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GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

Titel: GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Westerfeld
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in der Luft zu schweben und brannte sich Deryn wie Sonnenstrahlen in die Augen. Sie sah, wie Tesla nach oben zu dem Kabel griff und dann die einfache Glasröhre nahm, die sofort zum Leben erwachte.
    »Gibt es schon eine Nachricht von der Admiralität?«, fragte er und dämpfte den Beifall.
    Der Offizier von der Royal Navy erhob sich vom Telegrafen und hielt in der zitternden Hand ein Stück Papier. »Lord Churchill und die Seelords übermitteln ihre Grüße und melden, dass Ihr Experiment ein Erfolg war. Über London hat es feine, seltsame Farbverschiebungen am Morgenhimmel gegeben.«
    Daraufhin wurde es im Publikum mucksmäuschenstill.
    »Ich soll Ihnen Glückwünsche ausrichten.« Der Offizier räusperte sich. »Entschuldigen Sie, Ladys und Gentlemen, aber der Rest der Nachricht ist für den Kapitän der Leviathan bestimmt.«
    Dr. Barlow lehnte sich in ihrem Sitz zurück. »Nun, das dürfte kein großes Geheimnis sein, Mr. Sharp, oder? Mir scheint, wir fliegen nach New York.«
    »New York«, sagte Bovril nachdenklich und strich sich die aufgestellten Haare glatt.

19. KAPITEL
    Der Pazifische Ozean nahm fast die halbe Welt ein, wie Mr. Rigby zu sagen pflegte. Tatsächlich sah er riesengroß aus, als er sich unter dem Schiff wie ein gekräuseltes Silberblech ausdehnte. Die japanischen Inseln lagen erst einen Tag hinter ihnen, doch schon jetzt wirkte die Vorstellung von Land fern und unwirklich.
    Die Leviathan flog mit voller Kraft voraus und erreichte eine Geschwindigkeit von sechzig Meilen in der Stunde. Der Wind blies mit Sturmstärke über das Rückgrat und brauste wie ein Sturzbach über die Schiffsoberfläche.
    »Ist das immer so?«, rief Alek durch den Wind.
    »Aye«, antwortete Deryn. »Brillant, nicht?«
    Alek warf ihr nur einen bösen Blick zu. Mit den Händen, die in Handschuhen steckten, umklammerte er die Webeleinen unnachgiebig, und Hoffman hatte hinter der Schutzbrille die Augen weit aufgerissen. Die beiden Mechanisten hatten zwar volle Kraft voraus schon in den Triebwerksgondeln erlebt, aber noch nie hier auf dem offenen Rückgrat.
    »Das ist richtiges Fliegen!« Deryn beugte sich vor. »Aber wenn du Angst hast, Euer Prinzlichkeit, kannst du wieder nach unten klettern.«
    Alek schüttelte den Kopf. »Hoffman braucht einen Übersetzer.«
    »Mein Deutsch ist gut genug«, meinte Deryn. »In Istanbul habe ich mir einen ganzen Monat euer Mechanistengebrabbel angehört.«
    »Weißt du, was ein Kondensator ist?«, fragte Alex auf Deutsch.
    »Leicht. Du hast mich gefragt, ob ich weiß, was ein Kondensator ist!«, sagte Deryn und wiederholte Kondensator auf Deutsch.
    »Und, weißt du es?«
    Deryn runzelte die Stirn. »Na klar, das ist bestimmt eine Art … Kondensor. Eindeutig.«
    »Nein«, meinte Alek. » Kondensator ist ein Bauelement zum Speichern elektrischer Ladungen. Du hast gerade das Schiff in die Luft gesprengt, Dummkopf.«
    Sie verdrehte die Augen. Es erschien ihr ein wenig unfair, deutsche Worte für Apparaturen kennen zu sollen, die sie noch nie gesehen hatte. Andererseits musste sie ihm recht geben. Hoffman war der Ingenieur, der Teslas Anweisungen am besten umsetzen konnte, und nur Alek konnte den mechanistischen Techniksprech in richtiges Englisch übersetzen.
    Dieser Ausflug auf den Rücken fand überhaupt nur auf Bitten des großen Erfinders statt. Er wollte eine Funkantenne installieren, die sich über die gesamte Länge der Leviathan erstreckte, dabei sollte das Schiff jedoch die Geschwindigkeit nicht verringern. Der Kapitän hatte keine andere Wahl, als der Bitte zu entsprechen – die Admiralität hatte befohlen, mit Tesla zusammenzuarbeiten und ihn so schnell wie möglich nach Amerika zu befördern.
    Die Arbeit auf dem Rückgrat bei Höchstgeschwindigkeit war nicht unmöglich, nur ein bisschen heikel. Aber dafür hatte man einen Riesenspaß dabei.
    »Bringen Sie den Draht zum Bug, Sharp!«, rief Mr. Rigby in den Wind. »Und bevor Sie zurückkommen, überprüfen Sie genau, ob das Ende richtig fest sitzt.«
    »Ich gehe mit«, sagte Alek.
    »Nein, das werden Sie nicht, Junge!«, schrie Mr. Rigby. »Da vorn ist es für Prinzen zu gefährlich.«
    Alek verzog das Gesicht, widersprach jedoch nicht. Hier oben auf dem Rückgrat war der Bootsmann König.
    Deryn winkte Hoffman mit sich, und dann brachen sie zum großen Kopf des großen Flugtiers auf. Den Sicherheitsgurt immer wieder an den Webeleinen ein- und auszuklinken hielt sie auf, und die Drahtspule war brüllend schwer. Doch am schwierigsten

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