Goldstein
zuckte Kronberg nun entschuldigend mit den Schultern. »Ich möchte dem Gerichtsmediziner nicht vorgreifen«, sagte er schnell, »aber wenn ich die Verletzungen richtig deute, handelt es sich bei der Mordwaffe um ein Messer oder einen Dolch. Eine Stichwaffe jedenfalls.«
»Haben Sie die gefunden?«
Kronberg schüttelte den Kopf. »Wir suchen noch danach, aber wahrscheinlich hat der Täter sie mitgenommen. Oder irgendwo in die Panke geworfen oder sonstwohin. Aber ...« Wieder machte er sein oberschlaues Gesicht.
Böhm verdrehte die Augen. »Was aber? Kommen Sie doch mal zur Sache!«
»Ich kann Ihnen dennoch sagen, was für eine Stichwaffe es war«, sagte Kronberg und guckte triumphierend. »Ein Grabendolch aus dem Weltkrieg, aller Wahrscheinlichkeit nach.«
»Und wie kommen Sie darauf?«
»Kommen Sie mit, ich zeige es Ihnen.«
Sie kehrten zum Gebüsch mit der Leiche zurück. Böhm schaute sich die blutgetränkte Hemdbrust genauer an. Das waren tatsächlich Stich- und Schnittwunden. Kronberg deutete auf das Koppel, das der Mann trug und auf eine leere Messerscheide, die daran baumelte. »Das hatte so ungefähr jeder Frontsoldat«, sagte er. »Da gehört normalerweise ein Grabendolch hinein. Viele SA-Leute tragen noch ihre Waffen aus dem Krieg.«
»Aber der Mann ist doch viel zu jung, der war doch nicht im Krieg.«
Kronberg zuckte die Achseln. »Vielleicht hat er den ja von seinem Vater geerbt. Jedenfalls gehört diese Scheide zu einem Grabendolch, hundertprozentig.«
»Das heißt ...«
Kronberg nickte. »Ja. Aller Wahrscheinlichkeit nach wurde der Mann hier mit seiner eigenen Waffe abgestochen.«
»Also, ich würde sagen, da ist eine Schlägerei aus dem Ruder gelaufen«, meldete sich Grabowski, der gerade dabei war, den verletzten Fuß zu fotografieren. »Haben Sie schon gesehen?« Der Kriminalassistent deutete auf die rechte Hand des Toten. Die umfasste einen Schlagring.
Böhm kam um ein weiteres anerkennendes Brummen nicht herum.
»Aber wenn ich die bisherigen Erkenntnisse der Spurensicherung richtig interpretiere«, sagte er, »dann hat sich diese Schlägerei nicht hier abgespielt.«
Kronberg nickte und führte den Oberkommissar zu der Wiese, auf der man das Projektil gefunden hatte. Auch hier suchten Erkennungsdienstler überall nach Spuren. Die ersten Spaziergänger kamen durch den Park und beobachteten die Polizisten neugierig. Wenigstens blieben sie auf dem Weg und störten nicht.
»Wir sollten hier auch absperren«, meinte Böhm dennoch.
Kurz darauf zwangen zwei Schupos die Passanten auch im Park zu Umwegen.
Die meisten Spuren waren in der Mitte der kleinen Lichtung zu finden, die ringsum von Gebüsch und Bäumen umstanden war. Nur an einer Seite führte der Kiesweg direkt an der Wiese vorbei.
»Hier scheint eine Art Kampf stattgefunden zu haben«, sagte Kronberg und deutete auf die Stelle. »Hier häufen sich die Fußabdrücke. Ein paar Leute scheinen auch gestürzt zu sein. Und wir haben Blut im Gras gefunden. Eine Blutspur von hier bis zur Kirche.«
»Herr Kriminalrat!«
Kronberg schaute sich um. Einer seiner Mitarbeiter schien etwas gefunden zu haben. Böhm und der ED-Chef gingen hinüber und schauten sich an, was der Mann gerade aufgehoben hatte und ihnen nun mit einer Pinzette präsentierte.
Eine Zigarettenkippe, noch feucht vom Frühtau. CAMEL stand in großen Buchstaben auf dem Papier.
»Wer raucht denn so was?«, fragte Böhm.
Der Spurensicherer hob die Schultern. »Nicht allzu viele Leute, hoffe ich. Bei einer Juno hätte ich Sie nicht gerufen.«
Böhm nickte nachdenklich.
Sie gingen zurück zur Kirche, und diesmal schaute der Oberkommissar auf die Uhr. Keine Minute brauchte man für die Strecke. Mit zerschossenem Fuß vielleicht ein wenig länger.
Inzwischen war auch Doktor Schwartz eingetroffen.
»Fertig mit Fotografieren?«, fragte Böhm seinen Kriminalassistenten, der das Kamerastativ bereits zusammenfaltete.
Grabowski nickte. »Hab dem Doktor das Feld schon überlassen.«
»Schön«, sagte Böhm, »dann habe ich eine neue Aufgabe für Sie. Überprüfen Sie doch bitte, welche Tabakwarenhandlungen in Berlin die Marke Kamel verkaufen.«
»Kämmel«, verbesserte Grabowski, »das wird Kämmel ausgesprochen. Ist ’ne amerikanische Marke.«
»Halten Sie mir keine sprachwissenschaftlichen Vorträge, machen Sie sich an die Arbeit! Packen Sie die Kamera in den Wagen und nehmen Sie die nächste Bahn zum Alex. Hier brauche ich Sie vorerst nicht mehr.«
Grabowski schien noch
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