Goldmacher (German Edition)
bügelte sie, auch die von Francesco. Er hatte zunächst protestiert und seine Garderobe in Mailand in die Wäscherei oder in die Reinigung gegeben. Aber Laura fand, sie käme von dort schmutziger zurück, als er sie hingebracht hätte, und überzeugte ihn, sie an den Wochenenden doch lieber mit nach Hause zu bringen, was er seitdem beibehalten hatte.
An diesem Wochenende, es war ein Spätherbsttag, kam Francesco bereits am Freitag nach Hause. Er würde, wie so oft in letzter Zeit, am Montag sehr früh ins Ausland fliegen, um in Barcelona oder in Athen oder auch in London oder Dublin Verhandlungen zu führen. Als Immobilienexperte verhandelte er Käufe oder auch Verkäufe seiner Gesellschaft. Nach dem Dotcom-Crash, wie Francesco den Absturz an den Börsen gleich im neuen Jahrtausend nannte, er lag erst wenige Monate zurück, waren jetzt auch Immobilienfonds in Schwierigkeiten geraten und mussten Anteile veräußern, kleinere Unternehmen sogar Insolvenz anmelden. Francescos Gesellschaft war glimpflich davongekommen und kaufte nun billig ein.
Für das gemeinsame Abendessen bereitete Laura Francescos Lieblingsgericht vor, Saltimbocca alla romana. Sie verließ die Küche, um im Gärtchen hinter dem Haus frische Salbeiblätter zu pflücken. Es wehte ein leichter kühler Wind. Laura schaute in die Richtung, aus der er kam, und meinte, in der Ferne die dunklen Umrisse der Berge, die Ausläufer der Alpen, zu erkennen. Gab es bereits Schnee auf den höheren Gipfeln?
»Ciao, Mama«, hörte sie Francesco rufen und drehte sich um. Er kam aus dem Haus und auf sie zu, trug noch seine Bürokleidung und Laura fand ihn wie immer sehr elegant und wirklich gut aussehend. Er hatte volles, noch immer kastanienbraunes Haar und niemand hätte ihm seine sechsundfünfzig Jahre angesehen. Auch sie glaubte sie nicht. Wo war bloß die Zeit geblieben? fragte sie sich immer öfter.
Francesco nahm Lauras Hand mit den Salbeiblättern, beugte sich darüber und atmete den Duft des Salbeis tief ein.
»Saltimbocca?«, fragte er, legte den Arm um ihre Schultern und schaute mit ihr in Richtung Alpen. Am Montag fliege er hinüber auf die andere Seite, nur bis nach München, das sei ein Katzensprung. Für zwei Tage.
»Hast du Lust, mich zu begleiten?«, fragte er Laura, er hatte sie schon öfter zu Stippvisiten mitgenommen, nach Madrid oder nach Barcelona.
Der leichte Wind, der von den Alpen herüberwehte, wurde kühler. Sie fröstelte.
»Nein«, sagte Laura und schüttelte den Kopf, nach Deutschland wolle sie nicht, dort sei ja bereits Winter, sie zog ihre Strickjacke enger um sich, »möchtest du Spirelli oder lieber Farfallone?«
»Auf jeden Fall Farfallone, vielleicht überlegst du es dir noch und fliegst doch mit«, sagte er und kehrte mit ihr ins Haus zurück.
8.
Am Montagvormittag rief Rosi um acht Uhr bei Pia an. Franz sei nach einem Nervenzusammenbruch ruhiggestellt worden, er würde im Augenblick nicht viel mitbekommen. Den Ausverkauf seines Lebenswerks am Montag, habe Rosi dem Arzt erklärt, würde er nicht überstehen, es sei ohnehin ein Wunder, dass er erst jetzt zusammengebrochen sei.
»Schaffst du es allein?«, fragte Rosi mit dünner Stimme.
»Ja«, sagte Pia und dass sie nicht allein sei, beruhigte sie die Mutter, sie hätten großartige Mitarbeiter.
Nach dem Gespräch mit Rosi stellte sich Pia unter die Dusche und ließ den warmen Strahl auf ihren Kopf prasseln. Sie blieb sehr lange unter der Dusche, mit dem warmen Wasser lösten sich die Verspannungen an Nacken und Schultern. Sie spürte, wie erleichtert sie war, dass Franz nicht mit am Verhandlungstisch sitzen würde. Sie hätte es nicht ertragen, nicht seinen Kummer und sein Elend, und ihre Wut über sein leichtfertiges Spiel an der Börse auch nicht. Niemand hatte etwas gewusst, nur seine Hausbank, die Familienbank, wie es immer so schön hieß.
Verdammt soll sie sein, von wegen Familienbank, dachte Pia zornig, sie hat ihn einfach fallen gelassen, und das Unternehmen mit ihm. Jetzt, wo die Blase geplatzt war. Franz hatte Kredite aufgenommen, um den großen Kredit für die Expansion des Unternehmens mit Spekulationsgewinnen schneller zurückzahlen zu können. Die Bank hatte mitgemacht und mit verdient, bis zur existenziellen Gefährdung von allen und von allem, selbst der Amselhof war gefährdet! Pia stöhnte unwillkürlich leise auf.
Nach dem Duschen frottierte sie ihr Haar und ging im Bademantel in die Küche, Lisa und Emily waren über Nacht geblieben, sie hatten das
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