Goldmond
– glaubt Ihr ernsthaft, dass ich jetzt dazu bereit wäre, nur weil Ihr Ys und das, was uns beiden bei ihr geschah, ins Feld führt?« Sie schnaubte. »Ich rate Euch, nehmt es endlich zur Kenntnis, Fürst: Ich bin nicht Eure Sklavin, ich war es nie und werde mich nie freiwillig dazu machen, schon gar nicht zum Schaden meines eigenen Volkes – und für dieses macht es keinen Unterschied, ob es von einer Landarias oder einem Norandar versklavt wird! Geht und verlasst meine Gemächer, denn Ihr seid hier nicht länger willkommen!«
Während ihr Verstand sagte, sie habe recht, schrie ihr Herz auf. Warum nur schlug sie die Gelegenheit aus, dem Geliebten ihrer Seele nahe zu sein?
Kaum hatte sie sich diese Frage gestellt, bereute sie ihre Worte und hätte sie am liebsten zurückgenommen. Doch sie waren ausgesprochen, und während sie, ohne hinzusehen, zu spüren glaubte, wie zufrieden Ronan über der pathi saß, die er scheinbar unbeteiligt mit neuen Saiten bespannt hatte, sah sie zum erstenMal Enttäuschung, ja, Fassungslosigkeit auf dem schönen Gesicht des Fürsten. So als habe er doch eine Hoffnung, eine Bitte vorgetragen, und keine bloße Aufforderung, ihrer Pflicht nachzukommen.
Doch der Moment war schnell vorbei. Seine Miene war wieder von dem gleichen höflichen Ernst, mit dem er seine Worte zu Beginn des Gesprächs gesetzt hatte. Er nickte kurz und erhob sich dann.
»Ich will nicht verhehlen, dass mich Eure Entscheidung enttäuscht, Mendari – so sehr ich wohl zugeben muss, dass sie verständlich ist. Aber ich wünschte, Ihr hättet Eure nur allzu verständliche Abneigung mir gegenüber zugunsten der größeren Sache überwinden können.«
Der Fürst verneigte sich noch einmal kurz in ihre Richtung, dann wandte er sich um und ging, ohne sich noch einmal nach ihr oder Ronan umzusehen.
Sanara schossen die Tränen in die Augen, als die schwere Tür hinter dem Fürsten ins Schloss fiel. Sie selbst hatte ihn fortgeschickt. Und doch waren seine verklingenden Schritte das Traurigste, was sie je vernommen hatte.
Kapitel 3
»Von Beginn an herrschte nur selten Eintracht zwischen den Schöpfergeistern. Während Ys die Harmonie sucht und die Beständigkeit, die Kühle, die die Dinge nur langsam wachsen und sie dauerhafter werden lässt, liebt Syth das Chaos, in dem Neues entstehen, die Wärme, die es wachsen lässt, und die Veränderung, die von Hitze getrieben wird. Ys schuf das Licht, das die Nacht verdrängt, in der die Schatten die Dinge ungehindert vernichten und das so der Zerstörung Einhalt gebietet. Aus den kalten Scherben des Eies, in dem sie und Syth gehaust hatten, bevor ihr Streit es zerstörte, schuf sie die Sterne und goss sie über den Himmel, auf dass das Licht das Land erhelle und sich im Wasser spiegele, sodass sich Leben darin bilde.«
Von der Schöpfung der Welt
Erste Rolle der Schriften des Klosters der Weisen Zwölf
L os! Mach schneller!«
Die Rote Stunde neigte sich ihrem Ende zu, als Githalad von der Anhöhe in die sandige Ebene gestoßen wurde. Die ersten Sterne zeigten sich im Norden über dem Höhenzug, der die Steppe von Entarat von der solifischen Wüste trennte und dessen Ausläufer er und sein Karren hinunterstolperten.
Eine Rute, eine, mit der man unwillige naphti an Pflügen oder Karren antrieb, zischte durch die Luft. Sie landete nicht auf Githalads Rücken. Die Elben, die zur Palastwache des elbischen Königs von Bandothi gehörten, kannten den Schmied, der vom Vogt der Feste Bathkor persönlich ausgewählt worden war, einen Sarkophag und die Totenrüstung für König Tarind herzustellen.
Dem elbischen Soldaten, einem Wassermagier, dessen Haare und Augen beinahe weiß waren, schien es nicht zu gefallen, dass er Githalad nicht angreifen durfte. Schiefe Blicke trafen den Schmied, doch dieser tat, als bekümmere es ihn nicht, dass er sich hier in der Wüste mit einem widerspenstigen naphti herumschlagen musste, statt in der Feste Bathkor weiter in Ruhe und Frieden seiner Arbeit nachgehen zu können.
»Ich sagte, mach schneller, Dunkelzauberer!«
Der Eiselb hob drohend die Rute, doch Githalad begegnete seinem Blick gelassen. Er legte die Hand auf den Rücken des naphtis , als wolle er es vor dem Streich der Rute schützen.
»Lasst das Tier in Frieden«, sagte er dann. »Es tut, was es kann. Es ist ein Tier, das Wälder und Wiesen gewöhnt ist. Jetzt hat es Durst und ist erschöpft, so wie Ihr und ich auch.«
Der Elb knurrte. »Hätte die Königin nicht befohlen, einen
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