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Goldstein

Goldstein

Titel: Goldstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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Gäste belästigt. Provokationen, die in dem bedauernswerten Drogenhändler gipfelten, der mit seinem Rückgrat auf einer Kellertreppe gelandet war. Dass vor knapp einer Woche ein neues Wettbüro der Nordpiraten an der Greifswalder Straße in Flammen aufgegangen war, wurde gemeinhin als Antwort der Berolina angesehen, auch wenn niemand das beweisen konnte, weder Polizei noch Piraten. War der tote Hehler nun die Antwort der Piraten auf das verwüstete Wettbüro? »Sollte Kallweit tatsächlich das erste Todesopfer eines Bandenkrieges sein«, sagte Böhm, »dann steht zu befürchten, dass die Dinge bald eskalieren.«
    »Am besten alle wegsperren«, rief einer, »dann kann auch nichts eskalieren.«
    Der Zwischenrufer erntete zustimmendes Gemurmel.
    »Richtig«, meinte ein anderer. »Wir kennen doch so gut wie alle Mitglieder der Ringvereine. Warum stecken wir die Herren nicht einfach hinter Schloss und Riegel und haben wieder Ruhe auf unseren Straßen?«
    »Das sollte man dann gleich auch mit den Kommunisten machen«, rief ein dritter, »einfach einsperren, dann können die auch keinen von uns mehr abknallen auf offener Straße!«
    »Ruhe, meine Herren!« Gennat, der bislang geschwiegen hatte, war aufgestanden und wedelte beschwichtigend mit den Händen. »Ruhe bitte!« Der Kriminalrat konnte erstaunlich laut werden.
    Das Gemurmel verebbte.
    »Sie wissen ganz genau, warum wir das nicht machen können«, sagte der Buddha, »Leute einsperren, nur weil wir glauben, sie könnten Verbrechen verüben. In Preußen wird nur derjenige ins Gefängnis gesperrt, der einer Straftat überführt und rechtskräftig verurteilt worden ist, sonst niemand! Es gibt keine prophylaktische Haft, und das ist auch gut so, ansonsten nämlich wären Missbrauch und Willkür Tür und Tor geöffnet. Wir leben in einem Rechtsstaat, meine Herren, und Sie ...« Gennat machte eine Pause und schien wirklich jedem im Saal in die Augen zu schauen. »... Sie sind ein Teil der ausführenden Gewalt dieses Rechtsstaates, nicht mehr. Aber, und das betone ich, auch nicht weniger.«
    Der Buddha hatte den Saal wieder im Griff. »Wenn es denn so ist, wie der Kollege Böhm vermutet«, fuhr er fort, »und wir es mit dem ersten Toten eines Unterweltkrieges zu tun haben, dann werden wir alles tun, um zu verhindern, dass es weitere Tote gibt. Mit den Mitteln, die uns der Rechtsstaat an die Hand gibt.«
    »Meinetwegen muss es nicht bei einem Toten bleiben«, zischteder Beamte neben Rath. Laut zu sprechen wagte er nicht, so viel immerhin hatte Gennats Moralpredigt bewirkt. »Sollen sich die Schweine doch gegenseitig umbringen.«
    Es klopfte an der Tür. Kriminalassistent Grabowski steckte seinen Kopf in den Saal.
    »Herr Kriminalrat«, sagte er, »entschuldigen Sie die Störung. Aber wir haben einen Leichenfund. Am Humboldthain.«
    35
    D as Mordauto parkte an der Brunnenstraße, genau vor der Himmelfahrtkirche, deren spitzer Turm am Humboldthain in den Himmel ragte. Der auffällige Wagen zog viele Schaulustige an. Etwas, das Wilhelm Böhm überhaupt nicht leiden konnte. Der Oberkommissar schnauzte den erstbesten Schupo an und befahl ihm, den Gehweg vor der Kirche komplett zu sperren. »Die Leute sollen gefälligst die andere Straßenseite benutzen, dann stören sie uns auch nicht bei der Arbeit!«
    »Aber ... die Leiche liegt hinter der Kirche ...«
    Ein böser Blick reichte, und der Schupo tat wie geheißen, trommelte ein paar Männer zusammen und sperrte mit ihnen den Gehweg ab. Die Passanten murrten zwar, als die Blauen sie aufforderten, die Straßenseite zu wechseln, aber sie gehorchten. Der Oberkommissar ließ ein zufriedenes Brummen hören, dann winkte er Christel Temme, der Stenotypistin, und ging mit ihr um die Kirche herum. Der Erkennungsdienst war bereits in Aktion, es sah aus, als würden erwachsene Männer Ostereier suchen. Und das größte Osterei schien sich in einem Gebüsch zu verbergen, vor dem gleich zwei Erkennungsdienstler standen und ein Uniformierter.
    Böhm ging hinüber zu dem Schupo, der zackig salutierte, als er den Dienstausweis der Kriminalpolizei erkannte.
    »Oberwachtmeister Rometsch, fünfzigstes Revier; zu Diensten, Herr Oberkommissar.«
    Böhm nickte und schaute auf die Sträucher, die nur wenige Meter vom Chor der Kirche entfernt gepflanzt worden waren, um denBeginn des Parkgeländes anzuzeigen. Hinter einem dichten Ginsterbusch lag der Tote. Ein Uniformierter mit Hakenkreuzbinde, wie Böhm missgelaunt registrierte. Sah ganz nach einem

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