Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
Bügeleisen? Ist immer noch an«, begann ich.
Boney nickte, öffnete die Tür zu unserem geräumigen Wandschrank, ging hinein, knipste das Licht an, ließ ihre behandschuhte Hand über Hemden und Kleider gleiten und ging ganz nach hinten. Plötzlich stieß sie einen erstaunten Laut aus, bückte sich, drehte sich um – und hielt eine perfekt würfelförmige, kunstvoll in Silberpapier eingewickelte Schachtel in der Hand.
Mein Magen krampfte sich zusammen.
»Hat jemand Geburtstag?«, fragte Boney.
»Hochzeitstag.«
Boney und Gilpin zuckten wie zwei Spinnen, taten aber, als wäre nichts passiert.
Als wir ins Wohnzimmer zurückkehrten, waren die beiden jugendlichen Polizisten verschwunden. Gilpin ging auf die Knie und beäugte die umgefallene Ottomane.
»Eh, ich bin ein bisschen durch den Wind«, begann ich.
»Verständlich, Nick, absolut verständlich«, erwiderte Gilpin ernst. Er hatte blassblaue Augen, die unruhig flatterten, ein entnervender Tick.
»Können wir irgendwas machen? Um meine Frau zu finden. Ich meine, sie ist ja offensichtlich nicht hier.«
Boney deutete auf das Hochzeitsbild an der Wand: Ich im Smoking, die Zähne zu einem starren Grinsen gebleckt, die Arme förmlich um Amys Taille geschlungen; Amy, die blonden Haare zu kleinen Löckchen aufgedreht und festgesprayt, der Schleier vom Seewind auf Cape Cod verweht, die Augen aufgerissen, weil sie immer in letzter Minute blinzelte und sich furchtbar anstrengte, genau das nicht zu tun. Es war der Tag nach Independence Day, der Schwefelgeruch hing noch in der salzigen Meerluft – Sommer.
Cape Cod hatte es gut mit uns gemeint. Ich erinnere mich, wie ich nach ein paar Monaten unserer Bekanntschaft entdeckte, dass meine Freundin Amy ziemlich wohlhabend war, das einzige Kind kreativ-genialer Eltern. Eine Art Kultobjekt, dank einer nach ihr benannten Buchreihe, an die ich mich aus Kindertagen dunkel zu erinnern glaubte. Amazing Amy . Amy erklärte mir das eines Tages in ruhigem, bedächtigem Ton, als redete sie mit einem gerade aus dem Koma erwachten Patienten. Als hätte sie diesen Vortrag schon zu oft halten müssen, und als wäre es oft genug schiefgegangen – das Geständnis, reich zu sein, das mit zu viel Enthusiasmus aufgenommen wird, die Offenbarung einer verborgenen, von anderen erschaffenen Identität.
Amy erzählte mir also, wer und was sie war, dann fuhren wir zu dem unter Denkmalschutz stehenden Haus ihrer Eltern am Nantucket Sound, gingen zusammen segeln, und ich dachte: Ich bin ein Junge aus Missouri und fliege mit Leuten, die sehr viel mehr gesehen haben als ich, über den Ozean. Selbst wenn ich jetzt anfange, mir Dinge anzuschauen, kann ich sie trotzdem niemals einholen . Ich wurde nicht neidisch. Es war nie mein Ehrgeiz gewesen, reich und berühmt zu werden. Meine Eltern waren keine Träumer gewesen, die sich ausmalten, ihr Sohn sollte Präsident werden. Ich war pragmatisch erzogen worden, von Eltern, die sich ihren Sohn als zukünftigen Angestellten vorstellten, der sich in einem Büro seinen Lebensunterhalt verdienen würde. Für mich war es aufregend genug, mich in der Nähe der Elliotts aufzuhalten, über den Atlantik zu schippern, zu ihrem elegant restaurierten Haus zurückzukehren, das 1822 vom Kapitän eines Walfangschiffs erbaut worden war, und dort Mahlzeiten aus biologischen, gesunden Lebensmitteln zuzubereiten und zu essen, deren Namen ich noch nicht mal aussprechen konnte. Quinoa. Ich erinnere mich noch, dass ich dachte, das wäre eine Art Fisch.
So heirateten wir an einem tiefblauen Sommertag am Strand, aßen und tranken unter einem weißen Zelt, das sich bauschte wie ein Segel, und nach ein paar Stunden schlich ich mich mit Amy fort in die Dunkelheit, zum Meer, zu den Wellen, denn ich fühlte mich so unwirklich, als wäre von mir nur noch ein schimmernder Schatten übrig. Der kühle Nebel auf meiner Haut holte mich zurück, Amy holte mich zurück zum goldenen Glanz des Zelts, dorthin, wo die Götter schlemmten. Alles war Ambrosia. In diesem Stil war auch schon die Zeit vor unserer Hochzeit vergangen.
Boney beugte sich vor, um Amy näher zu betrachten. »Ihre Frau ist sehr hübsch.«
»Ja, sie ist wunderschön«, sagte ich, und mir war flau im Magen.
»Ihr wievielter Hochzeitstag ist denn heute?«, fragte sie.
»Der fünfte.«
Ich trat von einem Fuß auf den anderen, ungeduldig, endlich etwas zu tun. Ich wollte nicht, dass sie darüber diskutierten, wie hübsch meine Frau war, ich wollte, dass sie sich auf die
Weitere Kostenlose Bücher