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Goldstein

Goldstein

Titel: Goldstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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ich die nächsten drei Stunden auf dir hocken bleiben?«
    Ihre Augen gifteten ihn an. »Friedlich«, sagte sie schließlich.
    Rath stand auf und hielt sie dabei genau im Blick, doch sie machte keine Anstalten mehr, nach ihm zu schlagen oder zu treten oder zu spucken. Er nahm ihre Handtasche an sich, die bei ihrer Rangelei auf den Boden gefallen war.
    Alex stand auf und hielt sich die schmerzende Hand.
    »Tut mir leid, Mädchen«, sagte Rath, »aber mit so etwas musst du rechnen, wenn du jemanden mit so einer Knarre bedrohst. Das ist kein Spaß.«
    »Das weiß ich selbst, dass das kein Spaß ist. Das ganze Leben ist kein verdammter Spaß!«
    »Das meiste im Leben ist es wirklich nicht, da hast du wohl recht.« Rath musste grinsen. »Was machst du hier? Wo ist Charly?«, fragte er und klickte ihre Handtasche auf.
    »Dasselbe könnte ich Sie fragen.«
    »Ich bin ihr ... Verlobter.« Rath räusperte sich.
    »Und was machen Sie jetzt?«, fragte Alex. »Gehen Sie zu den Bullen?«
    »Nicht nötig«, sagte Rath, »ich bin Bulle.«
    Er hatte das beiläufig gesagt, merkte jedoch, wie sie zusammenzuckte. Und Richtung Ausgang schielte, als wolle sie jeden Moment verduften.
    »Keine Sorge«, sagte Rath schnell. »Ich bin einer von den guten. Du hast nichts von mir zu befürchten. Charly hat mir alles von dir erzählt, das im KaDeWe mit diesem Schupo und so ... Tut mir leid, das mit deinem Freund.«
    Während er mit ihr sprach, hatte Rath in der Handtasche gewühlt und einen Satz Sperrhaken ans Tageslicht befördert. Mit seinem Mitleid war es schlagartig vorbei.
    »Ein Dietrich«, sagte er. »Bist du hier eingebrochen?«
    »Muss ich wohl, wenn niemand da ist. Oder glauben Sie, ich kann durchs Schlüsselloch kriechen?«
    »Hast du das Chaos hier angerichtet?«
    »Ich habe nichts geklaut!«
    »Und was ist das hier?« Rath zeigte ihr einen Briefumschlag, aus dem er ein gutes Dutzend Zehnmarkscheine fischte.
    »Das wollte ich zurückbringen. Ich hatte mir Geld geliehen. Von Ihrer Verlobten.«
    Rath schüttelte ungläubig den Kopf.
    »Wenn Sie mir nicht glauben, schauen Sie doch nach. Da ist noch ein Brief in dem Umschlag.«
    Rath überflog das Schreiben. Vielen Dank für alles , stand da. Tut mir leid mit dem Geld. Ich habe es zufällig gefunden und ausgeliehen, weil ich es brauchte. Ich hoffe, das reicht als Wiedergutmachung. Entschuldigung.
    »Soso, ausgeliehen«, sagte Rath.
    »Hauptsache ist doch, ich zahle meine Schulden zurück. Ihnen gehört das Geld jedenfalls nicht. Stecken Sie es bitte wieder in den Umschlag und geben Sie mir meine Tasche.«
    Eine große Klappe hatte sie, keine Frage. Und irgendwie hatte sie wohl auch recht. Rath packte den Geldumschlag in die Handtasche und gab sie ihr zurück.
    »Jetzt erzähl mir doch mal in aller Ruhe, was hier passiert ist.«
    »Woher soll ich das wissen? Bin doch selbst erst seit ein paar Minuten hier. Und da sah es schon so aus wie jetzt.« Sie schaute nachdenklich. »Vielleicht haben ja die Männer etwas damit zu tun.«
    Rath spürte, wie irgendwo in seinem Inneren eine Alarmglocke schrillte, doch er bemühte sich, ruhig zu bleiben. »Welche Männer?«, fragte er.
    »Ihre Freundin ist mit ein paar Männern weggegangen, mehr weiß ich auch nicht.« Alex zuckte die Achseln. »Fragen Sie die Frau. Ihre Nachbarin. Die hat sie gesehen.«
    »Frau Brettschneider?«
    »Keine Ahnung, wie die heißt. Die von gegenüber.«
    »Frau Brettschneider.« Rath seufzte. »Was hat sie genau beobachtet?«
    »Die hat nur gesagt, dass Fräulein Ritter vor ein paar Minuten fortgegangen wäre. In Begleitung einiger Herren , hat sie gesagt, mehr nicht.«
    Die Alarmglocke schrillte immer lauter, doch Rath sagte nichts. Den schlimmen Verdacht behielt er für sich. Der Verdacht, dass er selbst, Gereon Rath, schuld daran war, dass Charlotte Ritter jetzt in Schwierigkeiten steckte.
    Er stürzte aus der Wohnung, stellte sich auf die Fußmatte gegenüber und drückte den Klingelknopf, unter dem Irmgard Brettschneider stand. Nie hätte er gedacht, dass er das einmal tun würde. Er klingelte Sturm, aber in der Wohnung rührte sich nichts.
    »Da könnense lange klingeln, die ist nicht zuhause.« Er drehte sich um. Alex stand hinter ihm, die Handtasche geschultert. »Ist eben aus dem Haus. Schätze, die macht gerade ihren Sonntagsspaziergang oder so was.«
    Rath nickte. So langsam beruhigte er sich wieder. Vielleicht fand sich für alles ja eine ganz normale Erklärung. »Wohin willst du?«, fragte er das Mädchen, das

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