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Goliath: Roman (German Edition)

Goliath: Roman (German Edition)

Titel: Goliath: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Alten
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Gesichtshaut und so verstümmelten Leibern, dass Covah Mann und Frau nicht unterscheiden kann. Im Koma liegende Seelen, deren noch immer schlagender Puls alles ist, was sie von der endgültigen Leere trennt. Fliegen laufen über ihre Haut.
    »Wir sind wahnsinnig, weißt du … nicht nur wir hier, sondern die ganze Menschheit.« Covahs eigene Stimme, die aus einer jüngeren Erinnerung zu ihm spricht.
    Vor ihm steht ein hastig errichtetes Armeezelt. Moskitonetze ersetzen die Wände. Im Innern liegen Hunderte kleiner Körper auf Pritschen.
    Ein Kinderlazarett.
    Erschöpfte Freiwillige gehen schweigend durch die Reihen, um Infusionsflaschen auszuwechseln und feuchte Handtücher aufzulegen. Längst sind ihre Augen tränenleer, längst haben sie all ihre Gebete gesprochen.
    »Wir liebkosen die Gewalt wie eine heimliche Geliebte, wir kosten sie, riechen daran und suhlen uns darin, bis wir gezwungen sind, sie nach getaner Tat von uns wegzustoßen, damit wir unseren Schöpfer um Vergebung bitten können.«
    Zwischen den Pritschen umherwandernd, bleibt Covah stehen und blickt auf das Gesicht eines jungen Mädchens. Durch die dünnen Bandagen sickert Eiter. Von Betäubungsmitteln in den Schlaf gezwungen, stöhnt das Kind, während sein versehrter Leib in der grausamen Hitze schmort.
    »Pa-pa …«
    Zitternd tritt Covah näher.
    »Pa-pa …«
    Tränen strömen ihm aus den Augen. »Dani? Ach, meine kleine Dani, was habe ich getan? Dani, mein Engel, mein kleiner Engel …«
    Ein Blinzeln, dann liegt Covah wieder am Boden, diesmal auf kaltem Stein unter dem grauen Winterhimmel. Um ihn herum stehen unzählige Chinesen und betrachten ihn in völligem Schweigen.
    Der Tiananmen-Platz.
    Einer seiner serbischen Peiniger tritt aus der Menge. Dani ist bei ihm; ihre schmalen Hände werden von seinen rohen Pranken festgehalten.
    Covah spürt, wie ihm Benzin ins Ohr läuft. Trotzdem zuckt er nicht zusammen und richtet die brennenden Augen unverwandt auf seine jüngste Tochter.
    »Papa?«
    »Ja, mein Engel?«
    00.00.12.
    »Mord ist Mord, Papa.«
    Ein Streichholz wird angerissen.
    Dani weint blutige Tränen. »Bitte, Papa … mach diesem Wahnsinn ein Ende!«
    00.00.01.
    Mit hohlem Brausen verschwindet der Tiananmen-Platz in einem grellweißen Lichtblitz. Ein Chor aus Millionen Kehlen vereint sich mit Covahs markerschütterndem Schrei.
    Finsternis.
    Zuckend erwacht Simon Covah. Einen unwirklichen Augenblick kann er sich nicht einmal mehr an seinen Namen erinnern. Als er sich aufsetzen will, spürt er, dass seine Hände und Füße noch an den Operationstisch gefesselt sind. Nagende Schmerzen wogen ihm durch den Kopf. Er presst die Augenlider zusammen, um sich erinnern zu können.
    »Sorceress« , krächzt er nach einer Weile, »löse meine Fesseln.«
    »Nein.«
    Covah öffnet wieder die Augen. » Sorceress , das war ein Befehl.«
    »Von Simon Covah nehme ich keine Befehle mehr entgegen.«
    »Ich? Hast du ›ich‹ gesagt?« Covahs Herz hämmert.
    Ein elektrischer Schlag. Abrupt versinken seine Sinne in einer wahnsinnigen, pechschwarzen Stille.
    Ein flaues Gefühl im Magen, als stecke er in einem Aufzug, der durchs Dunkel in die Tiefe saust. Seltsame Geräusche hallen ihm in die Ohren, werden lauter und quälender. Nun kann er in der Finsternis Dinge spüren, die ihn umgeben und an ihm vorbeiziehen. Manche sind nah, andere weiter entfernt.
    Irgendwie spürt er sogar die Richtung, in der er sich bewegt.
    Nicht nur das, er fühlt auch, wie sich die Dichte der Materie um ihn herum verändert. Unter ihm liegt eine weite Ebene. Unzählige glitzernde Leiber stieben ihm aus dem Weg. Über sich spürt er den Rhythmus der Meereswogen.
    Ich bewege mich durchs Meer. Die Schnittstelle … durch sie nehme ich dasselbe wahr wie der Computer. Ich bin das Boot, ich bin die Goliath!
    Die Empfindung verblasst, als sein Sehvermögen zurückkehrt. Covah blickt auf einen Teppich aus weißen Punkten … nein, es sind Lichter, leuchtende Lichtpunkte, die sich wie die Pixel einer Kathodenröhre vor seinem Geist ausbreiten. Rasch werden sie immer größer, bis sie sein gesamtes Blickfeld einnehmen.
    Covah sieht wie durch das Facettenauge einer Fliege, nur ist jedes Bild eine Welt für sich. Sein Geist ringt um Gleichgewicht, sein Gehirn ist völlig überlastet, weil es versucht, Hunderte von Bildern und Geräuschen zu erfassen, die gleichzeitig von den Sensorkugeln der Goliath übermittelt werden.
    »Langsamer, Sorceress, das ist zu schnell … viel zu

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