Goldstück: Roman (German Edition)
Wünsch-dir-was-Kram war jedenfalls ein voller Reinfall, so viel steht mal fest«, meine ich, als Kiki und ich ein paar Minuten später im Wohnzimmer sitzen und uns zuprosten. »Viel mehr hätte dabei nicht in die Hose gehen können.«
»Das ist wohl wahr.« Nachdenklich nimmt sie einen Zug von ihrer Zigarette. »Aber trotzdem verstehe ich das nicht ganz. Bei mir hat es immer ganz gut funktioniert.«
»Wahrscheinlich, weil bei dir IMMER alles funktioniert. Und bei mir eben nie.«
»Quatsch«, wehrt Kiki ab, »das liegt doch nicht an dir! So läuft das mit dem Gesetz der Anziehung nicht. Du musst … na ja, vielleicht hast du irgendwas falsch gemacht?«
»Was soll ich denn da falsch gemacht haben? Ich habe ganz genau aufgeschrieben, was ich will, nämlich eine bessere Bezahlung und mit Gunnar wieder zusammenkommen und nach Venedig fliegen. Schon fast ein bisschen sarkastisch, dass genau das Gegenteil davon herausgekommen ist.«
»Hm.« Kiki überlegt einen Moment. »Darf ich mal in dein Wunschbuch gucken?«
»Wieso? Weil du glaubst, dass ich sogar zu dämlich bin, um genau aufzuschreiben, was ich gern hätte?«
»Natürlich nicht! Aber ich wüsste gern, ob da vielleicht doch etwas falsch gelaufen ist. Nur so zur Sicherheit, meine ich.«
»In Ordnung«, sage ich ergeben und stehe auf. »Ich hole es, ist in meiner Handtasche im Flur.«
»Dann lass mal sehen«, sagt Kiki, als ich wieder neben ihr sitze und ihr mein Wunschbuch in die Hand gedrückt habe. Sie schlägt die erste Seite auf und betrachtet interessiert meine Wünsche. »Ah, verstehe«, murmelt sie vor sich hin.
»Was verstehst du?«, will ich wissen. »Hab ich das jetzt genau so aufgeschrieben, wie ich es mir wünsche, oder nicht?«
»Im Prinzip schon.« Meine Cousine blickt zu mir auf.
»Was soll das heißen, im Prinzip?«
»Na ja, du hast geschrieben: Mit sieben Euro fünfzig die Stunde bin ich nicht einverstanden, für so wenig arbeite ich in Zukunft nicht mehr. Und: Gunnar ruft an und will mich sehen. Er möchte nach Venedig, aber nicht ohne mich «, liest sie meinen Eintrag vor.
»Ja, genau das habe ich geschrieben«, bestätige ich. »Weil das genau die Dinge sind, die ich mir gewünscht habe – was soll daran schon falsch sein?«
»Äh«, setzt Kiki an, »habe ich dir nichts davon erzählt, dass Verneinungen nicht verstanden werden?« Sie kaut auf ihrer Unterlippe, als wäre ihr gerade etwas sehr unangenehm.
»Wie? Was soll das heißen, Verneinungen werden nicht verstanden?«
»Tut mir leid, aber das hatte ich ganz vergessen. Wenn du dir etwas wünschst, ist es wichtig, dass du es POSITIV formulierst.«
»Ist doch positiv, wenn Gunnar mit mir verreisen will!«
»Sicher, das ist es. Aber es kommt darauf an, wie du es aufschreibst.«
»Also, langsam kommt mir diese ganze Wunschgeschichte doch recht kompliziert vor«, werfe ich ein.
»Das ist sie gar nicht«, widerspricht Kiki und zündet sich noch eine Zigarette an. »Du musst dabei bloß bedenken, dass Wörter wie ›nicht‹ oder ›kein‹ nicht gehört werden.« Ich werfe Kiki einen verständnislosen Blick zu.
»Sorry, ich glaube, dafür brauche ich mal ein Beispiel.«
»Also, wenn du schreibst: ›Mit sieben Euro fünfzig pro Stunde bin ich nicht einverstanden‹ – dann wird das ›nicht‹ ignoriert. Dann heißt es …«
»Mit sieben Euro fünfzig bin ich einverstanden«, vervollständige ich Kikis Satz.
»Exakt.«
»Das heißt dann also«, sage ich und merke, wie ich gerade ziemlich wütend auf meine Cousine werde, »dass ich, was Gunnar betrifft, geschrieben habe: Er will nach Venedig, aber ohne mich.«
»Also«, Kiki kichert, »genau genommen ja.«
Ich starre meine Cousine böse an. »Super!« Mit einer wütenden Handbewegung schnappe ich nach meinem Weinglas und stürze den Inhalt in einem Zug hinunter. »Du bist echt ein Spitzencoach! Verschweigst mir das Wichtigste, und ich wünsche mir doch glatt das Gegenteil!«
»Aber du hast doch eh nicht daran geglaubt«, gibt Kiki etwas schmollend zu bedenken.
»Och, da kann ich dich beruhigen: Spätestens jetzt glaube ich dran!«
»Echt?«
»Na, wenn das hier nicht der Beweis ist – dann weiß ich auch nicht.«
»Das ist doch klasse!« Sofort ist meine Cousine wieder die Selbstsicherheit in Person.
»Was soll daran schon klasse sein?«
»Na, nachdem wir auch noch diese eine Feinheit geklärt haben, kannst du es doch gleich wieder versuchen!«
Ich werfe ihr einen ungläubigen Blick zu. »Du denkst doch wohl
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