Goldmacher (German Edition)
ich gekommen«, sagte er.
Anton schaute auf: »Weshalb?«, fragte er überrascht.
»Das wollte ich von dir wissen.«
»Was?« Anton sah den Freund neugierig an.
Franz räusperte sich. Wie immer, wenn er über etwas sprechen wollte, das ihn bewegte, saß ihm ein Kloß im Hals.
»Du wünschst dir Enkelkinder«, begann er schließlich, »Enkelkinder sind Zukunft«, fuhr er fort, »und deshalb glaubst du«, Franz klopfte jetzt heftig gegen seine Brust, »tief in deinem Inneren glaubst du an die Zukunft! An unser aller Zukunft. Und nicht an die Katastrophe, nicht an diese apokalyptischen Szenarien, die du in deinem Blatt von meiner Tochter Lexa verbreiten lässt!«
Glücklich und erregt hob er sein Glas: »Ich stoße mit dir auf deine Enkelkinder an! Auf ihre Zukunft!«
7.
Laura hatte wegen Francescos Karriere die Insel verlassen und war mit ihm und seiner Familie nach Mailand umgezogen. Sie hatte sich nur langsam an die vielen grauen und kalten Tage im Winter und an die schwüle Hitze im Sommer gewöhnt.
Francesco arbeitete jetzt für ein Unternehmen, das Immobilien kaufte und verkaufte. Sogar für Laura war es in den vergangenen Jahren deshalb geläufig geworden, nicht mehr über Häuser zu reden, sondern über Immobilien. Francesco hatte ihr und den Kindern auch den prächtigen Palazzo Mezzanotte gezeigt, in dem die Mailänder Börse untergebracht war. Erst nur von außen, aber die beiden Jungen wollten ihn unbedingt von innen sehen. Francesco hatte sie vorgewarnt, doch der Lärm, der in der Börse herrschte, übertraf jede Vorstellung, die sich Laura davon hätte machen können. Nie zuvor hatte sie sich inmitten einer Horde ähnlich leidenschaftlicher, aufgeregt mit Händen und Armen fuchtelnder, schreiender, ja, wie verrückt schreiender Männer aufgehalten. Angetrieben von einem für Laura uneinsehbaren Ereignis, schienen sie, stets brüllend und begleitet von heftigem Gestikulieren, mit Gespenstern zu kämpfen. Was dort im Zentrum der Stadt, in diesem hohen Saal mit seinen mächtigen Marmorsäulen, verhandelt wurde, blieb ihr zwar völlig unverständlich, nur dass es um Geld ging, das wusste sie. Und meinte nun zu erleben, wie Geld die Männer verrückt, ja, wie es sie wahnsinnig machte.
Francesco hatte gelacht, als sie ihm ihre Eindrücke schilderte. Ihrem Wesen nach sei die Börse manisch depressiv, und das würde sich unmittelbar auf die Händler übertragen, erklärte Francesco ihr mit fachmännischer Miene und zeichnete mit der Hand eine steil aufsteigende und wieder steil absteigende und wieder steil aufsteigende Kurve in die Luft. Heute sei es besonders »maniaco« zugegangen, sagte er.
»Maniaco?«, hatte sie gefragt, und Francesco wiederholte die Handbewegung, meinte, das müsse sie nicht verstehen, es reiche, wenn er es verstünde, und lachte wieder.
Seitdem Francesco die Börse verstand, verdiente er in einem Jahr mehr, als sie in ihrem ganzen Leben bisher verdient hätte, rechnete Laura einmal aus. Drei Jahre nach dem Umzug kaufte er für die Familie ein Haus in Bergamo, einem kleineren Ort in unmittelbarer Nähe von Mailand. Die Kinder sollten bessere Luft atmen, in Mailand würden sie wegen der schlechten Luft halb ersticken, hatte Francesco gemeint, nachdem die beiden Jüngeren ständig unter Erkältungen gelitten und nachts gehustet hatten.
Laura verbrachte jetzt die meiste Zeit damit, ihrer Schwiegertochter im Haushalt und mit den Kindern zu helfen. Francesco fiel als Familienvater seit dem Umzug nach Bergamo fast vollständig aus. Er arbeitete oft bis in den späten Abend hinein, und dann fuhr kein Zug mehr nach Bergamo, deshalb hatte er in Mailand ein Apartment gemietet. Sophia fuhr immer öfter nach Mailand und übernachtete auch dort. Laura hatte ihr dazu geraten, sie dürfe ihren Mann nicht zu viel allein lassen.
Wenn Sophia in Mailand blieb, und das tat sie immer öfter und immer länger, versorgte Laura die Kinder. Sie achtete auch darauf, dass die Kinder ihre Schularbeiten machten. Helfen konnte sie dabei nicht. Alle drei gingen auf höhere Schulen, und sie verstand nichts von dem, was die Kinder, sie waren nun bereits Jugendliche, dort lernten. Sie selber hatte Lesen, Rechnen und Schreiben gelernt. Damals war sie stolz darauf gewesen, in ihrem Viertel konnten einige der Mädchen noch nicht einmal das.
Laura kümmerte sich auch um die Kleidung der Kinder, selbst dann noch, als sie studierten. Sie nähte fehlende Knöpfe an Jacken, Hosen und Hemden, wusch die Wäsche und
Weitere Kostenlose Bücher