Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
Wir haben, na, Sie wissen schon, manchmal muss man die Dinge eben ein bisschen aufpeppen.«
Gilpin grinste. »Oh, ich verstehe, der geile Professor und die unartige Schülerin. Verstehe. Sie beide haben es echt richtig gemacht.« Ich griff nach der Unterwäsche, aber Gilpin zog bereits einen Beweisbeutel aus der Tasche und ließ den Slip hineinrutschen. »Nur zur Vorsicht«, sagte er unverständlicherweise.
»Oh, bitte nicht«, protestierte ich. »Amy würde sterben …« Ich biss mir auf die Lippen.
»Keine Sorge, Nick, das gehört alles zum Protokoll, mein Freund. Sie glauben ja gar nicht, wie genau wir aufpassen müssen. Nur für den Fall des Falles. Lächerlich. Und was sagt uns der Hinweis?«
Ich ließ ihn wieder über meine Schulter mitlesen. Sein beißend frischer Geruch lenkte mich ab.
»Und was bedeutet der hier nun?«, fragte er.
»Keine Ahnung«, log ich.
Als ich Gilpin endlich los war, fuhr ich ziellos den Highway hinunter, damit ich einen Anruf auf meinem Wegwerfhandy machen konnte. Keine Antwort. Ich hinterließ keine Nachricht. Eine Weile sauste ich weiter, als hätte ich irgendein Ziel, aber dann drehte ich um und fuhr die fünfundvierzig Minuten zurück zur Stadt, um mich im Day Inn mit den Elliotts zu treffen. In der Lobby herrschte großes Gedränge, lauter Leute von der Midwest Payroll Association – überall Rollkoffer, deren Besitzer kostenlose Getränke aus kleinen Plastiktassen tranken und Kontakte knüpften, gezwungen lachten und eifrig Visitenkarten austauschten. Ich fuhr mit vier Männern im Aufzug nach oben, alle schütter behaart, in Khakihosen und Golfhemden, Schlüsselbänder um den Hals, die auf den runden verheirateten Bäuchen hüpften.
Marybeth öffnete die Tür, sprach dabei ins Handy, deutete auf den Fernseher und flüsterte mir zu: »Wir haben eine Platte mit Aufschnitt, wenn du möchtest, Schätzchen.« Dann ging sie ins Badezimmer und schloss die Tür hinter sich, so dass man sie nur noch murmeln hörte.
Ein paar Minuten später kam sie wieder heraus, gerade rechtzeitig für die Fünf-Uhr-Lokalnachrichten aus St. Louis, die mit Amys Verschwinden anfingen. »Perfektes Foto«, murmelte Marybeth dem Bildschirm zu, von dem Amy unsere Blicke erwiderte. »So wissen die Leute wenigstens, wie Amy aussieht.«
Ich fand das Porträt – ein Bild von Amys Kopf anlässlich ihres kurzen Ausflugs in die Schauspielerei – schön, aber beunruhigend. Amys Fotos vermittelten den Eindruck, dass sie einen wirklich anschaute, wie ein altes Spukhaus-Gemälde, auf dem die Augen sich von links nach rechts bewegten.
»Wir sollten ihnen auch ein paar ungestellte Fotos zukommen lassen«, schlug ich vor. »Alltäglichere.«
Die Elliotts nickten synchron, sagten aber nichts, sondern starrten weiter zum Fernseher. Als der Bericht zu Ende war, brach Rand das Schweigen: »Mir ist schlecht.«
»Ich weiß«, antwortete Marybeth.
»Wie hältst du dich, Nick?«, fragte Rand, der vornübergebeugt auf dem Sofa saß, beide Hände auf den Knien, als wollte er aufstehen, schaffte es aber nicht ganz.
»Ehrlich gesagt, bin ich total durcheinander. Ich komme mir so nutzlos vor.«
»Weißt du, ich muss dich fragen – was ist mit deinen Angestellten, Nick?« Jetzt stand Rand endlich doch auf, ging zur Minibar, goss sich ein Ginger Ale ein und wandte sich dann wieder mir und Marybeth zu. »Irgendwer? Irgendwas?« Ich schüttelte den Kopf; Marybeth bat um ein Club Soda.
»Mit Gin, Babe?«, fragte Rand, und beim letzten Wort stieg seine tiefe Stimme in die Höhe.
»Klar. Ja. Gerne.« Marybeth schloss die Augen, beugte sich vor und legte ihr Gesicht zwischen die Knie. Dann holte sie tief Luft und richtete sich exakt in die vorherige Position auf, als wäre es eine Yogaübung.
»Ich habe ihnen eine Liste gegeben«, sagte ich. »Aber es ist ein ziemlich zahmes Geschäft, Rand. Ich glaube nicht, dass es da was zu holen gibt.«
Rand legte die Hand über den Mund und schob die Wangen nach oben. »Natürlich machen wir in unserem Business das Gleiche, Nick.«
Rand und Marybeth nannten die Amazing-Amy -Serie immer ihr Business, was mir immer kolossal albern vorkam: Es sind Kinderbücher über ein perfektes kleines Mädchen, das auf jedem Cover erscheint, eine Comic-Version meiner eigenen Amy. Aber natürlich sind (waren) die Bücher ein Geschäft, ein großes Geschäft sogar. Fast zwei Jahrzehnte gehörten sie zur Pflichtlektüre in den Grundschulen, hauptsächlich wegen der Quizfragen am Ende jedes
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