Goldstück: Roman (German Edition)
Studio abgebrannt?« Ein Kichern erklingt, aber mir ist gerade nicht so wirklich nach Witzchen zumute.
»So ähnlich«, knurre ich. »Roger hat mir heute ein, wie er sagte, sensationelles Angebot gemacht.«
»Hat er das?«, fragt Nadine nach. »Aber doch wohl nicht die Sache mit der Umsatzbeteiligung, oder?«
Ich bin einen Moment sprachlos, Nadine wusste davon? »Wieso?«, frage ich. »Hat er dir davon erzählt?«
»Nein«, kichert sie, »aber seit das mit dem Jahrhundertsommer gestern im Radio und heute in der Zeitung war, ist er wohl ganz panisch. Hat mich heute früh zu Hause angerufen und mir den Vorschlag gemacht. Aber da hab ich ihm gleich einen Vogel gezeigt, ich arbeite nicht für umme. Da kann er sich ’ne andere Blöde suchen.«
»Äh, nee, genau«, stammle ich, »wir lassen uns doch nicht für dumm verkaufen.«
»Da bin ich ja erleichtert, dass du das genauso siehst. Ich wollte mich eigentlich noch bei dir melden und dich vorwarnen, aber dann war ich den ganzen Tag mit Ralf unterwegs und hab’s total verschwitzt. Weißt du, unsere Waschmaschine ist
kaputt, und wir haben uns nach einer neuen umgesehen, ist gar nicht so einfach, da was Gutes …« Sie unterbricht sich. »Ist ja auch egal, jedenfalls dachte ich mir schon, dass Roger dir auch mit dieser Idee kommt, und hatte dich eigentlich anrufen wollen. Bloß gut, dass du ein bisschen Ahnung von Verträgen hast und ihm nicht auf den Leim gegangen bist. Vielleicht sollten wir aber noch schnell Petra und Sophie antickern, falls er das bei allen Aushilfen versuchen will?«
»Ja«, stimme ich ihr zu und merke, wie ich kurz davor bin, in Tränen auszubrechen. »Das sollten wir tun. Übernimmst du das?«
»Klar«, antwortet Nadine, »kein Problem, ich kümmere mich drum.«
»Gut«, ich räuspere mich, um den Frosch in meinem Hals zu verjagen, »dann wünsch ich euch noch einen schönen Abend.«
»Dir ebenfalls!« Sie kichert noch einmal. »Echt ein Mistkerl, unser Chef, oder?«
»Hm.« Ich muss sofort auflegen, länger halte ich dieses Gespräch nicht mehr durch. »Dann mach’s gut.« Klick. Einen Moment lang bleibe ich regungslos neben dem Telefon stehen. Habe ich gestern nicht noch gedacht, ich könne mich nicht schlechter fühlen? Ein Irrtum. Selbst Nadine mit ihren aufgeklebten Glitzerfingernägeln hat mehr Verstand in der Birne als ich. Das ist der absolute Tiefpunkt, eine Bankrotterklärung an mich selbst.
Mit schlurfenden Schritten gehe ich zurück in Richtung Küche, werde aber vom Klingeln des Telefons gestoppt. Mit einem Satz bin ich wieder neben der Station und reiße das Mobilteil hoch. Roger, die Sau! Dass er tatsächlich den Mut hat, mich sofort zurückzurufen, wundert mich beinahe – aber ich bin gerade in der richtigen Stimmung, um ihn fertigzumachen.
»Ja?«, belle ich in den Hörer. Es knackt und rauscht, dann erklingt eine männliche Stimme. Allerdings nicht Rogers.
»Hallo, Maike«, kommt es sanft zurück. »Ich bin’s. Gunnar.«
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6. Kapitel
H allo?«, frage ich nach, weil ich für den Bruchteil einer Sekunde mehr als perplex bin. Gunnar? Wieso ruft der denn hier an? Mit jedem hätte ich gerechnet, aber nicht mit meinem Ex-Freund.
»Ja, ähm, Maike, wie geht’s?«
Ich gebe mir Mühe, meinen Puls augenblicklich runterzufahren und meiner Stimme einen freundlichen Klang zu geben. Ausgerechnet jetzt, in einem Moment, in dem ich töten könnte, meldet Gunnar sich bei mir? Das darf doch wohl nicht wahr sein! »Äh, danke, ganz gut.«
»Tut mir leid, dass ich so spät noch anrufe, ich hoffe, ich habe dich nicht geweckt.«
»Nein, nein, ist schon okay, du weißt doch, dass ich nie so früh ins Bett gehe.« Und dann sprudelt es einfach nur so aus mir heraus, ohne dass ich etwas dagegen tun kann. Vielleicht sind es meine aufgepeitschten Emotionen wegen Roger, vielleicht die Überraschung, Gunnar an der Strippe zu haben, aber egal, was es ist – ich kann es nicht stoppen. »Das ist ja schön, dass du dich meldest. Weißt du, ich musste so viel über uns nachdenken, und mir ist klar, dass ich viele Fehler gemacht habe. Das wollte ich dir die ganze Zeit schon sagen, aber ich wusste einfach nicht, ob ich dich noch einmal anrufen kann oder ob du dann gleich auflegst. Umso mehr freue ich mich, dass du dich jetzt bei mir meldest, weil, weil, weil …« Ich komme ein wenig ins Stocken, gleichzeitig überspült mich eine heiße Welle aus purem Glücksgefühl. War ich eben noch stocksauer auf Roger? Was soll’s?
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