Goldmond
zeigte mir, dass er mir keine Wahl lassen würde und dass es mein Leben galt oder seines.« Er hob den Blick und sah sie herausfordernd an. »Er ertränkte mich beinahe, und vielleicht ist es Euch eine Genugtuungzu wissen, Dari Amadian, dass ich seine Wassermagie nur mithilfe des Feuers, das seit Eurer Heilung in mir brennt, besiegen und damit am Leben bleiben konnte. Doch obwohl er verwundet war, kämpfte er weiter. Es war schließlich Euer qasarag , der mich rettete.«
Sanara starrte ihn an.
»Mein qasarag , sagt Ihr?«
»Ja.« Die Stimme des Fürsten klang hart. »Der Dolch, den Euer Bruder, der Schmied, Euch gab, und mit dem Ihr mich töten wolltet, nachdem es Euch misslang, Euch selbst damit umzubringen. Seit ich ihn Euch entwand, trug ich ihn bei mir, auf dass niemand mehr Schaden mit seiner dunklen Magie anrichte. Ich stieß ihn mit aller Kraft in Tarinds Brust. Der Dolch nahm ihm nicht nur seine letzte Magie, sondern auch das Leben. – So erfüllte er doch noch den Zweck, zu dem er gemacht worden war«, fügte er leise hinzu.
Sanara schwieg betroffen. Ihr war nicht bewusst gewesen, dass Telarion Norandar von ihrer Verwandtschaft zu Sinan wusste, und sie überlegte, ob sie ihn danach fragen sollte. Dieser furchtbare Totengeist, der ihr in den Nebeln immer wieder begegnete und sie in ihrer Gefangenschaft gequält hatte, hatte gesagt, der Fürst sei auf der Jagd nach ihr nach Süden geritten. Vielleicht hatte Telarion Norandar Sinan getroffen? Er war nach Süden geflohen und hatte Sirakand erreichen wollen. Den Zaranthen. Den letzten Menschenfürsten, der sich noch gegen die Elben zur Wehr setzte.
Doch dann verwarf sie den Gedanken. Solife und Entarat bestanden aus endlosen Wüsten und Steppen. Und der Fürst war ein Magier der Luft und der Kälte. Die Hitze und Trockenheit der Wüste würde er nicht lange ertragen können.
Die Stille, die sich nun im Raum ausbreitete, hätte man mit den Händen greifen können.
»So wart Ihr also gezwungen, Eurem eigenen Bruder das Leben zu nehmen«, flüsterte Sanara. »Das muss Euch sehr bedrücken.«
Er sah sie nur mit diesem seltsam fremden, auf merkwürdigeWeise leeren Blick an, der ihr Furcht einjagte, und erwiderte nichts.
»Ihr mögt mir verzeihen, dass ich den Tod des Mörders meiner Familie nur begrüßen kann«, fuhr sie schließlich fort. »Und doch … lasst mich sagen, dass mir Eure Schilderung sehr nahe geht.«
Seine Miene verschloss sich wieder, ja, sie wurde abweisend. Heftig stellte er den Weinkelch ab. »Ich brauche Euer Mitleid nicht, Mendari Amadian«, sagte er kalt. »Ich bin ein Herr des Lebens. Mein Bruder versündigte sich an der Schöpfung selbst, die jedes Wesen zu ehren hat. Er starb durch Eure Feuerkraft, die Schmiedekunst Eures Bruders und meine Hand. Was er tat – der Mord an meinem und Eurem Vater, Mendari –, wurde damit angemessen gerächt. Ich kann nicht anders, als Tarinds Tod als gerecht zu empfinden. Die Schuld, die mit dem Tod meines Zwillings einhergeht, wiegt schwer, doch sie ist der Preis dafür, die Gerechtigkeit wiederhergestellt zu haben. Euer … Bedauern ist mir deshalb nicht willkommen.«
Sein Tonfall machte deutlich, dass das Thema für den Fürsten damit beendet war.
Es war Ronan, der es nicht darauf bewenden lassen wollte. »Wie kann es sein, dass Euer Zwilling Dajaram umbrachte?«, warf er lauernd ein. »Euer König beherrschte das Wasser, nicht den Tod oder das dunkle Feuer, von dem Ihr selbst sagtet, es habe Dajarams Seele vernichtet.«
Telarions Blick ging von Sanara hin zu dem Musikanten, und zum ersten Mal sah Sanara ein Gefühl darin. Es war Zorn. Doch sie wusste nicht, woher dieser Zorn rührte. War es Ärger darüber, dass Ronan, ein fahrender Musikant, das Wort an ihn richtete? Oder war es der Umstand, dass er die Worte Telarions anzweifelte?
Die Erwiderung richtete Telarion an Sanara, nicht an Ronan – damit stellte er klar, dass er das Gespräch mit ihr zu führen gedachte und nicht mit einem Musikanten.
»Die Antwort darauf ist unter anderem der Grund, dass der Älteste mich überzeugen konnte, Euch, Dari, trotz unserer Differenzen aufzusuchen«, sagte er.
Der Fürst beugte sich vor und senkte seine Stimme, als wolle er betonen, dass das, was er nun sagte, nicht für Ronans Ohren bestimmt sei.
Unwillkürlich atmete Sanara schneller, als sein Gesicht nicht mehr weit von ihrem entfernt war. »Ich denke, wir beide haben den Augenblick, in dem ich versuchte, Euer Leben den Jenseitigen Nebeln zu
Weitere Kostenlose Bücher