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Goldstein

Goldstein

Titel: Goldstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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der Häutesalzerei aufgekreuzt war. Um die Pistole war es den Männern nicht gegangen, die hatten sie achtlos liegen gelassen. Seltsam. Bullen hätten so etwas doch eigentlich mitgenommen, oder? Alex hob die Waffe auf. Das schwere, kühle Metall fühlte sich gut an. Sie zog das Magazin heraus. Leer. Aber die dazugehörigen Patronen hatte sie schnell gefunden, die lagen nicht weit entfernt auf dem Boden. Sie musste ein bisschen herumprobieren, dann hatte sie das Magazin bestückt und wieder in die Waffe geklickt.
    Das Geld wollte sie in diesem Chaos lieber nicht liegen lassen, wer konnte sagen, ob es Charlotte dann jemals erreichte? Sie ließ den Umschlag in der Handtasche und packte die Pistole dazu. Konnte nichts schaden, so’n Ding zu besitzen, falls Kralles Bande sie noch mal belästigen sollte. Eine Handtasche war vielleicht nicht die beste Methode, eine Waffe zu tragen, aber an ihrem neuen Sommerkleid gab es nichts, das sich als Waffenholster geeignet hätte.
    Alex wollte die Wohnungstür gerade öffnen, da hörte sie Schritte im Treppenhaus.
    Nein, der alten Schachtel wollte sie jetzt nicht in die Arme laufen, und auch sonst niemandem. Und erklären, warum sie aus einer Wohnung kam, wo gerade niemand zuhause war.
    Sie blieb dicht an der Tür stehen und lauschte. Da kam jemanddie Treppe hoch. Schwere Schritte. Keine Frau, ein Mann. Noch ein Moment, dann wäre er vorüber, und sie hätte freie Bahn.
    Die Schritte näherten sich der Wohnungstür, und Alex wich unwillkürlich ein paar Meter zurück, auf Zehenspitzen.
    Und dann klingelte es. Alex machte keinen Mucks, versuchte, die Luft anzuhalten und nicht zu atmen.
    Es klingelte noch einmal. Nun geh schon, dachte sie, hau endlich ab! Niemand zuhause, merkst du das denn nicht?!
    Und dann hörte sie, wie ein Schlüssel ins Schloss gesteckt wurde, und ihr blieb beinahe das Herz stehen. Hektisch fummelte sie nach der Pistole in ihrer Handtasche, bekam sie gefasst, suchte den Sicherungshebel und hatte sie gerade in Anschlag gebracht, als sich die Tür öffnete und ein Mann im Türrahmen erschien. Ohne dass sie etwas sagen musste, hob er die Hände, kaum hatte er sie erblickt.
    Er hatte mit allem Möglichen gerechnet, aber nicht damit. Da stand ein Mädchen in der Diele und zielte mit einer kleinen Taschenpistole auf seine Brust. Und in der Wohnung sah es aus, als habe eine Bombe eingeschlagen. Das Mädchen sagte kein einziges Wort.
    »Was soll das denn werden?«, fragte er.
    Das Mädchen schwieg. Sie zielte weiter auf ihn, mit der Pistole und mit ihrem misstrauischen Blick. Wie ein in die Enge getriebenes Raubtier. Rath hatte sie sofort erkannt. Die falsche Haarfarbe konnte ihn nicht täuschen, auch nicht das adrette Sommerkleid.
    »Du bist Alex, nicht wahr?«
    Ein vorsichtiges Nicken war die Antwort. Sie ließ ihn nicht aus den Augen.
    »Charly hat mir von dir erzählt.«
    »Charly?«
    Na endlich sprach sie mit ihm. Die Pistole allerdings hielt sie immer noch im Anschlag. Rath überlegte, ob er an seine Walther kommen könnte. Aussichtslos. Er musste reden.
    »Charlotte Ritter. Die Frau, die hier wohnt«, sagte er und lächelte, obwohl ihm nicht danach zumute war.
    »Ach so.« Alex nickte.
    Rath hielt die Hände weiter in die Höhe und zeigte mit dem Kinn auf die Pistole. »Muss das wirklich sein?«, fragte er.
    Sie überlegte einen Moment, dann ließ sie die Waffe sinken. »Nein«, sagte sie. »Ich dachte nur, dass ...«
    Weiter kam sie nicht. Rath hatte sich mit einem Hechtsprung auf sie gestürzt, mit beiden Händen nach ihrer Schusshand gegriffen und der kleinen Pistole. Es stellte sich schwerer heraus als gedacht, ihr das kalte Metall aus der Hand zu winden. Er spürte, wie das Biest nach ihm trat und schlug, doch er steckte die Schläge ein, bis er die Waffe sicher hatte. Er ließ sie über den Dielenboden bis in die Küche schliddern, wo sie unter dem Tisch liegen blieb. Dann kümmerte er sich um das Mädchen, hielt ihre Arme fest und versuchte, ihre tretenden und zappelnden Beine mit seinem Gewicht unten zu halten. Es war ein ungleicher Kampf, und er war schnell entschieden.
    »So«, sagte er, ein wenig außer Atem, »und nun erzählst du mir mal in aller Ruhe, was du in dieser Wohnung suchst und warum du mich mit einer Pistole bedrohst.«
    »Arschloch«, sagte Alex und spuckte nach ihm. Rath wich rechtzeitig aus.
    »Verdammt, Mädchen«, sagte er, »ich habe heute schon genug Ringkämpfe hinter mir. Sollen wir das hier friedlich zu Ende bringen, oder soll

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