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Goldmond

Goldmond

Titel: Goldmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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tief, dass selbst ihrem Verstand klar wurde: Der Wind war gekommen, um zu bleiben.
    Sanara fand in der Nacht keinen Schlaf, immer wieder war ihr, als erfasse sie frischer Wind und wolle sie in unendliche Weiten davontragen. Keine Sekunde verflüchtigte sich der Geruch nach Baumharz, es war, als schüre allein das Wissen, dass der Königsbruder sich im gleichen Gebäude aufhalte wie sie, das Feuer in ihr. Sie war wacher, doch in diese Lebendigkeit mischte sich Angst.
    Als der Morgen graute, kam Ronan, den sie am Abend zuvor weggeschickt hatte. Sie berichtete ihm von dem Gespräch mit dem Ältesten, doch sie ging nicht auf die Sorgen ein, die er angesichts ihrer übernächtigten Miene äußerte.
    Und da war noch mehr. In der Nacht hatte ein Blick zu den Sternen ihr klargemacht, dass ein Teil von ihr hoffte, er wäre aus Liebe gekommen. Weil er es nicht ertrug, von ihr getrennt zu sein – so wie auch sie sich nach ihm sehnte.
    Aber was, wenn er nur hier war, um erneut den Versuch zu unternehmen, sie zu unterwerfen? Der Gedanke war kaum zu ertragen.
    Die Atemübungen, die Ronan ihr gezeigt hatte, halfen zusammen mit dem Feuer nach einer Weile, diese bedrohlichen Gedanken fortzuschieben. Sanaras Herz schlug regelmäßiger, der Atem war nicht mehr zu schnell. Selbst die Angst, die der Heermeister ihr eingeflößt hatte und die nun eins war mit seinem Gesicht, schien sich an den Rand ihres Bewusstseins zurückzuziehen.
    Irgendwann, vielleicht nur ein paar Atemzüge später, vielleicht aber auch eine Ewigkeit, erzitterte die Wand unter einem harten Pochen.
    Sanara zuckte zusammen.
    Ihre Konzentration war auf einen Schlag verschwunden. Die so mühsam aus ihrem Geist verbannte Angst, aber auch die unerträgliche und schändliche Hoffnung darauf, der Fürst sei aus Liebe zu ihr gekommen, war wieder da. Ihr Herz schlug, als habe sie eine Flucht hinter sich. Sie sprang auf.
    Ronan lachte leise und strich ihr über die Wange. »Hab keine Sorge. Das wird der Quartiermeister sein. Wir haben kaum noch Schwarzsteine für das Feuer, und ich hatte ihn gebeten, uns welche bringen zu lassen. Es sollte nicht erlöschen, wenn wir es für magische Zwecke brauchen.«
    Er stand auf und ging zur Tür.
    Sanara sah ihm nicht nach, sondern starrte in die Flammen, deren regelmäßiges Flackern eine Ruhe ausstrahlte, die ihre Seele dankbar aufnahm.
    Doch dann wehte ein kalter Luftzug durch die offene Tür in ihrem Rücken.
    Die Furcht saß so plötzlich wieder in ihrem Nacken, als habe jemand Sanara dort unsanft gepackt. Unwillkürlich sprang sie auf und stolperte beinahe über die letzte Stufe hinab zum Feuer. Sie verlor das Gleichgewicht und wäre ins Feuer gefallen, hätte nicht eine feste Hand nach ihrem Arm gegriffen und den Sturz aufgehalten. Die Finger der Hand waren durch ihre Bluse hindurch so kalt, dass Sanara ein Schauder durchfuhr, als stünde sie in einem Schneesturm. Gleichzeitig umgab der Duft nach verbranntem Yondarharz sie so dicht, als habe Ronan eine ganze Schüssel Räucherwerk auf einmal in die Flammen der Feuerstelle geworfen.
    Die Magie in ihr wirbelte auf, als durchfahre sie ein Feuersturm, von dem sie nicht wusste, ob er aus Eis oder Glut bestand. Sie konnte nicht mehr klar denken, riss sich mit einem leisen Schrei los und trat unwillkürlich einen Schritt zurück. Es dauerte einen Augenblick, bis sie ihre Fassung wiedergewann, und auch ihre Augen und ihr Verstand sahen, was ihr Herz und ihre Magie längst begriffen hatten.
    Vor ihr stand der, der sie und ihre Familie gequält hatte, vor dem sie geflohen war und den ihre Seele doch als Geliebten ersehnte.
    Telarion Norandar.
    Im Gesicht des Fürsten war nicht zu erkennen, was er dachte. Seine ebenmäßigen Züge waren kalt und unbeteiligt wie eh und je, während Sanara glaubte, dass alle Gefühle, die in ihr loderten – Hass, Sehnsucht, Liebe, Wut – abwechselnd über ihre Miene flackerten. Der Elbenfürst sah sie mit so ruhigem Ernst an, dass Sanara sich unwillkürlich fragte, ob sie ihn je hatte lachen sehen.
    Sie konnte sich nicht erinnern. Aber wann hatte auch je ein Mensch den Blick eines Elben wirklich deuten können – er sah sie aus Augen an, die die Farbe von jungem Laub besaßen und eine Pupille hatten, geformt wie ein liegender Arkanuss-Kern. Menschen besaßen runde, dunkle Pupillen, hatten bernsteingelbe Augen wie sie selbst, braune, moor- oder honigfarbene, nicht aber grüne oder blaue mit einem Kern wie aus flüssigem Gold.
    Schon allein daran, wie

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