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Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)

Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)

Titel: Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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ich.
    »Es war nicht nur ihr Äußeres«, erwiderte Desi. Mit fernem Blick stützte er sich auf ein Knie. »Selbstverständlich habe ich viel darüber nachgedacht. Erste Liebe. Ich habe sogar sehr viel nachgedacht. Der Teil in mir, der gerne Nabelschau hält. Zu viel Philosophie.« Er grinste bescheiden. Grübchen tauchten auf. »Sehen Sie, wenn Amy einen mag, wenn sie sich für einen interessiert, dann ist ihre Aufmerksamkeit so herzlich und beruhigend und allumfassend. Wie ein warmes Bad.«
    Ich zog die Augenbrauen in die Höhe.
    »Bitte haben Sie Nachsicht mit mir«, fuhr er fort. »Man fühlt sich einfach wohl bei ihr. Hundertprozentig, vielleicht zum ersten Mal. Und dann sieht sie plötzlich die Fehler, die man hat, und ihr wird klar, dass sie es einfach mit einem stinknormalen Menschen zu tun hat – man ist faktisch nur ein durchschnittlicher Andy, und im wirklichen Leben würde dieser Andy niemals Amazing Amy kriegen. Deshalb erlahmt ihr Interesse, man fühlt wieder die frühere Kälte, als läge man nackt auf dem Badezimmerboden, und man möchte nur wieder zurück in die Badewanne.«
    Dieses Gefühl kannte ich – schließlich befand ich mich seit ungefähr drei Jahren auf dem Badezimmerboden –, und eine Welle des Ekels überschwemmte mich, weil ich dieses Gefühl mit diesem Mann gemeinsam hatte.
    »Ich bin sicher, dass Sie wissen, was ich meine«, sagte Desi und lächelte mich vielsagend an.
    Was für ein sonderbarer Mann, dachte ich. Wer kommt auf die Idee, die Ehefrau eines anderen mit einem warmen Bad zu vergleichen, in das er sich sinken lassen möchte? Zu allem Überfluss auch noch die verschwundene Ehefrau eines anderen?
    Hinter Desi stand ein langer, polierter Beistelltisch mit mehreren Fotos in silbernen Rahmen. Im Zentrum erkannte ich ein übergroßes Bild von Desi und Amy aus Highschool-Tagen, beide in Tennisweiß – so absurd stilvoll, so offensichtlich gut betucht, dass sie jederzeit in einen Hitchcock-Film gepasst hätten. Unwillkürlich stellte ich mir vor, wie Desi – Teenager-Desi – sich in Amys Wohnheimzimmer schlich, seine Klamotten auf den Boden fallen ließ, sich auf die kalten Laken legte und plastiküberzogene Pillen einwarf. Und dann wartete, dass man ihn fand. Es war eine Form von Strafe, von Wut, aber nicht die Art, die in meinem Haus stattgefunden hatte. Inzwischen verstand ich, warum die Polizei nicht sonderlich an Desi interessiert war. Er folgte meinem Blick.
    »Ach, na ja, deswegen können Sie mir keinen Vorwurf machen.« Er lächelte. »Ich meine, würden Sie so ein perfektes Bild einfach wegwerfen?«
    »Von einem Mädchen, das ich zwanzig Jahre nicht mehr gesehen habe?«, platzte ich heraus, bevor ich es verhindern konnte. Im gleichen Moment war mir klar, dass ich viel aggressiver klang, als klug gewesen wäre.
    »Ich kenne Amy«, fauchte Desi. Dann holte er tief Luft. »Ich kannte sie, ich kannte sie sogar sehr gut. Und es gibt wirklich keine vernünftigen Hinweise? Ich muss Sie das fragen … Amys Vater, ist er … auch da?«
    »Selbstverständlich.«
    »Ich nehme nicht an … War er definitiv in New York, als es passiert ist?«
    »Ja, er war in New York. Warum?«
    Desi zuckte die Achseln: reine Neugier, kein bestimmter Grund . Eine halbe Minute saßen wir uns schweigend gegenüber und spielten eine Runde »Wer schaut zuerst weg?«. Aber keiner von uns blinzelte auch nur.
    »Ich bin eigentlich hergekommen, um zu sehen, was Sie mir sagen können, Desi.«
    Wieder versuchte ich mir vorzustellen, wie Desi sich mit Amy aus dem Staub machte. Hatte er vielleicht irgendwo in der Nähe ein Strandhaus? So was hatten doch solche Typen immer. Wäre es glaubhaft, dass dieser kultivierte, gebildete Mann Amy in einem adretten Sportraum im Keller eingesperrt hatte, wo sie jetzt auf dem Teppich auf und ab wanderte und auf einem staubigen Sofa in grellen Sechzigerjahre-Farben schlief, zitronengelb oder korallenrot? Ich wünschte mir, Boney und Gilpin wären hier und hätten den besitzergreifenden Ton gehört, in dem Desi gesagt hatte: Ich kenne Amy.
    »Ich?«, Desi lachte. Er lachte reich. Besser ließ sich der Klang nicht beschreiben. »Ich kann Ihnen gar nichts sagen. Wie Sie gerade so treffend bemerkt haben: Ich habe Amy ewig nicht mehr gesehen.«
    »Aber Sie haben gerade gesagt, Sie würden Amy kennen.«
    »Aber nicht so, wie Sie Amy kennen.«
    »Sie haben Amy auf der Highschool belästigt.«
    »Ich habe sie belästigt? Nick, Amy war meine Freundin.«
    »Bis sie mit Ihnen

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