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Goldstein

Goldstein

Titel: Goldstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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Socken aus dem Schrank, warf sich inden Anzug von gestern Abend, der klamm und lehmverschmiert über dem Stuhl hing, und ging an die Tür. Kirie hatte das Sturmklingeln auch aus dem Schlaf gerissen; der Hund schaute ebenso neugierig wie sein Herrchen auf die Wohnungstür. Charly konnte es nicht sein, die hätte der Hund anders empfangen.
    Und sie war es auch nicht. Als Rath die Tür öffnete, hockte draußen ein Blaumann auf dem Boden, der gerade irgendetwas durch den Briefschlitz werfen wollte. Der Mann im blauen, eingedreckten Overall erschrak, als die Tür sich so plötzlich öffnete, und sprang auf. Dunkle Ränder unter den Augen zeigten, dass er in dieser Nacht zu wenig Schlaf bekommen hatte. In der Hand hielt er einen Schlüssel, der Rath bekannt vorkam.
    »’tschuldigung«, murmelte der Blaumann, »dachte, es wär niemand zuhause, da wollte ich ...« Er hielt Rath den Schlüssel unter die Nase, einen Autoschlüssel. »Ihr Fahrzeug. Sie haben doch viel zu tun, und da dachten wir, bringen wir Ihnen den Wagen gleich vorbei. Wo er doch fertig ist.«
    Rath war sprachlos. Er nahm den Autoschlüssel entgegen und nickte nur. Der Mann trat einen Moment auf der Stelle und hüstelte. »Ähm, das Ersatzfahrzeug – könnte ich das gleich wieder mitnehmen?«
    Rath brauchte einen Moment, bis ihm klar wurde, dass mit Ersatzfahrzeug der Hanomag gemeint war. Er nickte, war sich aber immer noch nicht sicher, ob er wirklich aufgewacht war oder ob das hier nur die Fortsetzung seines Traumes war. »Natürlich«, brummte er und suchte in den Manteltaschen an der Garderobe nach dem Hanomagschlüssel. Der Blaumann nahm ihn in Empfang und verschwand mit einem Tippen an seine ölverschmierte Mütze.
    »Und die Rechnung?«, rief Rath dem Mechaniker hinterher, der schon unten an der Haustür angekommen war.
    »Schicken wir Ihnen zu«, schallte es von unten zurück.
    Rath ging zurück in die Wohnung, die Küchenuhr stand auf kurz nach halb neun. Kein Grund zur Panik; seine Verspätung hielt sich in Grenzen. Er warf einen Blick aus dem Fenster und sah, wie der Mechaniker mit schnellen Schritten den Hof durchquerte. Schien es eilig zu haben, hier wegzukommen. Rath schaute auf den Autoschlüssel und dann zu Kirie.
    »Bell doch mal, damit ich weiß, ob ich wach bin«, sagte er zudem Hund. »Oder sprich mit mir, dann weiß ich, dass ich noch träume.«
    Rath ging ins Bad und warf den Badeofen an, gab dem Hund zu fressen und duschte sich dann mit lauwarmem Wasser die völlig verkorkste Nacht aus den Knochen. Ein einziger sauberer Anzug hing noch im Schrank, der graue musste dringend in die Reinigung; Rath packte ihn ein. Er verzichtete sogar auf einen Kaffee, so eilig hatte er es, auf die Straße zu kommen. Kirie schaute verwundert, normalerweise brachen sie morgens nicht so überstürzt auf. Normalerweise schliefen sie aber auch nicht so lange.
    Vorm Haus parkte tatsächlich ein sandfarbener Buick, dessen Lack derart glänzte, dass Rath seinen alten Wagen auf den ersten Blick gar nicht erkannte. Erst die kleine Macke im Lenkrad überzeugte ihn davon, dass es wirklich seiner war. Er überprüfte den Lack, konnte jedoch keinen Kratzer mehr finden. Und dann die Räder: vier neue Reifen mit dem allerbesten Profil. Rath traute seinen Augen nicht. In der Werkstatt mussten sie mit mindestens drei Leuten eine Nachtschicht eingelegt haben, um das zu schaffen.
    Jedes Mal staunte Rath aufs Neue, wie viel Einfluss Johann Marlow in dieser Stadt zu haben schien. Wer eine Autowerkstatt auf Trab bringen konnte, und das sprichwörtlich über Nacht, der musste wirklich Macht haben. Nichts hatte Rath jemals mehr beeindruckt als der runderneuerte Buick hier vor seiner Haustür, nicht der Luxus, den Marlow sich leistete, nicht die kleine Privatarmee, und auch nicht die Verbindungen in allen Ebenen von Polizei und Magistrat.
    »Verdammt, Kirie«, sagte er zu dem Hund, »vielleicht war es ganz gut, dass Charly heute Nacht nicht bei uns war.«
    Und ob das besser war. Sie hätte Lunte gerochen. Charly wusste nichts von den fünftausend Mark, sie wusste nichts von den gegenseitigen Gefälligkeiten, die ihn mit Doktor M. verbanden, und sie durfte es auch niemals wissen.
    Rath steckte den Schlüssel ins Schloss und drehte ihn – er passte tatsächlich. »Wie es aussieht«, sagte er und öffnete die Autotür, »sind wir wieder komplett. Du, ich und das Auto.« Kirie sprang auf den Beifahrersitz und hechelte erwartungsvoll.

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    D er Mann machte einen verlorenen

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