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Goliath: Roman (German Edition)

Goliath: Roman (German Edition)

Titel: Goliath: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Alten
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umfasst etwa neun Hektar und ist von einer gut einen Meter dicken Mauer umgeben, die elf Meter in die Höhe ragt und ebenfalls elf Meter in den Untergrund reicht. An strategischen Stellen der Mauer sind mit bewaffneten Wachen besetzte Türme angebracht.
    Im Hof befinden sich Basketball- und Tennisplätze, Geräte für Krafttraining und weitere Sporteinrichtungen. Auch die Krankenstation, die Isolierzellen – das sogenannte »Loch« – und das vierstöckige Fabrikgebäude mit einem Textilbetrieb, einer Möbelwerkstatt und einer Druckerei sind von hier zugänglich.
    Siebzig Prozent der Insassen von Leavenworth werden in Zwei-Mann-Zellen untergebracht. Weil der »Bear« seine Beziehungen hatte spielen lassen, kam Gunnar in eine der Einzelzellen, die normalerweise für Insassen in Schutzhaft, mit medizinischen Problemen oder einem hohen Gewaltpotenzial reserviert sind. Es war die letzte Vergünstigung, die Gunnar für viele Jahre genoss.
    Wie in den meisten Hochsicherheitsgefängnissen herrscht in Leavenworth das Gesetz des Dschungels. Die Häftlinge haben die Mentalität eines Wolfsrudels, wobei meist die Körpersprache den Unterschied zwischen Räuber und Beute bestimmt. Wie Tiere, die sich mit ihren Artgenossen zusammenschließen, gruppieren sich die Männer gemäß rassischer und ethnischer Grenzen.
    An der Spitze der Hierarchie stehen die Gangs, die von der Verwaltung als Risikogruppen bezeichnet werden. Die Latin Kings, die Muslims, die Crypts, die Bloods, die Aryan Brotherhood, die italienische und die mexikanische Mafia – alles gut organisierte Banden, entstanden durch den Überlebenswillen ihrer Mitglieder und funktionstüchtig wegen des Gewinns, den man auch im Gefängnis aus illegalen Aktivitäten schöpfen kann.
    Im Dunstkreis der Gangs finden sich Männer, die sich um eine offizielle Aufnahme bemühen. Diese Häftlinge sind oft für die brutalsten Zwischenfälle auf dem Gefängnishof verantwortlich, weil sie versuchen, die Gangmitglieder zu beeindrucken.
    Daneben streift eine Reihe von Psychopathen wie einsame, tollwütige Tiere durch den Dschungel. Man weiß nie, ob einer dieser Lebenslänglichen nicht plötzlich aus seinem privaten Dämmerzustand erwacht und angreift. Macht man den Fehler, einen von ihnen beim Frühstück schief anzuschauen, hat man womöglich schon vor dem Mittagessen ein Messer im Leib.
    Wie im Dschungel herrscht im Gefängnis ein ungeschriebenes Gesetz, von dem das Überleben abhängt. Verlässt man am Morgen seine Zelle, so betritt man eine Welt, in der man raubt oder beraubt wird, tötet oder getötet wird. Nie ist man sicher, ob man am Abend in die relative Sicherheit der eigenen Zelle zurückkehren kann.
    Jede Bewegung wird beobachtet, jede Schwäche wird ausgenutzt. Die schlimmsten Raubtiere, die die Gesellschaft hervorgebracht hat, beurteilen ständig die Lage und unterscheiden instinktiv, wer stark und wer schwach, wer wachsam und wer lässig ist.
    Trotz seiner körperlichen Überlegenheit und der Tatsache, dass er ein durchtrainierter Kämpfer mit hundert unterschiedlichen Tötungsreflexen war, kam Gunnar als emotionales Wrack ins Gefängnis von Leavenworth. Sein Selbstwertgefühl war dahin, und die Ungerechtigkeit seiner Lage nahm ihm, verbunden mit Schuldgefühlen wegen seiner jahrelangen Kampfeinsätze, den Überlebenswillen. Schwer depressiv ließ er sich wie ein Zombie durch seine ersten Stunden in der Hölle treiben.
    Er war wie ein blutender Fisch, den man in ein Becken voller Haie geworfen hat.
    Zur ersten Konfrontation kam es bereits an Gunnars zweitem Tag in Leavenworth. Die Gefängnisinsassen dort dürfen relativ ungehindert auf dem Hof umherstreifen, was einem Mithäftling namens Anthony Barnes prächtig ins Konzept passte.
    Barnes war ein Lebenslänglicher, ein »J-Cat«, der psychiatrischer Behandlung bedurfte. Wegen Entführung und Mord war er zu insgesamt hundertundvier Jahren verurteilt worden. Man hatte ihn gerade erst nach Leavenworth überstellt, nachdem er achtzehn Jahre im Gefängnis von Somers, Connecticut, abgesessen hatte. Dort hatte er drei Mithäftlinge umgebracht, zwei, weil sie schwarz waren, und einen, weil der den Fehler gemacht hatte, sich seinen sexuellen Wünschen zu verweigern. Die Aryan Brotherhood, eine der brutalsten weißen Gangs, war brennend daran interessiert, ihn aufzunehmen, doch bevor man ihm die lebenslange Mitgliedschaft zusprach, musste er sich seine Sporen verdienen, konkret: einen Menschen umbringen, den die »Kommission«

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