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Goldstein

Goldstein

Titel: Goldstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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sture Weib! Er schlug mit der Faust aufs Lenkrad, so fest, dass Kirie, die brav auf der Beifahrerseite hockte, vor Schreck zurückzuckte.
    Er stieg aus und nahm den Hund an die Leine. Den nassen, dreckverschmierten Schuh, der seinen Zwilling verloren hatte, entsorgte er in einer der blechernen Mülltonnen. Das Scheppern des Deckels hallte laut im nächtlich stillen Innenhof.
    Leise stieg er die Treppe hinauf, seine nackten Füße klebten am Holz. Im Hinterhaus war alles ruhig, er schien niemanden geweckt zu haben. Umso mehr erschrak er, als das Telefon plötzlich zu klingeln begann, genau in dem Moment, als er die Wohnungstür aufschloss.
    Wer mochte das sein? Ob sie Frieden schließen wollte? Eingesehen hatte, wie blödsinnig ihr Streit doch war? Seine Laune besserte sich schlagartig.
    Er ließ Kirie in die Küche und hängte den Mantel auf, tapste dann über den fußkalten Boden zum Telefon und stellte sich auf den warmen Wohnzimmerteppich.
    Einmal ließ er es noch klingeln, dann hob er ab.
    »Okay, du hast recht, es war keine Schnapsidee«, sagte er, im liebenswürdigsten Tonfall, den er auf die Schnelle hinbekam. »Kann ich doch noch vorbeikommen?«
    »Das wird nicht nötig sein. Ich denke, wir können alles am Telefon besprechen.«
    Eine Männerstimme. Rath brauchte nur eine Sekunde, um zu erkennen, wen er in der Leitung hatte.
    »Wissen Sie, wie unhöflich es ist, um diese Uhrzeit zu telefonieren? Die meisten Menschen schlafen schon.«
    »Melden Sie sich wie verabredet bei mir, dann bin ich nicht gezwungen, Sie zu stören«, sagte Johann Marlow.
    »Bin gerade erst nach Hause gekommen. War noch dienstlich unterwegs.«
    »Sie waren gestern in der Amor-Diele , hat Krehmann erzählt.«
    »Richtig. Habe da interessante Dinge erfahren. Und wundere mich, dass Sie mir gestern nichts davon erzählt haben.«
    » Sie hatten es eilig, aus meinem Auto zu kommen.«
    »Aber Sie wussten schon, dass Ratten-Rudi verschwunden ist ...«
    »Na und? Wahrscheinlich schläft der im Bett irgendeines Mädchens seinen Rausch aus.«
    »Und wer sagt Ihnen, dass das bei Hugo Lenz anders ist?«
    »Das weiß ich einfach.«
    »Haben Sie Goldstein in die Stadt kommen lassen?«
    »Wen?«
    »Ein amerikanischer Auftragsmörder. Die Piraten scheinen gehörigen Respekt vor ihm zu haben. Und glauben, dass die Berolina ihn engagiert hat. Und dass Höller womöglich sein erstes Opfer ist.«
    »Herr Kommissar! Wenn dem so wäre, dann hätte ich es Ihnen längst erzählt. Ich kenne Ihren Goldstein nicht.«
    »Ich wünschte, ich könnte Ihnen glauben.«
    »Warum sollte ich nicht mit offenen Karten spielen? Und damit Ihre Arbeit behindern? Schließlich arbeiten Sie für mich.«
    »Und was, wenn jemand anders einen amerikanischen Gangster anheuert? Jemand, der der Berolina und den Piraten gleichermaßen an den Kragen will?«
    »Kann ich mir nicht vorstellen«, meinte Marlow. »Wer sollte das sein? Wer ist so größenwahnsinnig und nimmt es gleich mit zwei Ringvereinen auf?«
    »Vielleicht sollten Sie darüber einmal nachdenken«, sagte Rath. »Noch etwas: Hugo Lenz hat sich in der Amor-Diele öfters mit einem Mädchen getroffen, hat Krehmann erzählt ...«
    »Kommen Sie in den Venuskeller , und ich kann Ihnen Hugos kleine Freundin heute noch vorstellen.«
    »Jetzt?«
    »Hier fängt der Abend gerade erst an.«
    »Ist ein bisschen ungünstig. Mein Buick ist in der Werkstatt. Und die scheint für die Reparatur ewig zu brauchen.«
    »Welche Werkstatt?« Marlows Stimme klang ganz ruhig und sachlich.
    »In Reinickendorf. Am Arsch der Welt. Und so ähnlich arbeiten die dort auch.«
    »Dann kommen Sie morgen. Sagen wir um zwölf. Um Ihr Auto kümmere ich mich.«
    Marlow hatte aufgelegt. Das war kein Terminvorschlag, das war ein Befehl.
    45
    A ls sie aufwachte, spürte sie gleich wieder die Wut in ihrem Bauch. Die halbe Nacht hatte sie wach gelegen, weil sie ihn zur Hölle wünschte. Und ihn doch am liebsten neben sich im Bett gespürt hätte. Sie stand auf, ging ans Fenster und schaute hinaus. Es dämmerte noch, die ersten Sonnenstrahlen tasteten sich von Osten her zaghaft in die Spenerstraße, ein paar Meter nur, weiter kamen sie nicht. Was für ein trostloser Morgen!
    Viertel nach sieben. Auf dem Nachttisch stand immer noch Gereons Wecker. Mit einem Handwisch fegte sie das Ding beiseite, und es landete mit lautem Scheppern auf dem Dielenboden. Doch auch das half nichts, die Wut wollte nicht weichen; es war einfach zu viel, und sie hatte sich schon allzu lange

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