Goldhand (Ein Artesian Roman) (German Edition)
fand die Flüchtlinge in seiner Küche, wo sie Schutz vor dem schlechten Wetter gesucht hatten und heißen Tee tranken. Hockster berichtete ihnen von seinen Erfolgen, doch die Freude, mit der er gerechnet hatte, blieb aus.
„Schuldscheine?“, fragte Tupok. „Wie sollen wir das jemals zurückzahlen?“
Hockster schüttelte verärgert den Kopf. „Es ist ein Anfang, Tupok, ihr alle. Wo immer ihr auch sonst hingegangen wärt, hättet ihr euch für einen Neuanfang ebenfalls verschulden müssen. Oder glaubt ihr, in Idenhal hätte man euch mit Gold behängt, weil ihr den Angriff der Chetekken überlebt habt?“
Zwei Tage später erschienen Hornek, der Zimmermann, und Lobs, der Schmied aus Räubermarkt, im Auftrag von Rikat und boten den Flüchtlingen an, Hütten gegen Schuldscheine zu bauen. Nur Serima ging darauf ein, bezahlte aber mit Goldmünzen, die sie hatte retten und mitnehmen können. Als sie ihre kleine Hütte bezog, verschenkte sie ihren Wagen an den Schauspieler Figele, der nicht aufhören konnte, sich für ihre Großzügigkeit zu bedanken.
Etwa zur gleichen Zeit machten Tupok und Millen sich daran, ebenfalls eine feste Unterkunft zu bauen. Sie wollten die Bäume aus dem Wald hinter Hocksters Haus schlagen. Als Hockster die hallenden Axtschläge hörte, stürmte er aus der Tür und den beiden Südländer entgegen. „Seid ihr von Sinnen! Wir haben nur diesen Wald hier“, erklärte er unumwunden. „Niemand wird ihn des Bauholzes wegen dezimieren. Räumt Figeles Wagen leer und fahrt nach Westen. Dort steht ein Wald, in dem ihr so viele Bäume schlagen könnt wie ihr wollt.“
Als wäre das der Anfang gewesen, nahmen die kleinen und größeren Probleme, mit denen Hockster sich beschäftigen musste, beständig zu. Nachdem Tupok und Millen ihre Hütten fertiggestellt hatten, trafen drei weitere Flüchtlinge aus dem Süden ein. Die Nachrichten, die sie brachten, waren alles andere als beruhigend. Nachdem die Chetekken erst Zillet dem Erdboden gleichgemacht hatten, waren sie weiter nach Osten gezogen und hatten erst Tarnagg, dann Ornak und zuletzt die kleine Ortschaft Rifft überfallen. Von den Städten waren nur rauchende Trümmer übriggeblieben.
Hockster nahm die Nachricht von der Zerstörung seiner Heimat Tarnagg mit derselben Beherrschtheit auf, die man empfindet, wenn man eine Sache hinter sich gelassen hat. Er trauerte um die Menschen Tarnaggs so, wie er um all die Gefallen trauerte, die der Krieg bislang gefordert hatte.
Die drei Männer aus Rifft wollten nicht bleiben, sondern bis Brakant, einer Stadt, die auf halbem Weg zwischen Räubermarkt und Idenhal lag, weiterziehen.
„Noch vor Jahresfrist wird die Südküste menschenleer sein“, prophezeite Tupok schwermütig.
Wenige Tage später erreichte eine kleine Karawane Diwens Steinkreis. Auf dem Bock des ersten der insgesamt drei Wagen saß Rikat, ein erwartungsvolles Grinsen im Gesicht. Er brachte all die Waren, die Hockster als dringend und vorrangig genannt hatte, und verkaufte sie zu unverschämt hohen Preisen – gegen Schuldscheine. Hockster sah es mit grimmiger Wut. „Ich verbiete dir, die Menschen hier auszunehmen“, tobte Hockster später, als sie allein waren.
„Du verbietest es mir?“ Rikat war amüsiert. „Bleib auf dem Boden, Freund Beltrim. Deine Leute sind freiwillig hier. Niemand zwingt sie, bei mir zu kaufen.“
„Wenn du hier weiter Geschäfte machen willst, dann wirst du das zu anständigen Preisen tun oder gar nicht.“
Das Lächeln auf Rikats Gesicht erstarb. Dann lachte er laut auf und wurde gleich wieder ernst. „Das hier ist mein Land. Ich tue, was ich will.“
„Ich warne dich, Rikat. Es werden andere kommen, die deinen Platz einnehmen können. Ich könnte es. Wenn du dich weigerst, mit mir zusammenzuarbeiten, werde ich selbst nach Brakant gehen und eine Karawane hierher führen.“
„Wage es und trage die Folgen, Beltrim. Das ist kein Spiel.“
„So ist es, also richte dich danach.“ Hockster marschierte wutschnaubend davon.
Dieses kurze, vor allem aber üble Zwischenspiel war nicht die einzige unangenehme Begegnung, die er mit Rikat auszufechten hatte. Noch in derselben Woche trafen sieben weitere Flüchtlinge ein, diesmal aus Ornak. Zwei Südländer nahmen Hocksters Angebot an und blieben. Hockster hielt es nicht für einen Zufall, dass einer der beiden, Eman Delles, in Ornak Händler und Fuhrunternehmer gewesen war. Er erklärte sich sofort bereit, nach Brakant zu reisen, eine Karawane
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