Goliath: Roman (German Edition)
Wer immer sie einmal in seinen Armen halten wollte, musste dem Vergleich mit Papa Bear standhalten, und das schaffte keiner der vermeintlichen Supermänner an ihrer Highschool. Als ihr Partner beim Abschlussball, ein Mitglied des Football-Teams ihrer Schule, sich auf der Tanzfläche etwas zu weit vorwagte, trat sie gelassen einen Schritt zurück und zielte auf das Gesicht des Athleten. Ihr kraftvoller, gut eingeübter Taekwondo-Schlag brach ihm das Nasenbein.
Während Rockys sportliche Fähigkeiten und ihr Führungsanspruch die Persönlichkeit ihres Vaters widerspiegelten, schlug sie in schulischer Hinsicht ganz nach ihrer Mutter. Nachdem sie die Marineakademie mit Auszeichnung abgeschlossen hatte, schrieb sie sich wie diese für ein Ingenieursstudium am M.I.T. ein. Später bahnte ihr Diplom ihr dann den Weg zu einer hochrangigen Position am NUWC (Naval Undersea Warfare Engineering Center), dem Zentrum für Unterwasserkriegführung in Keyport, einem Stützpunkt im nordwestlichsten US -Staat Washington.
Obgleich sie vom militärischen Leben geprägt war, zeigte Rocky kein Interesse, eine kämpfende Einheit zu befehligen. Wie der Golfkrieg erwiesen hatte, waren technologische Faktoren der Schlüssel zu Amerikas Rolle als dominanter Weltmacht, und Rocky wollte an der richtigen Stelle dazu beitragen, dass es in den kommenden Jahrzehnten dabei blieb. Ihr ehrgeiziges Ziel war klar und einfach: Sie wollte sich mit allen fortschrittlichen Technologien vertraut machen, so viel wie möglich von den besten Wissenschaftlern ihres Landes lernen und einen guten Kontakt mit den einflussreichen Freunden ihres Vaters im Pentagon pflegen, bis sich die Gelegenheit ergab, die Entwicklung eines der neuen Hightech-Waffensysteme der Navy zu leiten.
Diese Gelegenheit fand sich, nachdem Rocky mehrere lange Jahre an der Entwicklung des neuen Angriffs-U-Boots der Virginia-Klasse beteiligt gewesen war. Nach dem Wahlsieg von George W. Bush war der Raketenabwehrschild ( SDI ) kurzfristig an die erste Stelle des militärischen Wunschzettels gerückt, bis der Parteiaustritt des republikanischen Senators Jim Jeffords den Demokraten wieder die Mehrheit im Senat verschafft hatte. Damit war das ebenso ambitionierte wie teure Rüstungsprojekt vorläufig auf Eis gelegt, und das Weiße Haus musste sich nach einer neuen, leichter machbaren und finanziell bescheideneren Initiative umsehen, um die nationale Sicherheit der USA weiter auf hohem Niveau zu gewährleisten.
Hier kam das Goliath-Projekt ins Spiel, ein streng geheimes Vorhaben, dessen Kosten auf mehr als zehn Milliarden Dollar veranschlagt waren. Im Gegensatz zu SDI handelte es sich um eine Offensivwaffe, die vom NUWC entwickelt werden sollte, um die Strategie der amerikanischen Streitkräfte auf lange Sicht entscheidend zu verändern. Rocky hatte die besten Chancen, die Leitung zu übernehmen.
Drei Monate später war die Sache offiziell: Rochelle Jackson war zur mächtigsten Frau in der Männerwelt des Militärs geworden.
Ein knappes Jahr verging, dann stellte ihr Vater, inzwischen General beim United States Special Operations Command ( USSOCOM ), ihr seinen besten Mitarbeiter vor, Captain Gunnar Wolfe, den Kommandanten einer Einheit der Elitetruppe US Army Rangers. In dem dunkelhaarigen, grauäugigen Offizier fand Rocky Jackson endlich ihren Meister. Wolfe, der ein Ingenieursdiplom von der Pennsylvania State University in der Tasche hatte, war von der kämpfenden Truppe beurlaubt worden, um seinen Entwurf eines ferngesteuerten Mini-U-Boots fertigzustellen. Da Rockys Vater der Meinung war, das Fahrzeug passe zum Projekt seiner Tochter, hatte er Wolfes Verlegung ans NUWC veranlasst.
In den ersten zwei Monaten hatten die beiden sich wie Hund und Katze benommen. Während Rocky ständig wie versessen versuchte, den neuen Mitarbeiter an die Leine zu nehmen, weigerte Gunnar sich standhaft, sich dem Willen seiner gut aussehenden Chefin zu unterwerfen. Der Termindruck zwang die beiden zur Zusammenarbeit, und während der langen Arbeitstage nahm die Spannung allmählich ab, sodass die gegenseitige Anziehung Raum gewinnen konnte. Bald entwickelte sich das Labor zur Stätte nächtlicher Picknicks, und mit jeder Begegnung wurde die Beziehung sinnlicher. Die anfängliche Konkurrenz wich der Leidenschaft, wobei sich das Liebesspiel meist wie ein Wettstreit ausnahm und eher Lust als Liebe ausdrückte.
Im Lauf der Zeit blühten dann tiefere Gefühle auf.
Gunnar Wolfe hatte die wilde Tochter des »Bears«
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