie vorbei und behielt mit einem Auge Myrna im Blick, die weitertrottete, während ihr die Tränen übers Gesicht liefen. Ich trat aufs Gas, jagte davon und fuhr ein gutes Stück vor ihr an den Straßenrand. Dann stellte ich den Motor ab, stieg aus und ging ihr entgegen.
»Kommen Sie, Myrna. Nur die Ruhe. Jetzt ist es ein für allemal vorbei«, sagte ich.
»Nein, ist es nicht. Es ist nie vorbei, bis sie bezahlt haben.«
»Ja, aber wieviel? Hören Sie, ich kann Ihre Gefühle verstehen. Sie haben Ihnen alles genommen, was Sie hatten.«
»Diese Schweine«, sagte sie.
»Myrna...«
»Ich heiße Claire.«
»Na gut, dann eben Claire. Ich sage Ihnen die Wahrheit. Sie haben den falschen Mann umgebracht. Guy hat weder Ihnen noch Ihrer Familie je etwas angetan. Er war der einzige, der Patty jemals gut behandelt hat.«
»Lüge. Sie lügen. Das haben Sie erfunden.«
Ich schüttelte den Kopf. »Patty ist mit vielen Männern ins Bett gegangen. Sie wissen doch, daß sie Probleme hatte. Damals herrschten wilde Zeiten. Dope und freie Liebe und die Idee des Weltfriedens. Wir waren alle nicht ganz bei uns. Können Sie sich daran erinnern? Sie war ein Blumenkind, eine unschuldige —«
»Sie war schizophren«, fauchte Claire.
»Okay. Das will ich Ihnen glauben. Vermutlich hat sie LSD genommen. Sie hat Pilze gegessen. Sich mit spitzen Gegenständen gestochen. Und sämtliche Typen haben sie ausgenutzt, außer Guy. Ich schwöre es Ihnen. Er hatte sie wirklich gern. Er hat mir von ihr erzählt, und das tat er mit sehnsüchtigen und liebevollen Worten. Er hatte versucht, Kontakt zu ihr aufzunehmen. Er hat ihr einmal geschrieben, aber da war sie schon tot. Davon hatte er keine Ahnung. Er wußte nur, daß er nie eine Antwort von ihr bekam, und das betrübte ihn.«
»Er war ein Scheißkerl.«
»Na gut. Er war ein Scheißkerl. Er hat damals eine Menge miese Dinger gedreht, aber im Grunde war er ein guter Mensch. Besser als seine Brüder. Sie haben ihn ausgenutzt. Patty hat sich wahrscheinlich gewünscht, daß das Kind von ihm wäre, aber das war es nicht.«
»Von wem war es dann?«
»Von Jack. Oder Paul Trasatti. Ich weiß nicht genau, mit wie vielen Männern sie geschlafen hat. Und die Briefe hat Guy auch nicht gefälscht. Das waren Bennet und Paul, ein kleiner Plan, den sie ausgeheckt hatten, um sich in jenem Frühjahr ein bißchen Geld zu verdienen.«
»Sie haben mir alles
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