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GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

Titel: GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Westerfeld
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bis in die Morgenstunden gedauert hatten.
    Er wandte sich an Volger, der neben ihm saß. »Das wird die ganze Nacht dauern, oder?«
    Ihm gegenüber räusperte sich Bauer. »Eigentlich, Hoheit, findet der Sonnenaufgang in Berlin um sieben statt. Dann ist es hier Mitternacht.«
    »Haben Sie geglaubt, man könnte diesen Krieg mit dem Umlegen eines einzigen Schalters beenden?«, fragte Volger.
    Alek antwortete nicht, sondern lehnte sich zurück, als der erste Gang serviert wurde, eine klare Schildkrötensuppe. Hoffman und Bauer betrachteten ihre Teller misstrauisch. Bei Teslas Festen in Manhattan hatte man sie nicht eingeladen, doch hier draußen in der Wildnis von Long Island waren nicht so viele Reporter und Investoren anwesend, und daher hatte man sie zu Tafelgästen befördert. Teslas wichtigste Ingenieure waren ebenfalls anwesend und sahen in ihren Anzügen genauso tadellos aus wie sonst in ihren weißen Kitteln.
    Wie immer am Tisch des Erfinders hatten Tierschöpfungen keinen Zutritt. Alek vermisste Bovrils Gewicht auf der Schulter und sein Unsinnsgebrabbel, besonders die Satzfetzen in Deryns schottischem Tonfall.
    »Sie erscheinen mir ein wenig ernster Stimmung zu sein, Hoheit«, sagte Volger. »Vielleicht machen wir nach dem Essen einen Spaziergang zum Meer?«
    »Dafür ist es wohl ein wenig kalt.«
    »Vermutlich. Und im Wasser lauert manch unangenehme Überraschung.«
    Alek seufzte. Er hatte in Volgers Anwesenheit zu viel über den Wasserläufer erzählt. Der Mann würde nicht aufhören zu bohren, bis er alles erfahren hatte.
    »Ich habe an Besucher gedacht«, sagte Alek leise. »Deutsche.«
    »Ich wusste gar nicht, dass man welche eingeladen hat.«
    Volger sah zum anderen Ende des Tisches, wo Tesla die Handvoll Reporter damit amüsierte, dass er das Besteck neu aufdecken ließ. Er bestand stets darauf, dass Gabel, Löffel und Messer jeweils dreifach ausgelegt wurden. Das Personal im Waldorf-Astoria hatte sich an seine Exzentrizität gewöhnt, die Diener in Shoreham mussten noch lernen.
    »Wer hat Ihnen von diesen Wasserläufern erzählt?«, fragte Volger leise.
    »Deryn. Ich darf jedoch nicht verraten, von wem sie es erfahren hat. Auf jeden Fall gibt es für uns nur wenig zu tun außer abzuwarten.«
    »Habe ich Ihnen denn gar nichts beibringen können?«, sagte Volger. »Es gibt immer eine Möglichkeit, sich vorzubereiten.«
    »Die Leviathan ist in der Nähe stationiert und hält sich bereit, uns zu beschützen. Und Vorbereitungen werden allgemein überschätzt. Die Tatsache, dass wir uns hier in Amerika befinden und nicht in den Alpen, sollte dies hinlänglich beweisen.«
    »Die Tatsache, dass Sie überhaupt noch leben, ist allerdings ein starker Beweis für das Gegenteil«, erwiderte Volger. Dann beugte er sich zur anderen Seite und murmelte Bauer, Hoffman und Klopp etwas zu.
    Alek entspannte sich ein wenig und genoss sein Essen, da er sich doch erleichtert fühlte, nachdem er sein Geheimnis mit Volger geteilt hatte. Der Mann mochte im Herzen ein Ränkeschmied sein, ein Verschwörer mit zusammengepressten Lippen, dem man niemals vertrauen durfte, aber einen Eid würde er gewiss nicht brechen – nämlich den, den er Aleks Vater geleistet hatte. Was auch immer für schreckliche Dinge Volger getan hatte, von den entsetzlichen Fechtstunden bis hin zur Erpressung von Deryn, es hatte alles dazu gedient, Alek zu beschützen und ihn eines Tages auf den Thron zu bringen.
    Als der Wildgraf sich wieder Alek zuwandte, während sich die anderen Männer leise besprachen, sagte er: »Wir werden bereit sein, Hoheit.«
    »Ich hätte wissen sollen, dass Sie noch ein Ass im Ärmel haben.«
    »Da blieb mir keine andere Wahl«, sagte Volger. »Wie weit wir auch vor diesem Krieg davonlaufen, er holt uns immer wieder ein.«

37. KAPITEL
    Deryn stand aufrecht an der Wand ihrer Kabine und holte tief und ruhig Luft. Schließlich bog sie die Knie, glitt an der Wand nach unten, bis sie auf den Hacken saß. Ihre Muskeln zitterten, und die Verletzung brannte. Doch jetzt kam der schwere Teil – sich wieder hochzudrücken.
    Es ging langsam und es tat weh, aber Deryn schaffte es, ohne zu schreien und ohne umzukippen. Sie stand keuchend da und schloss die Augen vor Schmerzen.
    »Trainieren Sie, Mr. Sharp?«
    Sie schlug die Augen auf und sah Dr. Barlow in der Tür und neben ihr Tazza. Der Loris von Miss Eierkopf saß auf seinem üblichen Platz und schaute sich herrisch in der winzigen Kabine des Kadetten um.
    Aber Deryn wollte im Augenblick

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