Goldhand (Ein Artesian Roman) (German Edition)
zusammenzustellen und sie nach Diwenstein – so nannten die Flüchtlinge die wachsende Siedlung um Diwens Steinkreis – zu führen. Er hatte ausgezeichnete Verbindungen, die sich bis nach Idenhal erstreckten. Damit konnte Hockster auf Rikat verzichten und er sagte es ihm. Nach einem heftigen Streit erklärte der Anführer der Diebe sich bereit, seine Waren zu angemessenen Preisen zu verkaufen.
Der zweite Flüchtling aus Ornak hieß Golle Fay und war Diener im Hause eines reichen Mannes gewesen. Auch er war, wie jeder Andere, willkommen in der werdenden Stadt des Wissens.
Als der Sommer kam, standen vierzehn Hütten und sieben Wagen um Diwens Steinkreis. Die grauen Felsen bildeten das natürliche Zentrum einer langsam aber stetig wachsenden Ortschaft.
In diesen Tagen beschlich Hockster ein seltsames Gefühl. Mehr als einmal war er versucht, die graue Metallmünze Madigans aus dem Lederbeutel zu nehmen und sie zu betrachten. Er dachte viel an sie und fragte sich häufig, wie es ihr wohl ergangen war.
6. Wenn nur nicht alles aus Stein wäre
Eman Delles wischte sich den Schweiß von der hohen Stirn, drehte sich im Sattel um und spähte den Wagenzug entlang angestrengt nach Westen. „Wo bleibt Tira?“
Der Mann, der neben Eman auf einem Wallach ritt, grinste, spuckte aus und sagte: „Sie kommt bald zurück.“
„Hoffentlich bringt sie gute Nachrichten“, murrte Eman.
„Wir werden sehen“, erwiderte Garlit Veitogan.
Die Wagen kamen gut voran und Eman hoffte, innerhalb der nächsten Woche Diwenstein zu erreichen. Dies war seine dritte Reise nach Brakant und zurück. Außer den bestellten Waren brachte er diesmal auch gutes Geld mit, das er für die vielen Produkte erhalten hatte, die er im Auftrag der Diwensteiner befördert und verkauft hatte. Wieder wischte er sich über die Stirn. Er blickte hinauf zum Himmel. Erste graue Wolken zogen von Norden heran, doch die Luft blieb warm und trocken. „Das sieht nicht gut aus“, brummte er. „Gar nicht gut.“
„Du fürchtest die Schlangen, nicht das Wetter, Kaufmann“, sagte Garlit.
„Ich fürchte Stürme, Gewitter und die Chetekken. Und du sollst mich vor ihnen beschützen, aber du rührst dich nicht.“
„Noch haben wir keine Nat Chatkas gesehen. Wenn es zwischen hier und Diwenstein welche gibt, dann wird Tira sie rechtzeitig entdecken.“
„Dein Vertrauen in deine Tira scheint unerschütterlich.“
„Es ist unerschütterlich!“, entgegnete der Dieb. „Sie ist gut, wirklich gut.“
„Besser noch als du selbst, Veitogan?“ Lauernd betrachtete Eman Delles den kleinen Dieb.
Garlit erwiderte den Blick des dicken Kaufmanns mit einem wohlwollenden Lächeln. „Nein! Der Beste bin ich! Daran besteht kein Zweifel.“ Als er Eman überraschtes Gesicht sah, lachte er laut. „Du hältst mich für einen Aufschneider, Kaufmann, richtig?“
Eman drehte seine rechte Hand hin und her, als könnte er sich nicht entscheiden, ob er damit drohen oder sie zum freundschaftlichen Gruß ausstrecken sollte. „Nun, das eine oder andere Mal ist mir schon aufgefallen, dass du gerne ein bisschen angibst.“
„Und das völlig zurecht, mein lieber Kaufmann.“ Garlit Veitogan saß stolz im Sattel seines Pferdes und sein Lächeln, mit dem er Eman Delles betrachtete, schien niemals enden zu wollen. Schließlich erwiderte der Kaufmann es und sagte: „Schon gut. Ich gebe mich geschlagen. Ich werde aus dir einfach nicht schlau!“
Der Kaufmann betrachtete den kleinen Dieb, der nach eigenen Angaben das Stehlen aufgegeben hatte und sein Geld nun mit dem Schutz von Reisegesellschaften und Gütertransporten verdiente. Er trug schwarze Lederkleidung. Seine Füße steckten in maßgefertigten Reitstiefeln, ebenfalls schwarz, die ihm bis zu den Knien reichten. An seinem Gürtel, der durch eine silberfarbene Schnalle in Form einer kampfbereiten Schlange ins Auge fiel, hing ein Säbel mit verziertem Handschutz. Auf der anderen Seite ein Dolch. Eman wusste, dass der kleine Dieb mindestens ein halbes Dutzend Wurfmesser irgendwo versteckt in seiner Kleidung mit sich herumtrug. Am Sattel hing ein kurzer Bogen mit Pfeilen in einem schwarzen Köcher.
„Du magst die Farbe Schwarz wohl sehr?“, fragte Eman.
„Nein!“, erwiderte Garlit, „sie ist mir lediglich eine ständige Erinnerung daran, was ich am meisten fürchte.“
„Aha! Und was ist das, Veitogan?“
„Die Nacht, Eman Delles, und die Einsamkeit“, erwiderte Garlit mit einem schiefen Grinsen, gab die Zügel seines
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