Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
sogar die Geschichte erzählt, wie du die Maus im Strandhaus gerettet und vor der Leimrute bewahrt hast.« Er schaute zu Marybeth, als würde sie die Geschichte nicht kennen. Marybeth tat ihm den Gefallen und schenkte ihm ihre volle Aufmerksamkeit. »Du hast eine Stunde damit verbracht, dieses verdammte Ding in die Enge zu treiben und den kleinen Rattenbastard dann buchstäblich aus der Stadt getragen. Klingt das nach einem Mann, der seiner Frau etwas antut?«
In mir breitete sich ein heftiges Schuldgefühl aus, ein gigantischer Selbsthass. Eine Sekunde dachte ich, ich würde endlich anfangen zu weinen.
»Wir lieben dich, Nick«, sagte Rand und drückte mich noch mal.
»Ja, wir lieben dich, Nick«, echote Marybeth. »Du bist unser Sohn. Es tut uns so leid, dass du zu allem Überfluss auch mit dieser … dieser Wolke des Verdachts zurechtkommen musst, wo es doch schon schlimm genug für dich sein muss, dass Amy verschwunden ist.«
Der Ausdruck Wolke des Verdachts gefiel mir überhaupt nicht. Routineermittlung oder reine Formsache war mir wesentlich lieber.
»Sie haben sich über deine Restaurant-Reservierung für den Abend gewundert«, sagte Marybeth mit einem übermäßig beiläufigen Blick.
»Meine Reservierung?«
»Sie haben erzählt, du hättest ihnen gesagt, dass du im Houston’s einen Tisch reserviert hast, aber als sie es überprüft haben, gab es keine Reservierung. Das schien sie echt zu interessieren.«
Ich hatte keine Reservierung und kein Geschenk. Denn wenn ich geplant hätte, Amy an diesem Tag umzubringen, hätte ich keine Reservierung für den Abend gebraucht und hätte ihr auch kein Geschenk überreichen müssen. Das Qualitätsmerkmal eines extrem pragmatischen Mörders.
Ich bin tatsächlich sehr pragmatisch – das konnten meine Freunde der Polizei bestimmt bestätigen.
»Äh, nein. Nein, ich habe keinen Tisch reserviert. Das müssen die Cops wohl missverstanden haben. Ich sag ihnen Bescheid.«
Ich ließ mich gegenüber von Marybeth auf die Couch sinken, denn ich wollte auf keinen Fall, dass Rand mich noch einmal anfasste.
»Oh, okay. Gut«, sagte Marybeth. »Hat Amy, äh, hat sie dieses Jahr wieder eine Schatzsuche für dich organisiert?« Ihre Augen wurden wieder rot. »Bevor …«
»Ja, die Polizei hat mich heute den ersten Hinweis auspacken lassen. Gilpin und ich haben den zweiten in meinem Büro am College gefunden, und ich versuche immer noch, ihn zu entschlüsseln.«
»Dürfen wir ihn mal anschauen?«, fragte meine Schwiegermutter.
»Ich hab ihn nicht bei mir«, log ich.
»Wirst du … wirst du versuchen, den Code zu knacken, Nick?«, fragte Marybeth.
»Ja, das mache ich, Marybeth. Und ich werde es bestimmt schaffen.«
»Ich hasse die Vorstellung, dass da draußen Dinge herumliegen, die sie berührt hat …«
Mein Handy klingelte, das Wegwerfteil. Nach einem kurzen Blick auf das Display schaltete ich es aus. Ich musste das Ding loswerden, aber das war momentan nicht möglich.
»Du solltest lieber alle Gespräche entgegennehmen, Nick«, meinte Marybeth.
»Ich hab die Nummer erkannt – es war der Ehemaligen-Fonds vom College, die wollen bloß Geld von mir.«
Rand setzte sich neben mich auf die Couch, und die uralten, schwer misshandelten Kissen sanken unter unserem vereinten Gewicht bedrohlich zusammen, und so endeten wir dicht zusammengedrängt. Unsere Arme berührten sich, was für Rand offensichtlich voll in Ordnung war. Er gehörte zu der Sorte Menschen, die mit dem Ruf Ich liebe Umarmungen auf einen zulaufen und dabei völlig vergessen zu fragen, ob das Gefühl auf Gegenseitigkeit beruht.
Marybeth ging wieder zum Geschäftlichen über: »Wir halten es für möglich, dass ein Amy -Besessener sie entführt hat.« Sie wandte sich an mich, als wollte sie ein Plädoyer halten. »Solche gab es immer mal wieder im Lauf der Jahre.«
Amy hatte sich immer gern an Geschichten von Männern erinnert, die von ihr besessen waren. Bei einem Glas Wein beschrieb sie mir in unterschiedlichen Perioden unserer Ehe die Stalker, stets mit gedämpfter, geheimnisvoller Stimme – Männer, die sich immer noch dort draußen herumtrieben, unablässig an sie dachten und sie begehrten. Ich hatte immer den Verdacht, dass die Geschichten übertrieben waren: Die Gefahr, die von den Männern ausging, wurde immer sehr präzise beschrieben – sie waren gefährlich genug, dass ich mir Sorgen um Amy machen musste, aber nicht so gefährlich, dass wir die Polizei einschalten mussten. Kurz gesagt,
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