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Golem - Golem - Genome, Inc.

Titel: Golem - Golem - Genome, Inc. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Delaney
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Bankern beschäftigten sich die Genico-Mitarbeiter in der 90. Etage mit Fragen der sozialen Verantwortung ihres Unternehmens. Hier wimmelte es von ehemaligen Friedenskorpsmitgliedern, Vegetariern und Ökofreaks, die zu Fuß zur Arbeit gingen, ausschließlich Biotreibstoff tankten, Geld an Greenpeace spendeten und Jute statt Plastik verwendeten.
    Hier arbeitete Roosevelt.
    »Hi, Süßer«, sagte Cindy Smith, die für die Organisation der Abteilung verantwortlich war, als Roosevelt sein Fahrrad aus dem Aufzug schob. Cindy hatte ihren Abschluss in Vassergemacht. Sie liebte Solartechnik, war Veganerin, praktizierte Yoga und schrieb in ihrer Freizeit eine wöchentliche liberale Kolumne für die New York Daily News .
    »Was ist da unten passiert?«, fragte sie. »Wir haben eine schwere Explosion gehört. Die Leute haben Angst.«
    »Sieht nach einem weiteren Bombenanschlag aus.«
    »Wie schrecklich! Ist jemand verletzt worden?«
    »Ich glaube nicht«, antwortete Roosevelt. »Müsste aber bald in den Nachrichten gebracht werden.«
    »Dein Bruder sucht nach dir.« Cindy verdrehte die Augen. »Er will dich im Sündenpfuhl sehen.«
    »Wo?«
    »In seinem Büro.«
    »Danke«, sagte Roosevelt, ohne den Köder zu schlucken. »Vielleicht sollte ich ja mal versuchen, da unten einen Job zu ergattern. Die Bezahlung ist ziemlich gut, hab ich gehört.«
    Cindy blickte traurig drein. »Solltest du uns jemals verlassen, würde ich deine Habseligkeiten in meinen Schrank sperren und sie einmal in der Woche hervorholen, um mich deiner zu erinnern.«
    Roosevelt wusste, wie die meisten seiner Kollegen im 90. Stock über seinen Bruder und die anderen Händler eine Etage tiefer dachten. Doch ohne Saxton und die anderen Schlipsträger im 89. gäbe es kein Genico, und ohne Genico gäbe es keine Firmenabteilung für Soziale Verantwortung, und ohne diese Abteilung würden Cindy und die anderen von einem Gelegenheitsjob zum nächsten hetzen oder weiter bei ihren Eltern wohnen und von einem Rucksackurlaub in Thailand träumen.
    Roosevelt wusste, dass Gier die Antriebskraft für die Arbeit eine Etage unter ihnen war. Aber er war Realist. Gutes zu tun kostete Geld. Unten angekommen, hielt Roosevelt sich instinktiv die Ohren zu, um sie vor dem Höllenlärm zu schützen. Dass draußen gerade eine Bombe hochgegangen war, kümmerte hier niemanden. Hier nahm alles seinen Fortgang, als wäre nichts geschehen. Broker riefen in ihre Headsets, während überall in dem riesigen Raum Zahlenkolonnen über Großbildschirme glitten. Assistenten huschten von einem Tisch zum anderen und überbrachten Anweisungen, während die Fotokopierer unablässig ratterten und Telefone klingelten. Auf einem Tisch an der hinteren Wand stapelte sich Essen, von Bagels über frisches Obst bis hin zu Fleischbällchen, angerichtet von Servicemitarbeitern in gestärkten weißen Hemden. Gleichzeitig beantwortete eine wunderschöne Empfangsdame Anrufe und leitete Besucher in den Wartebereich weiter.
    Es war überwältigend.
    Hier schlug das wahre Herz der Genetic Samp Exchange, der Genbörse, kurz GSE.
    Der New Yorker Aktienbörse nachempfunden, wurden an der GSE Heilmittel gehandelt wie Aktien an der Wall Street. Beim Genhandel drehte es sich im Wesentlichen um den An- und Verkauf von Genproben, kurz »Samps« genannt, nach dem englischen »sample«, »Probe«. Jedes Samp entsprach dabei einer Aktie, und der Preis stieg und fiel je nach Marktlage. Der Unterschied war, dass ein Samp keinen Anteil an einem Unternehmen darstellte, sondern eine gewisse Menge an genetischer Information.
    Dabei konnte man ein Samp im wörtlichen Sinne gegen eine Einzeldosis eines genetischen Heilmittels eintauschen. Sie sterben an Lungenkrebs? 100 Samps von Rivolan Pharmaceuticals neuer Genbehandlung zu 77 Dollar pro Samp, und Sie sind gerettet. Als Bluter geboren? 75 Samps von GeneSplices neuem HMC-5200 zu 43 Dollar pro Samp, und das Problem hat sich erledigt.
    Das Marktpotenzial zur Rettung menschlichen Lebens war gigantisch. Zehn Jahre nach ihrer Einführung hatte das Handelsvolumen der GSE bereits 150 Milliarden Dollar überschritten. 2044 war diese Zahl auf 315 Milliarden gestiegen, 2048 auf 750 Milliarden. Damit war der Jahresumsatz der GSE höher als der des NASDAQ. Genbroker wurden zu Millionären, während Samp-Optionen gegen hohe Cholesterinwerte durch die Decke gingen.
    Vor dreißig Jahren hatten Investoren Aktien von General Motors und Coca Cola gekauft; nun waren es Bluthochdruck und

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